Hamburg. Der 20 Jahre alte Bielefelder schlägt auf dem schweren Weg zum Erwachsenwerden diese Woche in Hamburg auf.

Louis Wessels ist ein Mann, zu dem man aufschaut. Das geht kaum anders bei einem, der 2,01 Meter lang ist. Aber damit will sich der 20 Jahre alte Bielefelder in dieser Woche nicht zufriedengeben. Beim ITF-Futureturnier, bei dem er an diesem Dienstag im Leistungszentrum des Hamburger Tennisverbands in Horn zum Auftakt auf den Berliner Osman Torski (17) trifft, ist Wessels hinter dem Belgier Christopher Heyman an Position zwei gesetzt. Und auch wenn er die unter Leistungssportlern so beliebte Phrase drischt, nur von Match zu Match zu schauen: Als höchsteingestufter Deutscher ein Turnier in der Heimat zu bestreiten bringt die Verpflichtung mit sich, um den Titel wenigstens mitzukämpfen.

Dass Louis Wessels mit derlei Erwartungshaltung umzugehen weiß, ist noch nicht lange der Fall. Nach dem Abitur im vergangenen Jahr hatte der Hochbegabte, der zum Talentteam des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) zählt, einige Probleme, den Schritt vom Junioren- in den Erwachsenenbereich zu vollziehen. „Ich war vom Kopf her noch nicht bereit, Tennis als meinen Beruf anzusehen und alles darauf auszurichten“, sagt er. Spielerisch habe er im Training gespürt, mithalten zu können. „Aber in den Matches war ich oft nicht in der Lage, das umzusetzen.“

Problem von vielen jungen Spielern

Dieses Problem kennen viele junge Spieler, die als Jahrgangsbeste auf die Profitour drängen und plötzlich spüren, wie ihnen der Wind der Veränderung frontal ins Gesicht bläst. Auch Wessels setzte, angetrieben von seinen Eltern, zunächst auf eine gute Schulbildung, absolvierte das Abitur allerdings an einem Mannheimer Ferngymnasium, um ausreichend Zeit zum Training am Bundesstützpunkt Hannover zu haben. In Deutschland ist dieses Modell weit verbreitet, oft kommen Tennisspieler hierzulande erst mit Mitte 20 im Herrenbereich an. Umso wichtiger ist die Futureserie des Weltverbands ITF, zu der auch das vom DTB nun in Horn ausgerichtete Event zählt. Hier können Nachwuchsspieler auf unterer Ebene Erfahrung und Punkte für die Weltrangliste sammeln, um sich schrittweise auf der Challenger- und der ATP-Tour zu etablieren.

Bei Wessels sah es vor zwei Jahren so aus, als würde er diesen Zwischenschritt nicht benötigen. Im Juli 2016 erhielt er vom damaligen Turnierdirektor Michael Stich eine Wildcard für den Rothenbaum, wo er als 17-Jähriger prompt eine Runde überstand. Der Sieg im ersten Match auf ATP-Level brachte ihm mit 45 Weltranglistenpunkten einen perfekten Einstieg – und eine emotionale Verbindung zu Hamburg, das er als Lieblingsstadt bezeichnet. „Allerdings hat der Erfolg, der bis heute mein sportlich größter ist, auch falsche Hoffnungen geweckt, denn ich war noch nicht bereit für das Herrentennis. Mir fehlte die mentale Härte“, sagt der Fußballfan, der dem FC Bayern nahesteht, ehrlich.

„Siege geben Selbstvertrauen“

Diese glaubt er nach drei Turniersiegen auf der Futuretour im Spätsommer nun ausgeprägt zu haben. „Siege geben Selbstvertrauen“, sagt Louis Wessels, der aber auch über viele Gespräche mit seiner im Mentalcoaching bewanderten Mutter gewachsen ist. Nun will er im nächsten Schritt sein Aufschlag- und Returnspiel verbessern, um mittelfristig ein Mann zu werden, zu dem auch sportlich aufgeschaut wird.

Der Eintritt ist an allen Turniertagen (Finale Sonnabend, 13 Uhr) frei. Livestreams gibt es bei sportdeutschland.tv und auf der DTB-
Facebookseite, an diesem Dienstag auch auf der Hamburg-1-Internetseite.