Hamburg. Tennis-Weltranglistenfünfter verpflichtet sich für zwei Jahre. „Die Tradition des Turniers fasziniert mich“, sagt der Österreicher.

Der Österreicher Dominic Thiem kehrt an den Rothenbaum zurück. Der Fünfte der Tennisweltrangliste ist der erste Topspieler, den die neuen Veranstalter Klaus-Michael Reichel und seine Tochter Sandra Reichel für die 113. Auflage des Sandplatzturniers vom 20. bis 28. Juli verpflichten konnten. Der 25-Jährige gab zudem seine Zusage auch fürs nächste Jahr. „Dominic Thiem ist nicht nur einer der komplettesten Spieler der Welt. Er ist auch von seinem ganzen Charakter her, mit seiner Disziplin und seiner Bodenständigkeit ein Vorbild für die Jugend“, sagte Sandra Reichel.

Weil er 2020 in Hamburg und anschließend in Kitzbühel aufschlagen will, verzichtet Thiem auf die Teilnahme der Olympischen Sommerspiele im August nächsten Jahres in Tokio. 2024 in Paris auf Sandplatz möchte er dann erstmals dabei sein. Bei den French Open hatte er 2018 erstmals das Finale erreicht, verlor dort gegen Rafael Nadal aber glatt in drei Sätzen. Am Rothenbaum schied er im Vorjahr bei seinem zweiten Auftritt in Hamburg im Viertelfinale gegen den Chilenen Nicolas Jarry Fillol mit 6:7, 6:7 aus.

Hamburger Abendblatt: Herr Thiem, warum haben Sie sich wieder für den Rothenbaum entschieden?

Dominic Thiem: Ich mag das Turnier, ich mag die Stadt, Deutschland generell. Und jetzt kommen auch noch mit den Reichels österreichische Turnierdirektoren dazu. Da fiel mir die Entscheidung nicht allzu schwer.

Was speziell gefällt Ihnen am Rothenbaum?

Thiem: Mit 13.000 Sitzplätzen ist der Centre-Court einer der größten auf der Tour. Überhaupt gefällt mir die ganze Anlage, man spürt in jedem Winkel die Tradition, dass hier einst alle Legenden des Tennis gespielt haben. Der Rothenbaum ist ein besonderer Ort, ich habe das Turnier in meiner Jugend immer im Fernsehen verfolgt. Es wäre schön, wenn es wieder die Bedeutung erlangte, die es einst hatte. Aber da traue ich meinen Landsleuten einiges zu. „Make the Rothenbaum great again!“, das ist doch eine wunderbare Losung.

Sie haben in Hamburg und anschließend bei Ihrem Heimatturnier in Kitzbühel für zwei Jahre zugesagt und lassen deshalb 2020 Olympia in Tokio aus. Haben Sie keine Lust, in engen Zimmern zu übernachten und sich in der Mensa zum Essen anzustellen?

Thiem: Ich spiele nun mal gern bei mir in der Nähe, in Österreich und Deutschland, und Kitzbühel kollidiert terminlich mit Olympia. 2024 sind die Spiele ja in Paris, das Tennisturnier findet auf Sand statt, und weil ich eine sehr gute Beziehung zu Frankreich habe (Thiems Freundin ist die französische Weltklassespielerin Kristina Mladenovic, die Red.), passt das perfekt. Mit 30 bin ich dann auch im richtigen Alter. Ich will auf jeden Fall ein olympisches Turnier spielen, 2028 Los Angeles wäre eine weitere Option.

Viele Weltklassespieler scheuen den Aufschlag in Hamburg auf Sand, weil im August in Nordamerika die Hartplatzsaison beginnt. Sie haben damit keine Probleme?

Thiem: Ich habe mein ganzes Leben lang auf Sand trainiert, draußen und in der Halle. Ich brauche höchstens eine halbe Stunde, um mich anzupassen, um die Bewegungsabläufe wieder abzurufen. Die Umstellung von Belag zu Belag stellt für mich kein Problem dar, andere mögen damit ihre Schwierigkeiten haben.

Sie sind auch nicht mehr der reine Sandplatzspezialist, als der Sie lange galten. Im März haben Sie in Indian Wells (Kalifornien) ein Mastersturnier auf Hartplatz gewonnen, im Finale gegen Roger Federer, der anschließend in Miami siegte. Was haben Sie in Ihrem Spiel geändert?

Thiem: Ich habe schon immer gern auf Hartplätzen gespielt, habe jetzt eine dem Belag gemäße Spielweise adaptiert, mache nicht mehr so große Ausholbewegungen und bewege mich auch besser. In Indian Wells kommt hinzu, dass der Spin in meinen Schlägen vom Court sehr gut angenommen wird. Das ähnelt schon den Bedingungen auf einem Sandplatz.

Am Rothenbaum soll im Juli erstmals der Titel eines Europameisters vergeben werden. Glauben Sie an dieses Format?

Thiem: Das ist eine coole Idee. Falls ich das Turnier gewinne und mich dann Europameister nennen dürfte, wäre das schon eine schöne Sache.

In der Weltspitze sind Sie jetzt an fünf notiert, Sie waren auch schon die Nummer vier. Wie weit geht es mit Ihnen im Ranking noch nach oben?

Thiem: Das Ziel jedes Tennisspielers ist es natürlich, die Nummer eins zu werden. Für uns Jüngere ist es derzeit die Herausforderung, sich auf den großen Turnieren mit Legenden wie Novak Djokovic, Rafael Nadal und Roger Federer messen zu dürfen. In Indian Wells habe ich einen Federer in Topform geschlagen. Wenn ich konstant solche Leistungen bringe, ist vielleicht der Platz an der Sonne irgendwann drin. Aber noch sind die „Alten“ verdammt gut.

Wo sehen Sie die größten Verbesserungsmöglichkeiten in Ihrem Spiel?

Thiem: Ich muss noch näher an die Grundlinie rücken, aber beim Spiel nach vorn ist sicherlich bei mir noch das größte Verbesserungspotenzial vorhanden.

Im vergangenen Jahr haben Sie in Hamburg gesagt, dass Sie ein großer Sylt-Fan sind. Waren Sie inzwischen wieder dort?

Thiem: Leider nicht. Ich hoffe, ich schaffe es bald. Die Insel ist ein magischer Ort. Es gab bisher keinen Platz auf der Welt, an dem ich mich so gut erholt habe.