Hamburg. St. Paulis Trainer Jos Luhukay bekennt sich zu einer offensiven Ausrichtung und unerwarteten Aufstellungen.

Am Tag nach seinem ersten Spiel als Cheftrainer des FC St. Pauli gab sich Jos Luhukay aufgeräumt und redselig. Auch wenn das Spiel gegen Arminia Bielefeld mit dem 1:1 längst nicht vollauf zufriedenstellend war, so ließ die deutlich bessere zweite Halbzeit doch wieder die Hoffnung wachsen, dass die jetzt in fünf Spielen in Folge sieglose Mannschaft im Saisonendspurt wieder in die Spur findet und sich letztlich mit positiven Gefühlen in die Sommerpause verabschieden könnte.

In seiner Nachbetrachtung betonte Luhukay am Montag, dass er an einer insgesamt mutigen, offensiven Ausrichtung, einem „hohen Pressing“ festhalten werde. „Grundsätzlich wollen wir hoch aggressiv den Gegner unter Druck setzen und ihn zu Fehlern zwingen“, sagte er. Dies ist nahezu das Gegenteil von der mutlosen Defensiv-Spielweise, die sein Vorgänger Markus Kauczinski propagierte und die letztlich auch dazu führte, dass sich die Spieler in einer internen Sitzung für eine offensivere Taktik aussprachen. Ob Kauczinski auf dieses Votum reagiert hätte, bleibt unbeantwortet, weil er am Tag danach beurlaubt wurde.

Unzufriedenheit mit Kauczinskis Ausrichtung

Luhukay betonte am Montag allerdings, dass die Unzufriedenheit der Spieler mit Kauczinskis Ausrichtung keinen Einfluss auf die von ihm im ersten Match vorgegebene Spielweise gehabt hätte. „Es ist kein Spieler zu mir gekommen mit so einem Wunsch“, stellte er klar. Seine Vorliebe für einen mutigeren, druckvolleren Spielstil sei vielmehr aus seiner Vergangenheit heraus zu erklären. „Ich habe Mannschaften trainieren dürfen, bei denen wir immer die Initiative ergreifen wollten. In der Zweiten Liga haben wir häufig die meisten Tore erzielt. In den Aufstiegsmannschaften waren die Stürmer immer gut für 15 bis 20 Tore in einer Saison“, sagte er im Rückblick auf die drei Teams, die er in die Bundesliga geführt hat.

Dabei gerät Luhukay geradezu ins Schwärmen, wenn er an die prominenten Angreifer denkt, die ihm seinerzeit zur Verfügung standen. „In Mönchengladbach waren das Rob Friend, Oliver Neuville und Sascha Rösler, in Augsburg war es Nando Rafael und bei Hertha BSC waren es Adrian Ramos und Ronny. Wir hatten immer eine extrem offensive Spielart, von der die Mannschaft und die Stürmer profitiert haben.“

Unerwartete Entscheidung

Doch Jos Luhukay, das bewies er schon bei seiner Premiere als St.-Pauli-Trainer, setzt keineswegs nur gestandene, erfahrene Profis, wie ihm einige nachgesagt haben. Vielmehr berief er den 18 Jahre alten Finn Ole Becker in seinen 18-Mann-Kader für das Spiel gegen Bielefeld und wechselte ihn sogar noch in der 87. Spielminute ein. Inklusive der Nachspielzeit hatte der Mittelfeldspieler fast acht Minuten Zeit, sich in Szene zu setzen. Das gelang ihm. Schon die Kader-Nominierung war für Becker eine Premiere. Doch Luhukay verriet, dass er sogar die Idee hatte, das Talent für die Startelf zu nominieren. „Es hat bei mir gekribbelt“, sagte er. Dabei hatte der Trainer den U-19-Nationalspieler zuvor erst in drei Trainingseinheiten beobachten können. „Es hat mir Freude gemacht, wie er gespielt hat“, sagte Luhukay.

Auf der anderen Seite hatte er schon mit dem Verzicht auf Marvin Knoll für die Startelf eine völlig unerwartete Entscheidung getroffen. „Ich glaube, dass ich in nächster Zukunft noch häufiger für Überraschungen sorgen werde, auch bei meinen Spielern“, kündigte er an. „Ich glaube, es ist nicht gut, wenn man in seinen Entscheidungen und Aufstellungen immer berechenbar ist.“