Hamburg. Die Hamburgerin Esther Henseleit spielt in der nächsten Woche in Australien ihr erstes Turnier als Golfprofi.

Australien also, so kann man ja mal anfangen mit dem neuen sportlichen Leben. Sonne, Sommer, grünes Gras und blauer Himmel. 27 Grad Celsius. So sieht es da jetzt aus. Eine andere Welt mit Linksverkehr und Kängurus, roter Erde und Traumstränden. Wer wollte da nicht hin? „Ich war noch nie in Australien, das ist für mich auch spannend“, sagt Esther Henseleit, „aber ich bin dort nicht als Touristin, mein Fokus liegt schon auf Golf.“

Das ist nun auch offiziell der Beruf der gerade 20-Jährigen vom Hamburger Golfclub Falkenstein (HGC). Mitte Dezember hatte sie sich mit Platz drei beim entscheidenden Qualifikationsturnier in Marokko souverän die komplette Spielberechtigung für die europäische Frauen-Profitour (LET) gesichert. Seit 1. Januar also ist sie nun Mitglied der LET und damit Berufsspielerin. Am 21. Februar startet sie erstmals bei einem Profiturnier, den „Ladies Australian Open“ in Bonville/New South Wales.

In dieser Woche hat sie sich deshalb in den Flieger gesetzt und sich auf den Weg rund um die halbe Welt gemacht. Gemeinsam mit Nicole Gögele, der Co-Trainerin der deutschen Damen-Nationalmannschaft. Schon vor Ort in Australien ist Stephan Morales, der Bundestrainer, der die junge Hamburgerin ebenfalls bei ihren ersten Gangversuchen in der neuen Arbeitswelt unterstützen wird. „Der Schritt zur Tourspielerin wird Esther vor Aufgaben stellen, die sie jetzt noch gar nicht kennt“, sagt der 56-Jährige, „es geht künftig darum, ihr Können auf einer anderen Bühne zu präsentieren. Und dabei wollen wir ihr helfen.“

Starke Konkurrenz

Dass Henseleit als eine der zehn besten Amateurspielerinnen weltweit zu den Profis gekommen ist, nützt ihr erst einmal gar nichts. „Es ist ein Unterschied, ob man sein Geld zum Lebensunterhalt auf der Tour verdienen muss“, sagt Morales, der seit 2013 deutsche Spielerinnen bei diesem Schritt für den Deutschen Golf-Verband (DGV) begleitet. Die Konkurrenzsituation wird eine ganz andere. Bei den Amateuren sind die Gegnerinnen in der Regel zwischen 18 und 23 Jahre alt. Danach werden sie Profis oder kümmern sich um ein „richtiges“ Berufsleben. „Esther hat bislang in einem begrenzten Kreis gespielt“, sagt Morales. „Jetzt sind die Mitspielerinnen zwischen 20 und 40 Jahren, der Wettkampf wird viel härter.“

Aber genau dem will sie sich stellen. Das war schließlich immer ihr Ziel, schon als Kind. Zielgerichtet hat sie auf diese Karriere hingearbeitet, hatte sogar ein Golfstipendium in den USA abgelehnt, „weil dort die technische Ausbildung nicht so gut ist“. Stattdessen blieb sie in Falkenstein, Christian Lanfermann ist ihr Heimtrainer und bleibt es. Nach dem Abitur im vergangenen Sommer war dann der Zeitpunkt für den nächsten Schritt der Karriere gekommen. Nach der Qualifikation gönnte sie sich ein paar Tage Erholung, Weihnachten mit der Familie, sacken lassen. Dann der Umzug aus dem Elternhaus im niedersächsischen Varel nach Hamburg in die eigene Wohnung, „erstmals lebe ich allein“, sagt sie.

Leistungssteuerung, Karriereplanung, sportmedizinische Betreuung, Unterstützung der Heimtrainer gehören zu den Fördermaßnahmen des Verbandes für seine 15 Spielerinnen im Team Deutschland. Und zentrale Lehrgänge. Im Januar war Henseleit mit dem DGV-Kader zwei Wochen lang in Phoenix (US-Bundesstaat Arizona), in Deutschland kann man wetterbedingt nicht auf dem Platz trainieren. Morales legt Wert auf ein Gemeinschaftsgefühl bei den jungen deutschen Damen auf der LET wie Olivia Cowan (25), Karolin Lampert (23) oder Laura Fünfstück (24). „So etwas gab es auch bei den Tennisdamen, die Spielerinnen profitieren voneinander, die ganze Gruppe kann sich hochschaukeln“, sagt er.

Profi-Reisegruppe mit zwei anderen Deutschen

Mit Lampert und Fünfstück wird die Hamburgerin in Australien eine kleine Reise- und Trainingsgruppe bilden. Denn nach dem Auftakt in Bonville geht es weiter zu Turnieren in Canberra (1. bis 3. März) und Queanbeyan in der Nähe der australischen Hauptstadt (7. bis 10. März). Vom 14. bis 16. März steht dann noch ein Turnier in Südafrika an. „Ich habe bei allen Turnieren gemeldet, so groß ist die Auswahl auf der Ladies European Tour schließlich nicht.“ 17 Turniere sind es nur über das Jahr, die Sponsorensituation ist schwierig, in Europa werden deshalb nur acht Veranstaltungen ausgetragen. In Deutschland gibt es keine Chance, die besten Profigolferinnen abschlagen zu sehen. Henseleit will auch deshalb in der Bundesliga weiterhin für Falkenstein an den Start gehen. Am liebsten auch beim Bundesliga-Finale am 10. und 11. August in Gut Kaden, wo der HGC seinen Titel verteidigen möchte.

Vor allem aber will sie versuchen, noch in diesem Jahr einen weiteren wichtigen Schritt zu erreichen: die Spielberechtigung für die US-Tour, die LPGA. Nur dort, in Amerika, fließen für weibliche Golferinnen Milch und Honig. „Ich werde im August an Qualifikationsturnieren für die LPGA teilnehmen“, kündigte Henseleit schon an. Dennoch geht sie relativ sorglos in ihr erstes Profijahr. Der DGV, ihr Schlägerausrüster, ein Kleidungsausrüster und ein Golfplatzpflege-Unternehmen unterstützen sie beim Einstieg in das neue sportliche Leben. „Ich bin ganz gut abgesichert, ich kann frei aufspielen.“ Na, dann mal los.