Hamburg. Verband und Vereine organisieren im DFB erste elektronische Liga an der Konsole – für die Jugend und gegen alle Widerstände.

Das Schiebeelement ist geöffnet, der Blick freigegeben von der modernen Players Lounge in den in die Jahre gekommenen Gastronomiesaal des Vereinsheims. „Wir stehen im ehemaligen Besprechungsraum“, erklärt der Fußballabteilungsleiter des FTSV Komet Blankenese. Sichtlich stolz zeigt der 70-Jährige die im Mai 2018 eröffnete, vereinseigene E-Sport-Arena. Jeweils vier ergonomische Zockerstühle stehen sich gegenüber, dazu acht Monitore, Konsolen und Controller mit Vereinswappen. „Der Umbau hat 20.000 Euro gekostet. Viel Geld“, sagt Tausend und führt per Knopfdruck die bunte Beleuchtungstechnik vor – inklusive Discoflackern. Für Partys, für die Jugend.

„Wir als Verein müssen den Jugendlichen etwas bieten. Sonst verlieren wir sie“, sagt Tausend, der bei Komet über 35 Fußballmannschaften wacht. Die Ersten Herren kämpfen auf dem Rasen um den Kreisligaaufstieg, die elektronisch kickenden Pioniere um Turniersiege und künftig auch in der Premierensaison der E-Football-Liga des Hamburger Fußballverbands (HFV). Neben der Virtuellen Bundesliga, die die Deutsche Fußball-
Liga für ihre Profivereine ins Leben gerufen hat, startet der HFV im April einen Ligabetrieb auf Breitensportebene. Zunächst zur Probe, ab Juli dann offiziell.

Gespielt wird offline

„Wir sind die Ersten“, sagt Christian Okun, Schatzmeister im HFV. Ausnahmslos positive Erfahrungen haben sie bereits mit drei Hamburger E-Meisterschaften in Tagesturnierform gemacht, dazu die erste inoffizielle deutsche Meisterschaft im vergangenen Herbst ausgetragen. „Im DFB schaut man sehr genau nach Hamburg“, sagt Okun. Die angestrebte Liga steht bundesweit Modell. Der Probebetrieb sei nötig, um die Abläufe an den Spieltagen und Spielorten zu justieren sowie um Durchführungsbestimmungen zu erstellen.

Gespielt wird offline, in Teams mit bis zu vier Spielern und ausschließlich die Fußballsimulation Fifa. Nicht-sportartennachahmende Spiele sind Tabu. „Ab Sommer ist auch die Mitgliedschaft in einem Verein Pflicht. Dann wird es Spielerpässe und Wechselfristen wie im normalen Fußball auch geben“, sagt Okun. Wegen der Spielesuchtgefahren beträgt das Mindestalter 16 Jahre.

Komet Blankenese stellt zwei Teams

„Das nehmen wir sehr ernst“, sagt Volker Tausend. Komet Blankenese wird zwei Teams für den Probebetrieb stellen, „vielleicht kommt ein drittes dazu“. 20 Mannschaften haben insgesamt zugesagt, zwölf Vereine hatten sich in der Arbeitsgemeinschaft zur Ligaeinführung zusammengeschlossen. Die Resonanz steigt, die Widerstände bröckeln. „Natürlich kommen Sprüche, wie: ,Das ist doch gar kein Sport‘“, berichtet Tausend, „auch aus dem eigenen Verein.“ Das sei gar nicht der Punkt.

„Die Jugendlichen spielen sowieso den ganzen Tag an der Konsole. Aber allein. Wir wollen sie aus ihren Zimmern holen, im Team spielen lassen, soziale Kontakte fördern“, sagt Tausend. Erst zu dieser Saison habe er eine B-Jugend mangels Masse vom Spielbetrieb abmelden müssen. In Zeiten zunehmender Vereinsaustritte, vor allem im Alter von 16 bis 20 Jahren, ist E-Sport eine Möglichkeit Mitglieder zu binden. In der Players Lounge beim Zocken – und anschließend möglicherweise auch beim Sport auf dem grünen Rasen.