Hamburg. Die erste Veranstaltung unter der Regie von Ismail Özen kam mit einigem Knalleffekt daher. Es gibt Grund zum Optimismus.

Er sprach viele Sätze in diverse Mikrofone. Doch das Fazit eines Abends, der den Beginn einer neuen Ära markieren sollte, konnte Ismail Özen in wenige Worte kleiden. „Universum ist zurück! Wir haben einen langen Weg vor uns, aber gemeinsam werden wir es schaffen, das deutsche Boxen wieder dorthin zu bringen, wo es einmal war und wo es hingehört“, sagte der 38-Jährige. Von einem Profibox-Promoter darf man derlei Pathos erwarten. Doch tatsächlich hatte der Mann, der den vom Hamburger Kaufmann Klaus-Peter Kohl zu Weltruhm geführten, 2011 an Waldemar Kluch verkauften und ein Jahr später in die Insolvenz gerutschten Universum-Stall wiederbeleben möchte, einigen Grund zum Optimismus.

Die erste Veranstaltung unter der Regie des in die Unternehmerfamilie Otto eingeheirateten Kurden kam am späten Sonnabend in dessen Gym an der Großen Elbstraße mit einigem Knalleffekt daher, und das lag in erster Linie an ihrem Hauptkämpfer. Artem Harutyunyan, 2016 in Rio de Janeiro mit Olympiabronze im Halbweltergewicht dekoriert und seit Ende 2017 eher in gemächlichem Tempo im Profilager aktiv, konnte in seinem siebten Profikampf eindrucksvoll nachweisen, dass er das Amateurboxen endgültig hinter sich gelassen hat.

Harutyunyan: "Ich habe gezeigt, wer der Chef ist"

Gegen den zähen, aber hoffnungslos unterlegenen Argentinier Hugo Alfredo Santillan demonstrierte der 28 Jahre alte Hamburger mit armenischen Wurzeln das gesamte Schlagrepertoire, das ein ambitionierter Kämpfer beherrschen sollte. Zweimal 100:88 sowie 100:89 werteten die drei Punktrichter nach zehn einseitigen Runden, die für den geduldig und bedacht agierenden Harutyunyan wie ein Spaziergang an der nahen Elbe aussahen.

„Es hat viel Spaß gemacht, ich habe von Anfang an aufgedreht und gezeigt, wer der Chef ist“, sagte Harutyunyan, den man selbst bei seinem Medaillengewinn in Rio nicht so stark und selbstbewusst hatte erleben können. „Es war eine Augenweide, ihm zuzuschauen“, sagte die frühere Fliegengewichts-Weltmeisterin Regina Halmich (42), die mit einer Reihe männlicher Kollegen aus der Universum-Glanzzeit der 90er- und 2000er-Jahre am Ring saß.

Es wurde auf Augenhöhe geboxt

Harutyunyans Glanz stellte die anderen acht Kämpfe des Programms zwar deutlich in den Schatten, dennoch musste man Özen zugutehalten, dass er seinen Sportlern keineswegs handverlesene Gegner zugeteilt hatte, um sie glänzen zu lassen. Geboxt wurde auf Augenhöhe, und die Augen befanden sich nicht an der Grasnarbe boxerischen Niveaus.

Den aus München stammenden Kraft-Brüdern James (22/Halbschwergewicht) und Toni (26/Supermittel), die sich ebenfalls Punktsiege gegen ordentliche Kontrahenten erkämpften, oder auch den Talenten Fedor Michel (17/Supermittel) und Simon Zachenhuber (20/Mittel) ist zuzutrauen, sich mittelfristig auf EM-Niveau hocharbeiten zu können. Aktuell wäre allerdings lediglich Artem Harutyunyan bereit für einen solchen Schritt.

Özen: Brauchen einen solventen Fernsehpartner

Und Özen weiß, dass sein Vorzeigekämpfer ihn bald wird gehen müssen, schließlich hat er Großes vor. „Wir werden in diesem Jahr noch zwei und 2020 mindestens sechs Veranstaltungen machen“, sagte der Promoter. Dann wird auch der Beweis fällig, größere Hallen in anderen Städten füllen zu können und nicht nur das auf 500 geladene Gäste angelegte eigene Gym, das indes in Ausmaß und Qualität des Sports an Kohl‘ sche Anfänge an der Walddörferstraße in Wandsbek erinnerte.

Dass es dazu eines solventen Fernsehpartners bedarf, weiß Ismail Özen. Am Sonnabend saß eine Abordnung des ZDF am Ring, und was die Mainzer sahen, gefiel ihnen so gut, dass sie er-klärten, man könne sich „ einen Einstieg als Streaming-Plattform im Internet sehr gut vorstellen.“ Ob daraus der Sprung ins Hauptprogramm gelingen kann, bleibt abzuwarten. Aber die Rückkehr des ZDF, von 2002 bis 2010 Exklusivpartner von Kohls Universum, wäre zweifellos ein wichtiger nächster Schritt auf dem langen Weg zurück.