Hamburg. Alexander Zverev muss sich Titelverteidiger Nikolos Bassilaschwili geschlagen geben. Der trifft im Finale auf den Russen Rubljew.

Ein letztes Winken ins Publikum, dann verließ Alexander Zverev, zwei Sporttaschen geschultert und den Kopf gesenkt, den Center Court am Rothenbaum. Den Ort, an dem der 22 Jahre alte Lokalmatador am Sonntag so gern das Finale der Hamburg European Open gespielt hätte. Möglich wäre es gewesen angesichts einer 5:3-Führung im dritten Satz, zwei vergebenen Matchbällen bei 5:3 und einem 5:2-Vorsprung im Tiebreak. Doch weil Nikolos Bassilaschwili bis zum letzten Punkt an seine Titelverteidigung glaubte und genauso spielte, blieb Zverev nach 3:07 Stunden höchst intensiver Spielzeit nichts übrig, als dem Georgier zu dessen 6:4, 4:6, 7:6 (7:5)-Halbfinalsieg zu gratulieren.

„Ich habe heute meine Chancen überhaupt nicht genutzt. Zwei Matchbälle in meiner Heimat zu vergeben ist kein schönes Gefühl. Das ist eine sehr bittere Niederlage“, sagte der Weltranglistenfünfte, der es verpasste, zwei Jahre nach dem Bayreuther Florian Mayer als nächster Deutscher den Versuch zu unternehmen, den letzten einheimischen Turniersieger Michael Stich 26 Jahre nach dessen Triumph abzulösen. Es war für Zverev die zweite Halbfinalpleite bei seinem Heimturnier nach 2014. Damals war er als 17-Jähriger gegen den Spanier David Ferrer beim 0:6, 1:6 chancenlos gewesen.

Protagonisten lieferten sich ein hochklassiges Duell

Der Sonnabendnachmittag war für den neutralen Sportfan einer dieser Tage, an dem man sich darüber ärgern muss, dass Tennismatches nicht unentschieden ausgehen und beide eine Runde weiterrücken dürfen. Die beiden Protagonisten lieferten sich ein hochklassiges Duell, dessen Wendungen einer Fahrt mit der Schiffschaukel glichen, so schwindelig konnte einem beim Zuschauen werden. Der 27 Jahre alte Weltranglisten-16. aus Georgien war über weite Strecken derjenige, der das Tempo bestimmte. Allerdings zeigte Bassilaschwili Aufschlagschwächen, angesichts derer man sich fragen musste, wie er es ins Halbfinale hatte schaffen können. Kamen dann jedoch die peitschenden Vor- und Rückhandgeschosse, mit denen er Zverev über den Court trieb, war klar, warum er sich den erneuten Finaleinzug verdient hat.

Im ersten Satz war es ein Doppelfehler Zverevs, der das erste Break des Matches und den 4:6-Satzverlust ermöglichte. Im zweiten Durchgang lag der Hamburger 1:3 zurück, kämpfte sich aber mit Breaks zum 2:3 und 5:4 zurück und beendete den Satz mit einem Ass zum 6:4. Im dritten Durchgang bog der amtierende ATP-Weltmeister einen 0:3-Rückstand zu einem 5:3 um, kassierte dann jedoch ein Break zum 5:5. Für Diskussionen sorgte im anschließenden Aufschlagspiel eine Entscheidung des Stuhlschiedsrichters, der bei Breakchance Zverev eine Vorhand des Georgiers gut gab, obwohl sie knapp im Aus gewesen war. Entscheidend jedoch war nicht dieser Fehler, sondern Zverevs Nachlässigkeit im Tiebreak, als er trotz 5:2-Führung Bassilaschwili agieren ließ. Das nutzte dieser mit mutigen Attacken, für die er letztlich belohnt wurde.

Alexander Zverev reist in seine Wahlheimat Monte Carlo zurück

„Ich habe wirklich schlecht aufgeschlagen, vor allem im dritten Satz. Deshalb war ich innerlich sehr aufgewühlt. Aber dass ich von 2:5 im Tiebreak zurückgekommen bin, darauf bin ich stolz, denn das passiert bei meiner Art, Tennis zu spielen, nicht oft“, sagte Titelverteidiger Bassilaschwili, der im Endspiel am Sonntag (12 Uhr/NDR) auf den Russen Andrej Rubljew (21/Nr. 78) trifft. Rubljew hat am Sonnabendnachmittag das Match gegen den Spanier Pablo Carreno Busta (28/Nr. 59) mit 4:6, 7:5 und 6:1 gewonnen.

Alexander Zverev will nun zunächst in seine Wahlheimat Monte Carlo zurückfliegen, ehe er am Mittwoch nach Kanada reist, wo vom 5. August an das Masters in Montreal ansteht. Wann er das nächste Mal in seine Geburtsstadt zurückkehrt, ließ er offen. Im kommenden Jahr beginnt das Turnier am 13. Juli, dem Tag nach dem Ende des Grand-Slam-Events in Wimbledon, fünf Tage nach dem Hamburg-Endspiel steht dann bereits die Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele in Tokio (24. Juli) auf dem Programm. „Da wird es sehr eng, hier zu spielen“, sagte Zverev, der auf die Frage, was ihn zu einer dauerhaften Startzusage animieren könnte, mit einem Wort antwortete: „Hartplatz.“