Hamburg. Die frühe Anstoßzeit zum “Finaltag der Amateure“ hatte bei den Teams für Frust gesorgt. Dassendorf-Coach genießt den Triumph.

Es war noch eine Minute zu spielen im Hamburger Oddset-Pokalfinale im Stadion Hoheluft, als Dassendorfs Trainer Jean-Pierre Richter den Jürgen Klopp machte. Mit erhobenem Zeigefinger sprang der 32-Jährige in die Luft und feierte eine Rettungstat seiner Abwehr. Vier Minuten später folgte „Kloppo, die zweite“.

In der dritten Minute der Nachspielzeit hämmerte der in der 80. Minute eingewechselte Kristof Kur­czynski den Ball zum entscheidenden 2:1 für Oberligist und Titelverteidiger TuS Dassendorf gegen den Regionalligisten Eintracht Norderstedt in den Winkel. „Ich war sauer, nicht von Anfang an zu spielen. Aber der Trainer gab mir bei meiner Einwechslung den Auftrag, das Ding klarzumachen“, sagte Kur­czynski.

Richter triumphiert ausgerechnet bei "Vicky"

Als der Angreifer seine Mission erfüllt hatte, rannte Richter los; voller Leidenschaft und mit allen, die ein Dassendorf-Shirt trugen, über den Kunstrasen, um Kur­czynski an der Eckfahne zu herzen. Sekunden später nach dem Abpfiff stand Richter mit ausgestreckten Armen, die Hände zu Fäusten geballt, vor der alt-ehrwürdigen Tribüne und schrie seine Freude heraus.

Der Mann mit dem Urschrei! Jean-Pierre Richter (32) jubelt.
Der Mann mit dem Urschrei! Jean-Pierre Richter (32) jubelt. © WITTERS | TayDucLam

Wer ihn beobachtete, ahnte, welche Last von ihm abfiel. Ausgerechnet im Stadion des SC Victoria, von dem er im Winter im Streit schied, ist Richter der größte Triumph seiner jungen Trainerlaufbahn gelungen. „Hätte mir einer diesen Saisonverlauf vorhergesagt, hätte ich gelacht und gefragt, ob heute der 1. April ist“, meinte Richter.

Richter bewies taktisches Geschick

Doch als er nach Dassendorf wechselte, ergriff er die Gelegenheit. Er zog ins Pokalfinale ein, bewies dort erneut taktisches Geschick. Die zunächst verdiente Norderstedter Führung von Jordan Brown (14.) verkaufte er seinem Team in der Halbzeit als positiv. Man müsse nun mehr tun, der Gegner zeige vielleicht weniger. Er behielt recht. Zudem griffen seine taktischen Kniffe. Wie beim Schach verschob sich die Stellung auf dem Feld immer mehr zugunsten der Dassendorfer.

Der Ausgleich von Henrik Dettmann per feinem Schlenzer (68.) war ebenso verdient wie Kurczynskis Siegtor. „Ich habe Kristof erst draußen gelassen, weil man auch Trümpfe auf der Bank braucht“, sagte Richter. Zu einem Wunschgegner für den DFB-Pokal (bringt 140.000 Euro Antrittsgeld) meinte er: „Jetzt kann alles kommen.“

ARD will nicht mehr um 10.30 Uhr ansetzen

Das Fazit des Pokaltriumphes stand für Richter da fest: Mehr geht nicht! Bei der Einschaltquote schon: Nur 510.000 TV-Zuschauer (7,7 Prozent Marktanteil) sahen das Spiel an der Hoheluft, 2936 Besucher vor Ort waren zudem der schwächste Zuspruch seit 2010. Die ARD will nun künftig frühe Anstoßzeiten wie diesmal um 10.30 Uhr vermeiden. Die Anstoßzeiten hatten DFB und das "Erste" im Rahmen des "Finaltags der Amateure" festgelegt in der Hoffnung, durch eine Entzerrung möglichst lange Ausschnitte der einzelnen Begegnungen live senden zu können.

Daumen hoch nur vor dem Anpfiff: Eintracht-Coach Jens Martens.
Daumen hoch nur vor dem Anpfiff: Eintracht-Coach Jens Martens. © Witters

Die frühe Anstoßzeit des Hamburger Endspiels hatte sowohl bei den Teilnehmern im Vorfeld für Frust gesorgt. "Unfassbar! Der DFB und seine Gremien agieren wie zuletzt üblich: gedankenlos und erfolglos", hatte etwa Dassendorfs Sportchef Jan Schönteich gewettert. Und Norderstedts Trainer Jens Martens sagte: "Wer das Pokalfinale zu einer Morgenveranstaltung degradiert, macht es kaputt."