Hamburg. Anschließend soll der 56-Jährige das Leistungszentrum in Hamburg leiten und die Hockeystadt weiter nach vorne bringen.

„Meine Hausaufgaben? Das sind meine Töchter, die sind elf und neun – das ist Hausaufgabe genug.“ Da ist er wieder, der typische Markus Weise. Trocken, witzig, schnell einen Spruch rausgehauen. Ist ja auch ein Heimspiel hier, in Heimfeld. Er wohnt mit der Familie schließlich um die Ecke, und auf der Anlage der TG Heimfeld quasi nebenan leitet er einen ersten Kurzlehrgang mit der deutschen Herrennationalmannschaft „zum Kennenlernen“ vor den beiden entscheidenden Olympia-Qualifikationsspielen am 2. und 3. November in Mönchengladbach gegen Österreich, bei denen er das Team betreut.

Nach vier Jahren beim Deutschen Fußball-Bund ist der erfolgreichste deutsche Mannschaftstrainer wieder in den Schoß der Hockeyfamilie zurückgekehrt. Als Nothelfer in Sachen Nationalmannschaft – aber auch und vor allem als Aufbauer und Mastermind für den neuen Bundesstützpunkt Hockey, der auf der Anlage am Hemmingstedter Weg entstehen soll. Seit dem 1. Oktober ist der 56-Jährige beim Deutschen Hockey-Bund (DHB) für diese, ebenfalls neue, Stelle angestellt. „Wir wollen hier die Bereiche Athletik, Technik, Taktik, Ausbildung miteinander verbinden und für die gesamte Kaderpyramide nutzbar machen“, sagt Weise, „Hamburg ist mit seinem Talentpool im männlichen und weiblichen Bereich ein logischer Standort.“

Niveau im internationalen Hockey hat zugenommen

Vier dieser Bundesstützpunkte gibt es in Deutschland, auch in Berlin, Mannheim und Köln sollen den besten deutschen Hockeyspielern ideale Trainingsvoraussetzungen geschaffen werden. Das ist Teil des neuen Leistungssportkonzeptes des DOSB in Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium. „Auch Mannschaftssportler sind individuell zu fördern“, sagt Weise, „das Konzept Bundesstützpunkte Hockey ist auch eine Antwort auf den immer engeren Terminkalender.“

Früher, da habe er seine Nationalspieler an einhundert Tagen im Jahr zu Kaderlehrgängen zusammen gehabt, das geht heute nicht mehr. Andererseits hat das Niveau im internationalen Hockey weiter zugenommen, Medaillen sind keinesfalls mehr garantiert. „Ein Spieler hat heute oft Trainingspläne von seinem Verein, dem Landestrainer, dem Bundestrainer – das sollte alles besser koordiniert werden“, umreißt Weise eine seiner künftigen Aufgaben.

Ein Konzept muss her

Doch so weit sind die Beteiligten noch gar nicht. Zunächst einmal muss der Stützpunktleiter definieren, was eigentlich genau vonnöten ist, ein Konzept muss her. Dann werden Pläne gemacht, für das Gebäude, für einen großen und einen kleinen Kunstrasenplatz. Dann reden der Hamburger Hockey-Verband und der Deutsche Hockey-Bund sowie das Sportamt miteinander. Irgendwann dann müssen die Pläne entschieden und abgenickt werden. Die Stadt jedenfalls unterstützt das Vorhaben und würde sich finanziell beteiligen. „Es wäre die Chance für die Hockeystadt Hamburg, noch weiterzukommen und Bedingungen herzustellen, wie sie heute im Leistungssport üblich sind“, sagt Sportstaatsrat Christoph Holstein.

Der Hockeyplatz an der Rothenbaumchaussee, wo derzeit das Verbandstraining ausgetragen wird, ist außerdem in die Jahre gekommen, der Boden lässt internationale Spiele nicht mehr zu. Außerdem gehört er der Uni, die selbst einen großen Belegungsbedarf hat. Es muss sich also etwas tun. „Wir sehen dieses Projekt ähnlich wie die Handball-Judo-Halle“, sagt Holstein, „es ist die Gelegenheit, für den Sport etwas richtig Gutes zu schaffen, auch wenn es zunächst vielleicht etwas länger dauert.“ Die acht Millionen Euro teure Handball/Judohalle am Dulsberg wurde im Sommer eingeweiht – 15 Jahre nach den ersten Plänen.

Zahlreiche Projekte

So lange soll es am Hemmingstedter Weg natürlich nicht dauern. Auch wenn diverse Dinge noch nicht geklärt sind: Wo die Footballer hinziehen sollen, zum Beispiel, auf deren jetzigem Trainingsplatz das Zentrum auch entstehen soll. Weise muss da so einiges koordinieren in den ganzen Planungsabläufen. „So richtig klar ist mir auch nicht, wer eigentlich bei dem Bau den Hut aufhat“, sagt er. Wie solche Planungsprozesse laufen, konnte er seit November 2015 beim DFB anschauen. Zunächst arbeitete er dort als „Leiter Konzeptentwicklungen der DFB-Akademie in Frankfurt und verantwortete zahlreiche Projekte rund um die Themen Physis, Analyse, Coaching und Technologie. Zuletzt leitete er die Abteilung „Entwicklung und Innovation“. „Ich habe dort eine Menge gelernt“, sagt er.

Trotzdem beendete Weise seinen Job beim Fußball-Bund zum 31. Juli. „Ich wollte wieder öfter bei meiner Familie in Hamburg sein.“ Die „unmittelbare Nähe zum Spielfeld und seinen Emotionen“ habe er auch vermisst, teilte der Trainer mit, der 2004 die deutschen Hockeydamen und 2008 und 2012 die Herren zu Olympiasiegen führte und damit seinen Ruf als „Goldschmied“ begründete.

Die Emotionen kann er jetzt haben. Die zwei Spiele Olympiaqualifikation sind wie ein kleiner Zeitsprung zurück. Nur die Hälfte des Teams kennt er noch, die andere muss er kennenlernen. „Ich habe viel Bock auf das Projekt, vielleicht, weil es so kurz ist.“ Als Berater steht er auch darüber hinaus zur Verfügung, das Angebot, wieder voll als Hockey-Bundestrainer einzusteigen, hat er jedoch bewusst abgelehnt. „Ich habe das insgesamt 15 Jahre gemacht – und bin gefühlt 30 Jahre gealtert.“