Denver/München. Philipp Grubauer sorgt mit famosen Paraden in den NHL-Play-offs für eine Premiere. Die Nationalmannschaft könnte darunter leiden.

Philipp Grubauer ist bei der Colorado Avalanche offenkundig auf dem Weg zur Legende. In Denver jedenfalls genügen inzwischen nur noch Vergleiche mit "Saint Patty", dem "heiligen" Patrick Roy, um die Leistungen des Rosenheimers in der Eishockey-Profiliga NHL zu würdigen. "Ich weiß nicht, wo wir ohne ihn wären. So wie er gerade spielt, ist er einer der besten Torhüter der Liga", sagte Verteidiger Erik Johnson und fügte an: "Ich würde im Moment keinen anderen wollen."

Nach dem ersten sogenannten Shutout eines gebürtigen Deutschen in den Play-offs beim 3:0 gegen die San Jose Sharks haben die Elogen auf den 27-Jährigen noch einmal eine neue Dimension erreicht. 2:2 steht es gegen die Kalifornier in der Serie nun, das Halbfinale um den Stanley Cup ist zwei Siege entfernt, und die "Denver Post" schreibt: "Wie wissen wir, ob die Avs haben, was es braucht, um den Cup zu gewinnen? In einem Wort: Gruuu!"

Grubauer ist nicht nur in Bestform, er kennt auch die Zutaten, die für den Titel nötig sind. Als Ersatzgoalie war er Teil des bereits ausgeschiedenen Vorjahreschampions Washington Capitals. Dort allerdings erlaubte er sich zu Beginn der Play-offs einige Schwächen, was ihm eben den Platz auf der Bank erst bescherte.

"Gruuu"-Rufe werden immer lauter

Dieses Jahr ist das anders, in Runde eins verzweifelten die Calgary Flames an Grubauer. Und nachdem die legendäre Meistertrophäe 1996 und 2001 mit dem verehrten Roy im Tor den Weg in die "Mile High City" gefunden hatte, ist nun ein Fieber ausgebrochen um den so stoischen deutschen Nationaltorhüter. Die aus Tausenden Kehlen dröhnenden "Gruuu"-Rufe nach jeder Parade im Pepsi Center hören sich noch inbrünstiger an, sind so laut, "dass es das Dach anhebt", meinte die "Post".

Grubauer irritiert das nicht, er bleibt bescheiden, selbstverliebte Kommentare sind ihm fremd. "Wir haben nicht so viele Großchancen zugelassen", sagte er nach den Treffern des Superstars Nathan MacKinnon (31.), Colin Wilson (44.) und Johnson (59.), "was bedeutet, dass wir in der Mitte des Eises einen großartigen Job gemacht haben. Das macht es mir leicht."

Mehr Understatement geht kaum, während Kommentatoren etwa eine klasse Spagatabwehr mit dem Schoner gegen den Schweden Gustav Nyquist feierten. 32 Versuche der Sharks machte Grubauer in der Nacht zum Freitag zunichte und wurde zum Spieler des Spiels gekürt. Auch MacKinnon schätzt ihn in höchstem Maße. "Er war großartig heute Abend", sagte der Kanadier.

Grubauers WM-Teilnahme wackelt

Bundestrainer Toni Söderholm nötigen Grubauers famose Leistungen ebenfalls den größten Respekt ab, auch wenn sie bedeuten, dass die Chance auf eine WM-Teilnahme in der Slowakei (10. bis 26. Mai) sinkt. "Er lässt einer bärenstarken Hauptrunde überragende Play-offs folgen. Ich freue mich darüber, dass er so starke Leistungen aufs Eis zaubert", sagte der Finne am Freitag.

Die Grubauer-Begeisterung ist auch vor dem Hintergrund bemerkenswert, dass er einige doch eher wechselhafte Monate hatte, bevor er durchstartete. Erst eine herausragende Schlussphase der NHL-Hauptrunde brachte die Wende. Jetzt ist das "Gruuu" laut "Denver Post" "der süßeste Klang, seit Patrick Roy zwischen den Pfosten stand. Ohne seinen Aufstieg zur wahren Nummer eins würden die Avs schon Golf spielen."