Hamburg. Das 18 Jahre alte Schwimmtalent ist bei der Kurzbahn-EM in dieser Woche einziger Hamburger im deutschen Aufgebot.

Aufregung? Ja, sagt Björn Kammann, die werde wohl noch kommen, wenn er zum ersten Mal auf den Startblock steigt. Grundsätzlich sei er nicht der Typ, der vor Wettkämpfen zu ausgeprägten emotionalen Ausbrüchen neige. Aber die erste internationale Reifeprüfung im Erwachsenenbereich, die für den 18-Jährigen von diesem Donnerstag an bei der Kurzbahn-EM der Schwimmer im schottischen Glasgow ansteht, die ist dann doch etwas Besonderes. „Ich habe richtig Bock darauf, bei der europäischen Spitze reinzuschnuppern“, sagt er.

Mehr als eine erste Duftmarke zu setzen dürfte für den 1,97 Meter großen Schüler, der den 13. Jahrgang der Eliteschule des Sports am Alten Teichweg besucht und als Mitglied der „Streckerklasse“ sein Abitur erst nach 14 Jahren absolviert, kaum drin sein. Schließlich schwimmt er die kontinentalen Titelkämpfe auf der 25-Meter-Bahn ohne spezielle Vorbereitung und direkt aus dem Training. „Die EM ist ein guter Jahresabschluss, hat aber nicht den höchsten Stellenwert. Wir wollen sehen, wie sich Björn in den Erwachsenenbereich integriert“, sagt Veith Sieber, Cheftrainer am Olympiastützpunkt Hamburg.

Jacob Heidtmann trainiert aktuell in den USA

Der 39-Jährige wird seinen Schützling nicht nach Schottland begleiten, da Björn Kammann im 40-köpfigen Aufgebot des Deutschen Schwimm-Verbands der einzige Hamburger ist. Jacob Heidtmann (25/STS Elmshorn) trainiert aktuell in den USA. Rafael Miroslaw (18), als größte Schwimmhoffnung der Stadt gehandelt und kürzlich zu Hamburgs Talent des Jahres gewählt, hatte die Norm bei der Kurzbahn-DM in Berlin knapp verpasst. Auch Björn Kammann war in der Hauptstadt über den geforderten EM-Richtzeiten geblieben. Die Qualifikation hatte er allerdings dadurch sicher, dass er bei der Junioren-WM in Budapest im August im deutschen Kader gestanden hatte und die dort Nominierten für Glasgow als gesetzt galten.

Budapest betrachtet der gebürtige Berliner, der als Neunjähriger bei Spandau 04 erstmals ins Becken stieg und seit 2012 für den AMTV startet, als Wendepunkt der Saison. „Dort habe ich einen riesigen Leistungssprung gemacht und bin viel schneller als geplant geschwommen“, sagt er. Die Gründe dafür sieht Trainer Sieber in einem Reifeprozess abseits des Beckens. „Björn ist in diesem Jahr menschlich gewachsen. Das hat dazu geführt, dass er sich auch sportlich enorm verbessert hat“, sagt er. Dazu komme unermüdlicher Trainingsfleiß. „Ich versuche, in jeder Einheit an meine Grenzen zu gehen“, sagt Björn Kammann, dessen rudernder Bruder Marc (22) zum Riemen-A-Kader zählt.

Kammann will Bestzeiten bestätigen

In Glasgow wird das Team-Hamburg-Mitglied voraussichtlich über 50 und 100 Meter Rücken sowie 100 Meter Schmetterling und 100 Meter Freistil an den Start gehen. Weil er als Langbahnspezialist mit Schwächen bei Start und Wende kämpft, springt Björn Kammann nicht mit der Erwartung ins Wasser, auf allen Distanzen den Endlauf anpeilen zu können. „Meine Zielstellung ist, meine Bestzeiten zu bestätigen und, wenn möglich, auch noch zu unterbieten“, sagt er. Besonders die 49,78 Sekunden auf 100 Meter Freistil hält er für verbesserungswürdig. Über 100 Meter Schmetterling hat er eine 52,48 stehen, über 100 Meter Rücken eine 52,18, über die halbe Rückendistanz sind es 23,99 Sekunden.

Zeiten, die für die Qualifikation für die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio (24. Juli bis 9. August) theoretisch nur über 100 Meter Rücken ausreichen würden. Zwischen 1. Januar und 3. Mai müssen die Normen erfüllt werden. „Olympia ist mein Ziel, aber wir haben eigentlich die Spiele 2024 in Paris angepeilt“, sagt Björn Kammann. Er müsse in den kommenden Monaten Muskelmasse aufbauen, um schneller zu werden. Sollte es doch für das Japan-Ticket reichen, wird er sich dagegen nicht wehren. Aber zunächst einmal gilt es, in Glasgow für ein wenig Aufruhr zu sorgen.