Hamburg. Investitionssumme von 15 Millionen Euro könnte deutlich sinken. Stadt sichert Hilfe zu, aber nicht im Alleingang.

Wenn am morgigen Mittwoch um acht Uhr das Flottbeker Pferdefestival an den Start geht, erwartet das Publikum ein fünftägiges Spring- und Dressurprogramm. Der Eröffnungstag bietet auf dem Parcours sieben Prüfungen zum Schnupper-Eintrittspreis von einheitlich neun Euro – Tribünenplätze und erste Qualifikation zum 90. Deutschen Springderby am Sonntag inklusive.

Nicht minder spannend als der Wettstreit über Hindernisse wie Pulvermanns Grab oder den Wall sind die Ereignisse hinter den Kulissen. Die angestrebte Bewerbung für die Europameisterschaft der Springreiter im Jahr 2023 muss bis September dieses Jahres eingereicht werden. Ohne eine neue Haupttribüne hat Klein Flottbek keine Chance. Die finanziellen Hürden sind hoch.

Neubau als Ersatz der maroden Tribünen

In einer gemeinsamen Aktion streben der gastgebender Reiterverein NFR, der Turnierveranstalter En Garde sowie die Stadt eine zügige Lösung an. Geredet wird seit Jahren, doch herrscht Einigkeit, dass nur rasches Handeln hilft. Der Schlüssel für einen Neubau als Ersatz der maroden Tribünen aus den 1950er-Jahren könnte so aussehen: Statt des ursprünglich angedachten Plans mit Investitionen um rund 15 Millionen Euro soll die Summe deutlich verringert werden.

Rund zwei Drittel davon, so die klare Ansage der Stadt, müssen privatwirtschaftlich aufgebracht werden. Kommt die Summe zusammen, beteiligt sich der Senat im Zuge des Programms „Active City“ mit gut drei Millionen Euro an der Zukunftssicherung des Spring- und des Dressurderbys. Alle Beteiligten sind sich einig: Mit den Gebäuden im 12.000 Quadratmeter umfassenden, direkt an der S-Bahnstation Klein Flottbek verkehrsgünstig gelegenen Derbyparks ist kein Staat zu machen. Die internationale Konkurrenz droht zu enteilen.

Eindeutiger Vorstandsbeschluss

Der altehrwürdige Norddeutsche und Flottbeker Reiterverein (NFR) von 1928 ist auf gutem Weg, sein Soll am „Derby-Dreierpakt“ zu erfüllen. „Ja, es gibt einen eindeutigen Vorstandsbeschluss“, bestätigt der neue Clubchef Claus Büttner dem Abendblatt. „Wir wollen das machen.“ Seite an Seite mit seinem langjährigen Vorgänger Klaus Meyer erläutert der Unternehmer aus Hamburg-Sülldorf das Vorgehen. Ein baurechtlich erforderlicher B-Plan sei vorhanden. Bei einem Termin mit Vertretern der stadteigenen Hamburgischen Investitions- und Förderbank wurde der finanzielle Rahmen abgeklopft.

„Wir haben uns ein Bild gemacht, was das kostet“, sagt Büttner. Bei einem Kredit zwischen drei und fünf Millionen Euro und einem Zinssatz von nur einem Prozent würden Jahr für Jahr 30.000 bis 50.000 Euro an Zinsen fällig – ohne Tilgung. „Was heutzutage machbar ist, muss allerdings in zwei oder drei Jahrzehnten ebenfalls zu leisten sein“, ergänzt Meyer. Zwar reden die Herren über finanzielle Details gar nicht gerne, doch ist intern bekannt, dass der Verein für die Vergabe der Derbyrechte vom Vermarkter En Garde pro Jahr 65.000 Euro bekommt.

Zurückhaltung in Sachen Geld

Die Zurückhaltung in Sachen Geld eint die NFR-Strategen mit Turnierchef Volker Wulff, dem geschäftsführenden Gesellschafter von En Garde. Am liebsten würde er gar nichts dazu sagen. „Eine öffentliche Diskussion über Summen schadet dem Prozess nur“, meint er. „Ich kommentiere keine einzige Zahl.“ Er sagt aber: „Wir sind in guten, zielgerichteten Gesprächen auf dem Weg zum 100. Springderby.“ Dies allerdings steht erst 2029 auf dem Programm.

Offenherziger präsentiert sich Sportstaatsrat Christoph Holstein. „Alle Parteien bekennen sich zu dem Projekt“, sagt er dem Abendblatt. Da der NFR vereinsintern geklärt habe, „als Eigentümer der Hochbauten für eine Sanierung der Tribüne und des Richterturms einzutreten“, bekenne er sich zu den erforderlichen Sanierungsvorhaben.

Kein Alleingang der Stadt

„Die Realisierung ist auch in Bauabschnitten denkbar“, fügt Holstein hinzu. Das heißt: „Erst Tribünen- und Richterturmneubau, später weitere Zuschauereinrichtungen entlang der Jürgensallee sowie ein neues Entrée der Anlage.“ Das Credo: Zuschüsse gibt es nur, wenn die beiden anderen finanziellen Sockel stehen. „Einen Alleingang der Stadt wird es keinesfalls geben“, so die klare Linie im Rathaus. Dieser wäre nicht klug und politisch nicht durchsetzbar.

Bedeutung könnte einem Termin am kommenden Sonnabend zukommen, der zuletzt meist einen traditionellen und geselligen Charakter hatte. In großer Runde versammeln sich dann die entscheidenden Vertreter der Baubehörde, des Sportamts, des Bezirks sowie des NFR und des Veranstalters.

Will Hamburg den EM-Bewerbungstermin in gut einem Vierteljahr nicht ungenutzt verstreichen lassen, sind Entscheidungen gefragt. Intern werden Namen eines Sponsors als Namenspate für die künftige Haupttribüne oder für den gesamten Derbypark gehandelt, doch ist noch nichts unterschrieben. Zudem steht die finale Zustimmung des Eigentümers noch aus. Die Familie von Jenisch hat das Areal bis 2024 an den NFR verpachtet – plus Option bis 2039. Für eine langfristige Finanzierung wird das nicht ausreichen.