Madrid/Buenos Aires. Duell der argentinischen Rivalen war extra nach Madrid verlegt worden. In der Heimat schlug River Plates Siegesfeier in Gewalt um.

Der majestätische Obelisk im Herzen von Buenos Aires leuchtete noch in Weiß-Rot, als kurz nach Mitternacht die Steine flogen. Das mehrstündige friedvolle Fest von Zigtausenden Fans des Libertadores-Cup-Champion River Plate schwenkte wegen einiger Chaoten sowie Tränengas und Gummigeschossen der resolut eingreifenden Polizisten in Panik um.

Tausende River-Fans feierten am Obelisken.
Tausende River-Fans feierten am Obelisken. © Imago/ZUMA Press

Rund 10.000 km entfernt hatten dagegen die "Millonarios" bei der Siegesfeier auf Madrids Zentralplatz Puerta del Sol sowie zuvor im Estadio Santiago Bernabeu beim Sanges-Wettstreit gegen die fanatischen Anhänger von Boca Juniors ein quälend langes Finale friedvoll beendet. Es war zumindest in Spaniens Hauptstadt ein würdiges Endspiel für alle Involvierten nach Wochen der Querelen, gegenseitigen Schuldzuweisungen und Anfeindungen.

300 Millionen TV-Zuschauer sehen Finale

Weil die neuen Helden mit dem Ex-Nürnberger Javier Pinola im Abwehrzentrum dem 2:2 im Hinspiel am späten Sonntag ein 3:1 (1:1, 0:1) nach Verlängerung zum vierten Triumph in Südamerikas wichtigstem Club-Wettbewerb folgen ließen. Dabei hätte der verhasste Stadtrivale am Ende mit nur noch neun Spielern auf dem Rasen ehrenhaft fast ein Wunder geschafft.

Und auch der teils konfus handelnde Kontinentalverband CONMEBOL, dessen Premiumprodukt den Rekordwert von weltweit selbstgeschätzt 300 Millionen TV-Zuschauern erreichte, wahrte sein Gesicht.

4000 Sicherheitskräfte in Madrid

Nach der Wurfattacke von River-Fans auf den Boca-Teambus am 24. November, dem anschließenden Absage-Chaos sowie der Flucht vor der Fangewalt am Rio de la Plata schrieb Spaniens Sportzeitung As noch am Sonntagabend: "River hat gewonnen, und auch Madrid!" Schließlich sollen sich die Zusatzeinnahmen für die spanische Hauptstadt aufgrund der Fan-Invasion aus Argentinien auf 60 Millionen Euro belaufen haben.

In der iberischen Metropole sorgten seit Tagen rund 4000 Sicherheitskräfte für Ruhe und Ordnung, gut 1500 mehr als beim heimischen Klassiker zwischen Real und dem FC Barcelona, weil Argentiniens Superclasico selbst fernab der Heimat "das Aufeinandertreffen mit dem größten Risiko in der Geschichte der Stadt" war, wie die Zeitung El Pais kommentierte.

Lionel Messi live im Stadion

James Rodriguez auf der Tribüne des Santiago Bernabeu.
James Rodriguez auf der Tribüne des Santiago Bernabeu. © Imago/ZUMA Press

Im Stadion wurden 62.282 Zuschauer, darunter auch Argentiniens Idol Lionel Messi (FC Barcelona) und Bayern Münchens kolumbianischer Star James Rodriguez, Augenzeuge einer dramatischen Partie, mit den im Gaucho-Fußball üblichen Mätzchen und (un)gesunder Härte, aber auch tollen Treffern und einer dramatischen Schlussphase.

Dario Benedetto (44.) hatte Bocas Überlegenheit im ersten Durchgang, Lucas Pratto (68.) dann die von River nach der Pause jeweils in Tore umgemünzt, ehe in der Verlängerung Wilmar Barrios (92.) mit einer Gelb-Roten Karte die "Gäste" und der Kolumbianer Juan Quintero (109.) mit einem Traumtor für River ins Hintertreffen brachten.

Juan Quintero (r.) knallte den Ball zur Vorentscheidung unter die Latte.
Juan Quintero (r.) knallte den Ball zur Vorentscheidung unter die Latte. © Witters

Für Boca folgten weitere bittere Minuten. Der eingewechselte Routinier Fernando Gago humpelte mit einem Achillessehnenriss, kurioserweise dem dritten seiner Karriere jeweils in Spielen gegen River Plate, vom Platz. Fast mit dem Schlusspfiff vergab Leonardo Jara mit einem Pfostenschuss den möglichen Ausgleich. Aus der anschließenden Ecke entwickelte sich der entscheidende Konter, den Gonzalo Martinez (120.+2) dann zum 3:1 abschloss.

River Plate fliegt zur Club-WM

River fliegt nun als Vertreter Südamerikas zur Fifa-Club-WM in die Vereinigten Arabischen Emirate, wo am Dienstag kommender Woche das Halbfinale ansteht, und vier Tage später wohlmöglich gegen Europas Champions von Real Madrid das nächste Erfolgskapitel in der Klubgeschichte geschrieben werden soll.

River Plate holte die Copa Libertadores zum vierten Mal.
River Plate holte die Copa Libertadores zum vierten Mal. © Witters

Bei Boca heißt es dagegen Wunden lecken. Auch wenn Klubchef Daniel Angelici bereits vor der Partie angekündigt hatte, wegen der gewalttätigen Vorfälle vor zwei Wochen einen Sieg am grünen Tisch vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS einzuklagen. Am Samstag war noch ein entsprechender Eilantrag abgelehnt worden.

Die Steine auf den Boca-Teambus und bei der Siegesfeier am Obelisk werden auch die CONMEBOL noch eine Zeit lang beschäftigen. Immerhin: In Madrid gab es einen Vorgeschmack auf das Finale im kommenden Jahr, das erstmals nach dem Vorbild Champions League in einem Spiel und an einem Ort (2019 in Santiago de Chile) ausgetragen werden soll.