Gelsenkirchens Trainer äußert sich nach der Klatsche gegen Düsseldorf zu seiner Zukunft. Ex-Schalker Ayhan versucht, zu trösten.

Vizemeister Schalke 04 stürzt immer schneller in den Bundesliga-Keller, für Trainer Domenico Tedesco wird der Druck immer größer. Eine Woche nach dem Rücktritt von Sportvorstand Christian Heidel verloren die Königsblauen auch das richtungweisende Heimspiel gegen Aufsteiger Fortuna Düsseldorf mit 0:4 (0:1), mit dem sechsten Punktspiel in Folge ohne Sieg verschärfte sich die Krise weiter.

Nur noch zwei Punkte trennen die Gelsenkirchener vom Tabellen-15. FC Augsburg. Sollte am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) der VfB Stuttgart gegen Hannover 96 gewinnen, würde der Vorsprung auf den Relegationsplatz auf vier Zähler zusammenschrumpfen. Die Fortuna kann nach dem ersten Sieg auf Schalke seit dem 10. Mai 1997 (1:0) dagegen mit 31 Punkten für die nächste Bundesliga-Saison planen.

Schalke hingegen hat mit dem dritten Heimspiel in Folge ohne eigenen Treffer einen Vereins-Negativrekord eingestellt.

Tedesco will sich nicht "verpissen"

Tedesco ging hinterher hart mit seiner Mannschaft ins Gericht. "Die Vorstellung war so was von leer und mutlos", sagte er bei "Sky." Die Spieler seien sehr schnell nervös geworden. "Wir haben es nur zweimal geschafft, hinter die gegnerische Abwehrkette zu spielen." Zu seiner persönlichen Situation sagte Tedesco: "Ich bin keiner, der sich verpisst. Wir müssen da rauskommen."

Schalkes Verteidiger Daniel Caligiuri sprach von einer "Scheiß-Situation". Düsseldorf sei in jedem Zweikampf präsenter gewesen. "Ich verstehe selber nicht, was gerade los ist", sagte Caligiuri, der sich selbst und seine Kollegen in die Pflicht nahm: "Es muss jedem Spieler bewusst sein, dass er auf Schalke spielt und nicht woanders. Es liegt nicht am Trainer."

Domenico Tedesco stellte sich nach dem Spiel den pöbelnden Fans.
Domenico Tedesco stellte sich nach dem Spiel den pöbelnden Fans. © Imago/RHR-Foto

Nach dem Spiel schritt Tedesco in die Schalker Fankurve und ließ sich von dem wütenden Anhang beschimpfen. "Das ist das Mindeste, was wir heute machen können: Uns dem Publikum zu stellen", sagte der 33-Jährige.

Tedesco-Entscheidung muss noch warten

Offenbar muss Tedesco aber nicht mit seinem sofortigen Rauswurf rechnen. Eine Entscheidung soll der neue Sportvorstand Jochen Schneider fällen. "Der Sportvorstand ist noch nicht eingesetzt. Er wird am Dienstag was dazu sagen", sagte Aufsichtsratschef Clemens Tönnies.

Am Dienstag wird Schneider, der die Nachfolge des zurückgetretenen Christian Heidel antritt, offiziell vorgestellt. Die Trainerfrage fällt in seinen Zuständigkeitsbereich. Tedesco, der die Königsblauen in der vergangenen Saison überraschend zur Vizemeisterschaft geführt hatte, hat einen Vertrag bis 2022. "Ich werde jetzt nicht anfangen, den Trainer ein- oder auszustellen. Das mache ich nicht", sagte Tönnies weiter.

Schalke-Fans singen hämisch

Dodi Lukebakio per Handelfmeter nach Videobeweis (35.), Winterzugang Dawid Kownacki per Doppelpack (62./84.) und Benito Raman (68.) trafen für die spielerisch überlegenen Gäste. Die erneut erschreckend schwachen Schalker erspielten sich erst in der zweiten Halbzeit erste Torchancen. "Wir haben die Schnauze voll" und "Oh, wie ist das schön", riefen die Schalker Fans hämisch.

Zwischen Häme und Wut: Schalkes Fanblock während des Debakels gegen Düsseldorf.
Zwischen Häme und Wut: Schalkes Fanblock während des Debakels gegen Düsseldorf. © Imago/RHR-Foto

Tedesco hatte sein Team gegenüber der 0:3-Pleite beim FSV Mainz 05 auf drei Positionen verändert. Vor allem vom genesenen Stürmer Guido Burgstaller erwartete der Coach Malocher-Mentalität im Abstiegskampf. Ersatzkapitän Benjamin Stambouli lief nach seinem Jochbeinbruch mit Spezialmaske auf. Auch gegen den Aufsteiger setzte Tedesco auf eine kompakte Defensive mit Fünferkette und zwei Sechsern.

Sein Gegenüber Friedhelm Funkel, der zuletzt am 5. August 1997 - damals mit dem MSV Duisburg - gegen Schalke gewonnen hatte, stellte mutig auf: In den Torschützen Raman, Lukebakio und Kownacki begannen drei Angreifer.

Düsseldorf spielt strukturierter

Die Düsseldorfer spielten strukturierter als die verunsicherten Schalker und gingen durch Lukebakio auch in Führung - das dachten zumindest alle (21.). Doch der Videoassistent Günter Perl revidierte die Entscheidung des WM-Schiedsrichter Felix Brych. Raman hatte, so der Einspruch aus Köln, den Schalker Amine Harit gefoult, ehe er Lukebakio anspielte.

Gut zehn Minuten später profitierten die Gäste vom Videobeweis: Nach einem katastrophalen Fehlpass von Salif Sane spielte Matija Nastasic den Ball nach einer Hereingabe von Raman mit der Hand. Brych ließ jedoch weiterspielen. Erst nach Intervention aus Köln schritt Lukebakio zum Elfmeterpunkt.

Ayhan würde Schalke-Kritik "in Grenzen halten"

Der Schalker Leid war der Düsseldorfer Freud: Die Fortuna-Profis feiern das zwischenzeitliche 3:0 durch Benito Raman.
Der Schalker Leid war der Düsseldorfer Freud: Die Fortuna-Profis feiern das zwischenzeitliche 3:0 durch Benito Raman. © Imago/Beautiful Sports

Die Führung der Gäste war hochverdient, Schalke kam vor der Pause nicht einmal gefährlich vor das Fortuna-Tor. Zur Pause gab es gellende Pfiffe. Erst nach dem Seitenwechsel gaben die Gastgeber ein Lebenszeichen ab. Mark Uth (47.) und Harit (56.) vergaben die ersten beiden Torchancen. Auf der Gegenseite trafen Kownacki und Raman.

"Ein 1:0 hätte heute gereicht", sagte Düsseldorfs Kaan Ayhan, der in Gelsenkirchen ausgebildet wurde. "Als Ex-Schalker würde ich mir wünschen, die Kritik noch in Grenzen zu halten." Tedesco dazu: "Wir müssen weiter arbeiten, ich glaube an meine Arbeit. Wir haben die richtigen Spieler."