Paris. Der Hamburger verpasst sein erstes Grand-Slam-Halbfinale. Bei den Damen sorgt eine 17-Jährige für eine Sensation.

Die etwas holprige Reise von Alexander Zverev ist bei den French Open erwartungsgemäß vorzeitig zu Ende gegangen. Der Weltranglistenerste Novak Djokovic aus Serbien war für den Weltranglistenfünften aus Hamburg am Donnerstag im Viertelfinale eine Nummer zu groß, auf dem Hauptplatz Philippe Chatrier in Roland Garros unterlag Zverev dem 15-fachen Grand-Slam-Sieger mit 5:7, 2:6, 2:6.

Zverev hatte gegen Djokovic, der in Paris zum zweiten Mal nach 2016 den Karriere-Grand-Slam vollenden kann, seine Chancen, konnte sie aber nicht nutzen, wie im ersten Durchgang, als er zum Satzgewinn aufschlug. Die ersten beiden Durchgänge beendete er mit Doppelfehlern. Nach 2:09 Stunden und dem zweiten Matchball für Djokovic war das Duell für den zunehmend chancenlosen Zverev bereits zu Ende.

Auch im vergangenen Jahr war der ATP-Champion in Roland Garros in der Runde der letzten acht gescheitert, es bleibt also sein bestes Resultat bei einem der vier Grand Slams. In diesem Jahr war Zverev freilich nicht mit dem Rückenwind einer herausragenden Sandplatzsaison angereist, erst in Genf eine Woche vor Paris hatte er mit seinem elften Turniersieg etwas Selbstvertrauen gewonnen.

Zverev vergibt Chance zur Satzführung gegen Djokovic

Zverev begann auf einem hohen Niveau, er war Djokovic, der im Turnier noch keinen Satz abgeben musste, ebenbürtig. Dabei spielte der Hamburger druckvoll, auch riskant. Er beging dadurch mehr "unerzwungene Fehler" als der Weltranglistenerste, machte aber auch mehr direkte Punkte. Im ersten (2) und zweiten (1) Aufschlagspiel von Djokovic erkämpfte er sich Chancen zu Breaks, vergab sie aber.

Dennoch bekam Zverev kurz darauf die Chance, den ersten Satz zu gewinnen. Zum 5:4 gelang es ihm nach dem längsten Ballwechsel des Matchs (24) dann doch, seinem Gegner dessen Aufschlag abzunehmen – allerdings kassierte er umgehend selbst ein Break und zum Satzverlust dann noch eines. Zu allem Überfluss servierte Zverev beim dritten Satzball für Djokovic auch noch einen Doppelfehler.

Drei Doppelfehler in Serie beenden Satz zwei

"Du musst schon dein bestes Tennis spielen, um gegen ihn eine Chance zu haben", hatte Zverev vor dem Match geahnt. Idealerweise, ergänzte er, gelänge ihm alles ebenso gut wie zuletzt im November in London, als er Djokovic im Endspiel des ATP-Finals in zwei Sätzen besiegte. Damals aber war Zverev in Bestform, in den vergangenen Wochen und Monaten aber nicht, ebensowenig am Donnerstag.

Djokovic, bekanntermaßen gnadenlos beim kleinsten Anzeichen von Schwäche des Gegners, nutzte denn auch den Durchhänger von Zverev sofort aus. Im zweiten Satz nahm er ihm bei der ersten Gelegenheit gleich wieder das Service ab, danach ließ er dem Deutschen kaum einmal eine echte Chance, wieder ins Match zu finden. Den zweiten Satz beendete erneut Zverev – diesmal mit drei Doppelfehlern in Serie. Das entscheidende Break im dritten Satz verursachte er mit einem leichten Volleyfehler.

Anisimova sorgt gegen Halep für Sensation

Noch schneller ereilte Simona Halep das Aus: Die Topfavoritin wusste in ihrem Viertelfinale gar nicht so recht, wie ihr geschah. Links und rechts schlugen die Grundschläge der gerade mal 17 Jahre alten Amanda Anisimova (USA) ein, und als die Titelverteidigerin der French Open noch mal ins Match zurückzufinden schien, war es schon zu Ende. 68 Minuten, 2:6, 4:6. Für die Rumänin eine Demütigung, genau genommen aber auch eine Sensation. Eine kleine auf jeden Fall.

"A star is born", urteilte die große Martina Navratilova beim Tennis-Channel über Anisimova, sie bescheinigte ihr "fantastisches Tennis und eine unglaubliche Leistung", und sie beschloss ihre Analyse mit den Worten: "So, wie Anisimova in den kritischen Situation gespielt hat, hat sie die Statur eines Champions." Auf jeden Fall ist der Teenager der erste im 21. Jahrhundert geborene angehende Champion in einem Grand-Slam-Halbfinale.

In der Runde der letzten Vier trifft Anisimova auf Ashleigh Barty (Australien), die ebenfalls noch nie zuvor bei einem Grand Slam so weit gekommen war. Die Nummer acht der Weltrangliste ist die höchstplatzierte im Turnier verbliebene Spielerin. Sie besiegte Madison Keys (USA) mit 6:3, 7:5. Das andere Halbfinale am Freitag (ab 11.00 Uhr) bestreiten die Britin Johanna Konta und die Tschechin Marketa Vondrousova.

Halep setzt Favoritensterben bei French Open fort

"Es ist verrückt", sagte Anisimova nach dem Match: "Es war schon verrückt, gegen Simona zu spielen, aber noch verrückter ist es, gegen sie zu gewinnen." Die 51. der Weltrangliste, als Tochter russischer Eltern in New Jersey geboren und seit dem dritten Lebensjahr beheimatet in Miami, widerstand dabei auch dem Aufbäumen der Titelverteidigerin. Die glich nach einem 1:4 im zweiten Satz noch einmal aus.

"Immer, wenn ich in Führung lag, wusste ich, sie kann jederzeit zurückkommen", sagte Anisimova. Doch just, als das Match tatsächlich zu kippen schien, beruhigte sich die 17-Jährige, nunmehr jüngste Amerikanerin im Halbfinale von Roland Garros seit Jennifer Capriati 1990. "Sie hat eine große Chance, das Turnier zu gewinnen", sagte Halep, "wenn sie wie heute ohne Emotionen spielt und nicht an das Ergebnis denkt."

Halep selbst war der Frust über das Ausscheiden anzusehen. Sie räumte ein, dass sie mit ihrer Anspannung nicht umgehen konnte gegen die 51. der Weltrangliste. "Vielleicht", sagte sie mit düsterer Miene, "waren meine Erwartungen heute zu hoch, deswegen konnte ich nicht mein Bestes geben." Die Weltranglistendritte war nach dem großen Favoritensterben bei den Damen eigentlich die erste Anwärterin auf den Titel gewesen.