La Manga. Der Spieler, der als Flüchtling nach Deutschland kam, im Gespräch über das Glücklichsein, Politik, Krabben und seine HSV-Zukunft.

Bakery Jatta kommt im HSV-Trainingslager in La Manga mit zwei Pflastern auf der Wade zum Interviewtermin. Der Muskel zwicke ein wenig, sagt er. Es sei aber nichts Ernstes.

Herr Jatta, sind Sie glücklich?

Bakery Jatta (auf Deutsch): Klar.

Hintergrund der Frage ist, dass Sie kurz nach Ihrem ersten Vertrag als Fußballprofi beim HSV vor zweieinhalb Jahren gesagt haben, dass Ihr primäres Ziel gar keine Fußballkarriere in Deutschland war, sondern das Glücklichsein.

Jatta: (auf Englisch): Ich erinnere mich. Glück hat natürlich viele Bedeutungen. Jeder muss selbst wissen, was ihn glücklich macht. Und nach zweieinhalb Jahren in Hamburg kann ich sagen, dass ich glücklich bin. Ich genieße jeden Tag.

Was genau bedeutet Glück für Sie?

Jatta: Natürlich gehört zu meinem großen Glück auch dazu, dass ich die Chance, Fußballprofi beim HSV zu werden, genutzt habe. In einer Mannschaft mit bekannten Stars wie Aaron Hunt oder Lewis Holtby zu spielen macht mich glücklich. Aber ich hatte noch viel mehr Glück: Ich bin nach Deutschland gekommen, habe neue Freunde, die Stadt und das Land kennen- und schätzen gelernt. Mir wurde hier ein ganz neues Leben geschenkt – das ist Glück.

Haben Sie mit den anderen Flüchtlingen oft über die Suche nach Glück gesprochen?

Jatta: Die Suche nach dem großen Glück war für alle Flüchtlinge das große Thema. Dabei hatte jeder eine eigene Definition von Glück. Mir war damals zum Beispiel gar nicht klar, dass ich in Deutschland enden würde. Aber irgendwie habe ich dann mein Glück gefunden.

Wie haben Sie sich Deutschland vor Ihrer Flucht vorgestellt?

Jatta: Ich hatte kein klares Bild von Deutschland. Ich hatte zuvor auch noch nie ein Bild oder ein Foto von Hamburg gesehen. Mir war klar, dass das Leben in Europa anders sein würde als in Afrika. Aber wie genau – das konnte ich mir nicht wirklich vorstellen.

Hat Sie in Deutschland etwas überrascht?

Jatta: Alles hat mich überrascht. Natürlich hatte ich noch nie so ein S- und U-Bahn-System in meinem Leben gesehen wie in Hamburg. Auch die ganzen modernen Gebäude, die HafenCity, das alles war neu für mich. Für einen Deutschen ist es wahrscheinlich normal, dass alle Straßen im Topzustand sind. Aber in meiner Heimat kann man sich so etwas gar nicht vorstellen. Hamburg war ein weißer Fleck auf meiner Landkarte.

Sie sagen, dass Sie Ihr Glück in Hamburg gefunden haben. Vermissen Sie trotzdem Ihre Heimat, aus der Sie geflüchtet sind?

Jatta: Gambia ist mein Zuhause. Natürlich vermisse ich meine Freunde, meine Familie, die Feste, das Essen. Ich schreibe mir jeden Tag mit Freunden aus der Heimat per WhatsApp. Gambia wird immer meine Heimat bleiben. Doch obwohl ich so viel vermisse, stört es mich nicht wirklich. Weil ich weiß, dass ich sehr glücklich sein kann, hier in Hamburg zu sein. Von diesem Glück wagen viele nicht einmal zu träumen.

Sie sollen ein guter Koch sein.

Jatta: Ich koche sehr gerne. Meine Spezialität ist Superkanja, eine Gericht aus Gambia mit Reis, geräuchertem Fisch und Sauce. Auch Krabben mag ich gerne. Die werden in Hamburg ja genauso oft angeboten wie bei mir zu Hause.

Wie sieht es mit Fischbrötchen aus?

Jatta: Fischbrötchen?

Eine Fischfrikadelle im Brötchen.

Jatta: Nie gehört. Was ich in Hamburg kennengelernt habe, besonders auf den Weihnachtsmärkten, ist gegrillter Käse mit Tomatensauce im Brötchen. So ähnlich wie Pizza. Schmeckt gut. Genauso wie dieses warme Getränk, das auf Weihnachtsmärkten angeboten wird.

Glühwein?

Jatta: Ja, aber ohne Alkohol. Ich glaube, dass es bei euch Kinderpunsch heißt.

Sie kamen 2015 auf dem Höhepunkt der sogenannten Willkommenskultur nach Deutschland. Fühlen Sie, dass sich die Stimmungslage seitdem geändert hat?

Jatta: Nicht wirklich. Ich muss aber zugeben, dass ich wenig von dem mitbekomme, was in den Zeitungen über Politik steht oder was im Fernsehen berichtet wird. Mein Deutsch ist dafür nicht gut genug. Ich selbst hatte aber eigentlich immer das Gefühl, dass ich willkommen bin.

Verfolgen Sie die Politik in Gambia?

Jatta: Doch, klar. Ich verfolge schon, was in meiner Heimat passiert. Letztes Jahr waren zum Beispiel Wahlen. Da habe ich mich natürlich ganz genau informiert und habe auch mitbekommen, dass es Probleme gab.

Wollen Sie eines Tages zurück in Ihre Heimat gehen?

Jatta: Schwer zu sagen. Die Zukunft liegt momentan nicht wirklich in meinen Händen. Momentan fühle ich mich sehr glücklich in Deutschland. In Gambia sagt man: Man haut nicht die Hand weg, mit der einem das Brot gereicht wird.

Letzte Frage zum Thema Glück: Wann machen Sie den HSV glücklich und nehmen das vorliegende Vertragsangebot an?

Jatta: (lacht) Ich kann nicht in die Zukunft schauen. Momentan kann ich nur so viel sagen: Ich bin sehr glücklich beim HSV und in Hamburg.