Hamburg. Faris Al-Sultan freut sich über unerwartete Silbermedaille, findet aber auch Kritikpunkte. Einzel-Weltelite kämpft mit Sturzfolgen.

Die Weißbierdusche zum Sektfrühstück um 11.15 Uhr gab ihnen den Rest. Mit blauen Lippen und bibbernden Körpern flüchtete das umjubelte deutsche Staffelquartett ins Warme. Bei nass-kalten Temperaturen um die 18 Grad und ungemütlichem Wind fiel die Party danach bei Athleten und Zuschauern am Hamburger Rathausmarkt ein wenig gedämpfter aus. Dabei hatten die neuen Vizeweltmeister am Sonntagmorgen allen Grund zu Feiern.

„Mehr geht nicht. Ein monstermäßiger Erfolg für unser junges Team, so knapp hinter den übermächtigen Franzosen gelandet zu sein“, kommentierte Bundestrainer Faris Al-Sultan im Ziel die unerwartete WM-Silbermedaille bei der Mixed-Teamstaffel zum Abschluss der Profirennen beim 18. Hamburg Wasser World Triathlon.

Mit einer Weißbierdusche des Sponsors feierte Deutschlands erfolgreiches Mixed­Staffelteam um die Itzehoerin Nina Eim (l.) WM-Silber.
Mit einer Weißbierdusche des Sponsors feierte Deutschlands erfolgreiches Mixed­Staffelteam um die Itzehoerin Nina Eim (l.) WM-Silber. © Imago/Tischler

„Einfach ein tolles Gefühl, hier beim Heimspiel in Hamburg auf dem Podium zu stehen“, sagte die Berlinerin Laura Lindemann (23). Deutschlands beste Dreikämpferin hatte als Starterin im Sprintwettbewerb über viermal 300 Meter Schwimmen, sieben Kilometer Radfahren und 1,7 Kilometer Laufen den Grundstein gelegt. In allen Disziplinen hatte sich die Weltranglistensiebte an die Spitze gesetzt. Valentin Wernz (24/Tuttlingen), Nina Eim (20/Itzehoe) und Justus Nieschlag (27/Saarbrücken) vollendeten mit einem couragierten Auftritt ein Wochenende unter widrigen Bedingungen.

Das mit 10.500 Aktiven und erneut 280.000 Zuschauern entlang der Strecke an Rathausmarkt, Alster und Hafen größte Triathlonspektakel der Welt hatte mit den Folgen des Schmuddelwetters und veränderten Startzeiten zu kämpfen.

Al-Sultan kritisiert die Austragung

Triathlon-Bundestrainer Faris Al-Sultan (Archiv).
Triathlon-Bundestrainer Faris Al-Sultan (Archiv). © dpa

„Das war dem Anlass und Ergebnis nicht würdig“, kritisierte Al-Sultan die Austragung der im kommenden Jahr erstmals olympischen und in Hamburg 2013 erdachten Staffelentscheidung Sonntagfrüh um 9.30 Uhr. Die Zuschauermassen der vergangenen Jahre, die sich vor allem beim Schwimmstart an den Alstertreppen in Reihen tummelten, blieben dieses Mal aus. Die Tribünen auf dem Rathausmarkt waren dagegen mit rund 1000 Zuschauern voll besetzt. Wegen der zeitversetzten TV-Übertragung in der ARD (von 12.45 Uhr an) mussten die Profis den Wettkampftag eröffnen, anschließend gingen die Jedermänner über die olympische Distanz auf die Strecke. Veranstalter und Senator kündigten eine Rückkehr zum gewohnten Zeitablauf im nächsten Jahr an.

Am Sonnabend genossen die Triathleten die Aufmerksamkeit der Shoppingjäger und Touristen in der Innenstadt noch in vollen Zügen. Familienmitglieder begleiteten ihre Liebsten am Streckenrand mit aufmunternden Zurufen, Zieleinläufe wurden zelebriert, zum Abschluss ging es zur Medaillengravur an den Gerhard-Hauptmann-Platz und zum verdienten Finisher-Bier an den Tresen. „Ich ärgere mich ein wenig, weil ich mir 1:30 Minuten als Ziel gesetzt hatte“, kommentierte Ingo Hannemann. Der Geschäftsführer von Titelsponsor Hamburg Wasser meisterte sein Debüt in 1:38 Minuten.

Zahlreiche Stürze bei Profi-Einzelrennen

Möglicherweise war der Zeitverlust der angepassten Fahrweise auf der Radrennstrecke geschuldet. Die Nieselregenschauer hatte die Straßen extrem rutschig werden lassen. Die Profirennen der WM-Serie wurden von Stürzen überschattet. „Schön sind diese Bilder nicht, aber sie lassen sich im Sport nicht gänzlich vermeiden“, sagte Geschäftsführer Oliver Schiek von Veranstalter Ironman Germany. Sportler und Offizielle bestätigten die nicht unfairen, aber herausfordernden Verhältnisse auf dem engen, tückischen Hamburger Stadtkurs.

„Wir wollen ja Rennaction sehen und keinen Bummelzug. Und da gehört Hamburg zum schwierigsten Pflaster in der WM-Serie“, sagte Bundestrainer Al-Sultan. Seine Equipe hatte in den Einzelrennen wie die versammelte Weltelite mit Sturzfolgen zu kämpfen. So verloren die WM-Führenden Katie Zaferes (USA) und Fernando Alarza (Spanien) schon vor dem Laufen den Anschluss. Der Streckenrekordler und Olympiazweite Jonathan Brownlee (Großbritannien) musste nach einem Massensturz ebenso aufgeben wie die in Kliniken gebrachten Andreas Schilling (Dänemark), Bence Bicsak (Ungarn) und Sophie Corbridge (Neuseeland).

Itzehoerin Eim "will jetzt mehr"

Staffelstarterin Laura Lindemann wurde im Einzel gute Siebte.
Staffelstarterin Laura Lindemann wurde im Einzel gute Siebte. © Imago/Jörg Schüler

„Mein Ziel war es, in einem Stück vom Rad zu steigen“, sagte Siegerin Non Stanford (30) hinterher. Sie triumphierte als allererste Britin seit 2002 beim Hamburg-Triathlon. Bei den Männern setzte sich der Australier Jacob Birtwhistle (24) im Schlussspurt vor Vincent Luis durch. Der Franzose wiederum führte sein Team als Schlussläufer souverän zum Staffelgold. Als beste Deutsche belegten im Einzel Lindemann und Niehaus jeweils Platz sieben, WM-Debütantin Eim wurde 28. – sowie Vizeweltmeisterin in der Staffel. „Ich habe immer daran geglaubt, dass ein solcher Erfolg möglich ist. Jetzt will ich mehr“, sagte die gebürtige Itzehoerin.

Die Chancen der Deutschen, sich über die Staffelqualifikation vier Olympiastartplätze in Tokio 2020 zu sichern, stehen ausgezeichnet. „Der Erfolg war ein Meilenstein“, so Al-Sultan. Für Eim & Co. geht es von morgen an ins Höhentrainingslager nach Südtirol – dort sind 16 Grad und Regen angekündigt.