Hamburg. Vorm Viertelfinale der Feldhockey-WM gab Tobias Walter als einziger Belgien-Legionär Tipps über den Gegner.

Sollte es unentschieden stehen am Ende der regulären Spielzeit des Viertelfinales, das bei der Feldhockey-WM im indischen Bhubaneswar an diesem Donnerstag (12.15 Uhr MEZ/DAZN) die Herren Deutschlands und Belgiens zusammenführt, dann ist eins klar: Besser vorbereitet als der deutsche Torhüter Tobias Walter wird niemand in das dann anstehende Penaltyschießen gehen. Das liegt zum einen daran, dass der deutsche Betreuerstab alle Spieler zwei Tage vor jeder Partie mit einer umfangreichen Datenbank über den kommenden Gegner versorgt. Zum anderen aber, und das ist der wichtigere Part, ist Walter der einzige Belgien-Legionär im Aufgebot von Bundestrainer Stefan Kermas. Als Tippgeber war der 28-Jährige am Mittwoch im Abschlusstraining deshalb besonders gefragt.

„Natürlich kenne ich die Belgier gut und weiß, welche Abschlüsse sie bevorzugen. Da ist es doch selbstverständlich, dass ich mich in die Vorbereitungen einbringe“, sagt er. Im Sommer war der selbstständige Unternehmer, der mit einem Geschäftspartner eine App entwickelte, die Jugendliche zu sportlichen Wettkämpfen zusammenbringt, vom Harvestehuder THC aus Hamburg zu den KHC Dragons gewechselt. Beim Serienmeister aus Brasschaat, einem Vorort von Antwerpen, ist er Stammtorhüter, die belgischen Auswahlspieler Florent van Aubel und Felix Denayer sind seine Teamkameraden. „Für mich ist es deshalb ein ganz besonderes Spiel“, sagt der Torhüter, der in Indien seine erste Feld-WM bestreitet.

Große Ehre

Dies als klare Nummer eins zu tun sei für sein Selbstvertrauen immens wichtig. „Es ist eine große Ehre und eine tolle Motivation, Stammtorwart zu sein. Für mein Spiel gibt mir das Sicherheit“, sagt er. In Belgien, wo er im Verein mit einem niederländischen Torwarttrainer zusammenarbeitet, werde mit deutlich mehr Raumdeckung verteidigt als beim HTHC. Weil auch die Nationalmannschaft dieses System bevorzugt, habe ihm das Training in der neuen Heimat in seiner Entwicklung geholfen. „Ich bin ein kompletterer Torhüter geworden“, sagt er. Aber auch die charakterbildende Komponente seines Auslandsaufenthalts, der mindestens bis zu den Sommerspielen 2020 in Tokio dauern soll, sei ihm wichtig. Mit seiner Freundin, die bei den KHC-Damen spielt, lebt Walter zwei Fahrradminuten vom Vereinsgelände entfernt zusammen. „Wir sind richtig toll aufgenommen worden und fühlen uns sehr wohl“, sagt er.

In Indien wird Walter von seinem Vater Wolfgang unterstützt, der 16 Jahre lang Bundesligatorhüter in Frankenthal war. Bei den Liveübertragungen der Vorrundenspiele wurde Wolfgang Walter ständig eingeblendet, weil er der einzige deutsche Fan inmitten Tausender jubelnder Inder war. „Zum Viertelfinale ist jetzt noch der Vater unseres Stürmers Niklas Wellen angereist. Dass mein Vater die ganze Zeit über hier ist, bedeutet mir viel, er war schließlich mein Vorbild“, sagt Tobias Walter.

Offensive Power

Ob es für seinen Erzeuger auf der Tribüne nach drei Siegen in der Vorrunde nun auch in der K.-o.-Runde Grund zum Jubeln geben wird? Tobias Walter ist davon überzeugt. „Ich erwarte ein sehr intensives, aggressives Spiel gegen einen Gegner auf Augenhöhe. Aber wir haben eine richtig starke Mannschaft, die extrem gut verteidigen kann und offensiv eine unglaubliche Power hat.“ Außerdem sei da ja noch die offene Rechnung von der Europameisterschaft im vergangenen Jahr, als man dem Olympiazweiten von Rio 2016 im Halbfinale unterlag – mit 2:4 nach Penaltyschießen. Der deutsche Torhüter hat alles dafür getan, dass sich ein solches Resultat nicht wiederholen wird.