Leverkusen robbt sich an die Europacup-Plätze heran. Trainer Herrlich wird dennoch kurz vor Weihnachten vor die Tür gesetzt.

Leverkusen. Der vorweihnachtliche Aufschwung kam für Heiko Herrlich zu spät, die unschöne Bescherung nach einer insgesamt enttäuschenden Hinrunde daher wenig überraschend: Einen Tag vor Heiligabend verkündete Bayer Leverkusen die Entlassung des Trainers und präsentierte gleich Herrlichs Nachfolger. Der Niederländer Peter Bosz, vor fast genau zwölf Monaten bei Borussia Dortmund gescheitert, unterschrieb einen Vertrag bis 2020.

Der 55-Jährige übernimmt eine Mannschaft, die vier ihrer letzten fünf Pflichtspiele gewonnen hat, dabei allerdings nicht überzeugen konnte. Bayer-Boss Rudi Völler begründete die Entscheidung gegen Herrlich (47) einen Tag nach dem 3:1-Sieg gegen Hertha BSC daher auch mit der „Stagnation in der Entwicklung des Teams“.

Auch wenn die internationalen Plätze für Leverkusen wieder in Reichweite sind und „es ungewöhnlich ist, nach zwei Siegen den Trainer zu wechseln, wie Völler einräumte, „befinden wir uns nach der insgesamt nicht befriedigenden Halbserie in einer Situation, die einen Trainerwechsel aus unserer Sicht notwendig macht“.

Mit Bosz will Leverkusen wieder begeistern

Für die Verantwortlichen der Werkself war der Sieg nach „mehr fußballerischen Ausschlägen in der Hinrunde nach unten als nach oben“ (Völler) zu wenig. Als Tabellenneunter mit 24 Punkten sind die zum Ziel erklärten Champions-League-Plätze noch immer (zu) weit entfernt. Im DFB-Pokal und der Europa League überwintert Bayer zwar, doch auch in diesen Wettbewerben rief die Mannschaft unter Herrlich die zweifelsfrei vorhandenen Möglichkeiten zu selten ab.

„Unter der sportlichen Leitung von Peter Bosz wollen wir versuchen, unseren ambitionierten Ansprüchen so schnell wie möglich wieder gerecht zu werden“, sagte Fernando Carro, Vorsitzender der Bayer-04-Geschäftsführung: „Dabei steht natürlich auch die Mannschaft in der Pflicht.“ Sportdirektor Simon Rolfes setzt auf den „offensiven, temporeichen und begeisternden Fußball“, den Bosz spielen lasse: „Insbesondere mit Ajax Amsterdam hat er bewiesen, dass er junge Spieler verbessern, Mannschaften formen und auch international etablieren kann.“

Neu bei der Werkself: Der Ex-Dortmunder Peter Bosz
Neu bei der Werkself: Der Ex-Dortmunder Peter Bosz © dpa | Ina Fassbender

Nachdem Bosz mit dem niederländischen Rekordmeister 2017 völlig überraschend das Finale der Europa League erreicht hatte, stand er schon einmal auf Völlers Zettel, entschied sich damals jedoch für Dortmund. Leverkusen musste mit Herrlich vorliebnehmen. „Heiko hat unserer Mannschaft im Vorjahr nach einer zuvor sehr schwierigen Saison wichtige Impulse verliehen und uns ins internationale Geschäft zurückgebracht“, sagte Völler am Sonntag.

Herrlich-Aus stand vor Hertha-Spiel fest

Der Sport-Geschäftsführer betonte zwar, dass Überzeugung und Wille, die Wende mit Herrlich zu schaffen, „bis zuletzt“ vorhanden waren. Die Trennung von dem 47-Jährigen indes stand schon vor der Begegnung mit Berlin fest: „Obwohl wir Heiko auch lange geschützt haben, sind wir schon in der Woche zu dem Entschluss gekommen, dass es mit Heiko nicht weitergeht“, sagte Völler im Vereins-TV.

Herrlich hatte derweil versucht, den Spekulationen gelassen zu begegnen und dafür einen unglücklichen Vergleich gewählt. „Ein Neandertaler geht morgens raus aus der Höhle zum Jagen und blendet alle Gefahren und Unwägbarkeiten aus. Sonst könnte er nicht rausgehen. Ähnlich ist es für einen Trainer“, sagte der Ex-Profi. Es klang, als wüsste er bereits, was wenige Tage später folgen würde.