Hamburg/Köln. Vor dem Spitzenspiel des HSV gegen Köln spricht der Sportchef des FC über seine Zeit in Hamburg und die Probleme in der Zweiten Liga.

Das waren noch Zeiten. Als Armin Veh im März 2011 nach einem 0:6 bei Bayern München in Hamburg seinen Hut als Trainer nehmen musste, hatte der HSV sechs Punkte Rückstand auf einen Europacupplatz. Die Freistellung war eine der letzten Amtshandlungen des damaligen Clubchefs Bernd Hoffmann, der kurz darauf selbst gehen musste. Wenn Veh, seit Ende 2017 Sportchef des 1. FC Köln, am Montag (20.30 Uhr) zum Topspiel der Zweiten Liga ins Volksparkstadion reist, trifft er wieder auf Hoffmann, der seit September wieder den Vorstandsposten beim HSV bekleidet.

Herr Veh, freut man sich als Sportchef auf so ein Topspiel oder überwiegt die Anspannung?

Armin Veh: Nein, ich freue mich schon. Nicht nur von der Tabellenkonstellation her und weil es in einem vollen Stadion sehr stimmungsvoll wird, sondern auch, weil ich viele gute Erinnerungen an Hamburg habe.

Haben Sie denn noch Kontakte hierher?

Bernd Hoffmann ist ja wieder da ... Und HSV-Sportchef Ralf Becker war mein Spieler in Reutlingen. Vor allem habe ich noch private Kontakte und Freundschaften abseits des Fußballs.

Sie haben es gesagt, Bernd Hoffmann ist zurück. Hat Sie das überrascht?

Ehrlich gesagt: nein. Wir haben in den Jahren immer mal miteinander gesprochen, und ich habe mir auch immer gedacht, dass er mit dem Fußball noch nicht durch ist. Er ist ja auch noch viel zu jung, um nichts zu tun. Seit seiner Rückkehr hatten wir aber noch keinen Kontakt.

In Hamburg heißt es, der HSV muss aufsteigen. Gilt das für Köln auch?

Das ist unser erklärtes Ziel. Aber wir gehen mit großer Demut ran. Wir wissen, dass es überhaupt nicht einfach wird.

Viele Kritiker sagen, das Niveau in der Zweiten Liga sei schwach...

Was heißt schwach? Im Pokal haben wir gegen Schalke, Union gegen Dortmund und Kiel gegen Freiburg gezeigt, wie gut die Zweitligisten mithalten können.

Es fällt auf, dass Köln und der HSV auswärts erfolgreicher sind als zu Hause.

Kämpfen und laufen und verteidigen können alle Mannschaften. Das macht es nie leicht. Außerdem haben die anderen Mannschaften immer den psychologischen Vorteil, dass sie nie Favorit sind. Es ist einfacher, wenn man nichts zu verlieren hat. Natürlich ist die individuelle Klasse der Spieler geringer als in der Bundesliga. Doch es gibt in der Zweiten Liga kein Team, das man im Vorbeigehen schlagen kann.

Sie kennen Hamburg und Köln: Kann man die Clubs, das Umfeld vergleichen?

Das ist schon sehr ähnlich, denke ich. Beides sind wirklich große Fußballstädte. Zwei große Traditionsvereine mit fantastischem Publikum. In Köln zählen der FC, der Dom und der Karneval.

Ist es denn in Köln ähnlich schnell unruhig wie in Hamburg? Der FC hat jetzt mit dem Pokalspiel gegen Schalke viermal nicht gewonnen, gegen Heidenheim gab es Pfiffe.

Gegen Schalke waren wir spielerisch die bessere Mannschaft. Das ist das, was für uns wichtig ist. Aber klar: Wenn der vermeintlich große Club gegen den vermeintlich kleinen Club spielt und es läuft nicht so, dann kommt im Publikum schneller Unruhe auf. Ob das angemessen ist, ist die Frage. Der Druck ist ohnehin schon groß genug.

Sie hatten vor sieben Jahren in Hamburg auf eine Vertragsverlängerung verzichtet, weil die Umstände zu „chaotisch“ waren.

Ja, das waren schwierige Zeiten damals. Da war zu viel Unruhe im Verein, im Vorstand. Zielgerichtetes Arbeiten war aus meiner Sicht nicht mehr möglich. Aber inzwischen ist viel Zeit vergangen, und es hat sich viel geändert. Ich weiß nicht, wie es jetzt beim HSV ist. Ich hoffe, besser.

Aber gerade wurde der sehr populäre Trainer Christian Titz entlassen.

Die Interna kenne ich nicht. Deshalb will ich dazu nichts sagen und kann es auch nicht beurteilen.

Der finanzielle Unterschied zwischen der Bundesliga und der Zweiten Liga wird immer größer. Kollegen wie St. Paulis An­dre­as Rettig wünschen da eine andere Verteilung. Wie sehen Sie und der 1. FC Köln das?

Es hat immer einen Unterschied bei den Einnahmen gegeben. Das muss auch so bleiben, schließlich ist das eine die Bundesliga und das andere die Zweite Liga. Man muss auch mal sehen, wie die Verteilung der TV-Gelder in anderen Ländern gehandhabt wird. Da sind wir in Deutschland noch sehr gut aufgestellt.

Wie schwer ist es für Sie als ehemaliger Trainer, nun als Sportchef nicht mehr aktiv eingreifen zu können im Spiel?

Gar nicht. Klar, mir geht es im Spiel manchmal wie wahrscheinlich jedem Fan, dass man sich Gedanken macht, ich würde jetzt diesen oder jenen Spieler bringen oder Ähnliches. Jetzt habe ich wesentlich andere Aufgaben, auf die ich mich konzentrieren kann. Trotzdem bin ich noch eng beim Trainer und der Mannschaft, das ist auch gut so.

Ist der Job als Sportchef schwieriger geworden? Verträge scheinen nur noch dafür da zu sein, maximale Ablösen zu erzielen, und nicht mehr, um sie einzuhalten. Sie haben Trainer Markus Anfang trotz Vertrages bis 2019 auch aus Kiel weggelotst.

Schwieriger denke ich nicht. Es ist anders. Aber alles im Leben ändert sich. Bei Ihnen im Journalismus geht es ja auch anders zu als noch vor ein paar Jahren. Die Kunst ist, sich an veränderte Bedingungen anzupassen. Inzwischen muss man damit rechnen, auch für einen Trainer Ablöse zu zahlen.

Als Sie im Dezember 2017 nach Köln gekommen sind, stand der Verein praktisch schon als Absteiger fest. Warum haben Sie den Job angenommen?

Weil ich glaube, dass der 1. FC Köln ein großartiger Verein ist. Natürlich war die Hoffnung da, dass wir es trotzdem noch schaffen, anderseits konnte man beizeiten anfangen, die Planungen für die Zweite Liga aufzunehmen.

TV-Hinweis: Bernd Hoffmann und Armin Veh sind am Sonntag (19.55 Uhr) zu Gast bei Sky90, Moderator ist Patrick Wasserziehr.