Braunschweig. Die ersatzgeschwächten Damen stehen im Erstrundenduell gegen Favorit Weißrussland mit dem Rücken zur Wand.

Ein Kind auf der Tribüne weinte plötzlich ohne Unterlass, doch in den Ohren einer Mutter ist das Musik. Gut, es war nicht ihre eigene Tochter Charlotte, die da nicht zu beruhigen war, doch Tatjana Maria ließ sich nicht beirren. Die Nummer eins der deutschen Tennisdamen gewann ihr Aufschlagspiel, das umkämpfteste des gesamten Matches, zum 6:5 im ersten Satz. Nutzen sollte das allerdings wenig.

Nach 1:38 Stunden Spielzeit musste sich die 31-Jährige aus Bad Saulgau vor 4400 Zuschauern in der Volkswagen Halle im Eröffnungseinzel des Viertelfinales im Fed Cup der Weißrussin Alexandra Sasnowitsch (24) 6:7 (3:7), 3:6 geschlagen geben.

Sabalenka ließ Petkovic keine Chance

Die Hoffnung, zumindest mit einem 1:1 in den entscheidenden Sonntag zu gehen und damit die Chance auf den Halbfinaleinzug zu wahren, machte anschließend Weißrusslands Topspielerin Aryna Sabalenka (20) zunichte. Die Weltranglistenneunte ließ der Darmstädterin Andrea Petkovic (31/Nr. 68) beim 6:2, 6:1 innerhalb von nur 68 Minuten mit ihrem Powertennis keine Chance.

„Ich bin immer noch sprachlos angesichts der Leistung von Aryna. Das war weltklasse, was sie gespielt hat“, sagte der deutsche Teamchef Jens Gerlach, der ratlos wirkte. „Tatjana und Andrea haben alles gegeben und probiert, voll dagegenzuhalten. Aber wir haben leider kein Rezept dafür gefunden“, sagte er.

„Es war ein enges Match, deshalb ist es sehr schade, dass ich den Punkt nicht holen konnte. Aber sie hat sich sehr gut auf mich eingestellt und das umgesetzt, was sie spielen wollte. Ich bin schon enttäuscht“, sagte Maria, die in Abwesenheit der beiden Spitzenkräfte Angelique Kerber (31/Kiel/Nr. 6) und Julia Görges (30/Bad Oldesloe/Nr. 16), die ihrer persönlichen Turnierplanung Vorrang gaben und von Montag an beim Turnier in Doha (Katar) aufschlagen, Gerlachs Auswahl anführt.

Sasnowitsch bestimmte von der Grundlinie das Tempo

2018, als Deutschland im Viertelfinale in Minsk überraschend 3:2 gegen Weißrussland gesiegt hatte, konnte Maria zwei Punkte zum Erfolg beitragen. „Wenn ich den Tiebreak gewonnen hätte, wäre es vielleicht in meine Richtung gegangen. So hat sie im zweiten Satz freier aufgespielt“, sagte die junge Mutter, die zugab, an ihre Tochter gedacht zu haben, als das Kind auf der Tribüne weinte. „Aber gestört hat mich das nicht, ich kenne das ja“, sagte sie.

Sasnowitsch, auf Platz 33 der Weltrangliste immerhin 34 Positionen vor Maria eingeordnet, war die bessere Spielerin, weil sie von der Grundlinie das Tempo bestimmte und variabler agierte. Maria setzte gute Laufarbeit dagegen, hatte ansonsten aber kaum ein anderes Rezept, als die Bälle mit viel Slice in Zeitlupentempo über das Netz zu löffeln und auf die Fehler der Gegnerin zu hoffen.

Weil diese ihr den Gefallen vor allem bei Volleys oder Stopps tat, war der erste Durchgang noch ausgeglichen. Im zweiten Satz spielte die Weißrussin präziser und brachte ihre harten Grundschläge häufiger ins Ziel. Das Break zum 3:1, das einzige im gesamten Match, war dann der Siegbringer. „Es ist schade, dass ich sie nicht zurückbreaken konnte. Aber jetzt hoffe ich, dass Andrea das ausbügeln kann“, sagte Maria.

Teamchef Gerlach: "Ich habe ein komplett intaktes Team"

Konnte sie nicht. Zwar stemmte sich Andrea Petkovic bis zum Ende gegen die drohende Schlappe. Doch gegen die peitschenden, flach und präzise in die Ecken platzierten Grundschläge Sabalenkas, die jedem ihrer Schläge einen Schrei hinterschickt, als müsse sie den Leibhaftigen aus der Hölle verscheuchen, war die Hessin machtlos.

Am Sonntag (11 Uhr/DAZN) treten – Stand Sonnabendnachmittag – zunächst die Topspielerinnen Maria und Sabalenka gegeneinander an. Sollte die Weißrussin den dritten Punkt holen, würde das Einzel Petkovic – Sasnowitsch nicht mehr ausgetragen, sondern das abschließende Doppel zwischen Anna-Lena Grönefeld (31/Nordhorn) und Laura Siegemund (30/Filderstadt) sowie Victoria Asarenka und Lidziya Marozawa vorgezogen.

Doch daran wollte Teamchef Gerlach noch nicht denken. „Ich muss das jetzt erst einmal sacken lassen“, sagte der 45-Jährige, „aber ich werde mir heute Abend viele Gedanken machen, was wir verändern können. Ich habe ein komplett intaktes Team, wir werden auch morgen noch einmal alles geben und dann schauen, was möglich ist.“