Der Bayern-Trainer diskutiert rege mit Sportchef Salihamidzic über die aktuelle Krise. Findet Kovac einen Ausweg?

München. Nein, auch am Tag danach war Niko Kovac nicht zum Lächeln zumute. Seine Spieler machten beim Ausflug von Bayern München auf die Wiesn zumeist gute Miene zum bösen Spiel, doch der Trainer des derzeit wankenden deutschen Rekordmeisters wirkte emotionslos, auch, als ihm Sportdirektor Hasan Salihamidzic den Arm um die Schulter legte. Mit Salihamidzic und seinem Bruder und Co-Trainer Robert hatte Kovac am Vormittag noch heftig und gestenreich auf dem Clubgelände diskutiert.

Kovac weiß, was die Stunde geschlagen hat. Vier Pflichtspiele nacheinander sieglos, nun die zweite Niederlage nacheinander in der Bundesliga – in München heißt das normalerweise: Der Trainer ist in der Schusslinie. „Ich kenne die Mechanismen im Fußball, ich weiß, dass die Zeit beim FC Bayern anders läuft als anderswo“, sagte Kovac nach dem 0:3 (0:2) gegen Borussia Mönchengladbach. Drei Monate ist er im Amt, und schon tickt die Uhr.

Es ist offensichtlich, dass bei den Bayern derzeit der Wurm drin ist. Thomas Müller, erneut wirkungslos, sprach nach der erschütternden Leistung gegen Gladbach von einer „Mischung aus Fehlern, Unvermögen und eben einem gewissen Antilauf“, und ja, schlussfolgerte er: „Die Situation ist brutal.“ Gegen Gladbach setzte sich fort, was sich vier Tage zuvor beim 1:1 gegen Ajax Amsterdam in der Champions League schon angedeutet hatte: Die Münchner sind in der Spielgestaltung erstaunlich planlos.

Viele Fehler – Kovac wirkt ratlos

Gegen Gladbach hatten die Bayern mehr als 70 Prozent der Zeit den Ball, doch sie wussten nichts damit anzufangen. „Es ist nicht so, dass wir so viele Chancen versemmelt haben. Wir hatten einfach keine“, sagte Joshua Kimmich. Mats Hummel ergänzte: „Wir haben zu wenige Spieler in die Räume gebracht, wo es dem Gegner weh tut.“ Zugleich betonte er: „Wir lassen uns davon jetzt nicht verrückt machen.“ Allerdings: Der Trainer sollte langsam anfangen, Lösungen zu finden.

Kovac ist zumindest geschwächt. Nein, behauptete er, „ich bin nicht ratlos“, er wisse ja, „warum es nicht geklappt hat“. Es sei nicht gelungen, die Abwehr der Gladbacher „über außen“ zu überwinden, und „durch die Mitte schaffen wir es auch nicht“. Gegen Gladbach fanden die Münchner keine Lösung gegen eine gut verteidigende Mannschaft, gegen Ajax fanden sie keine Lösung gegen eine früh und hoch attackierende Mannschaft: Die Fälle der Planlosigkeit häufen sich.

Derzeit, sagte Mannschaftskapitän Manuel Neuer, sei der FC Bayern nicht der wahre FC Bayern, „das ist zu wenig“. Daran etwas zu ändern, „ist meine Verantwortung“, weiß Kovac, der trotz gegenteiliger Behauptungen ratlos wirkt – nicht zuletzt wegen der Fehler in der Defensive: Niklas Süle patzte beim 0:1 durch Alassane Plea (10.), Neuer mit einem riskantem Anspiel und Thiago mit einem Ballverlust beim 0:2 durch Lars Stindl (16.), die ganze Abwehr beim 0:3 durch Patrick Herrmann (88.).

Hat Bayern Fehler bei der Kaderplanung gemacht?

Mittlerweile ist auch die DNA des FC Bayern geschädigt, vom „Mia san mia“ ist wenig zu sehen. Seine Spieler seien ja auch nur Menschen, sagt Kovac, manchmal streike eben der Kopf. Der Trainer wiederum, sagt zumindest Kimmich, mache allerdings eine gute Arbeit: „Er versucht uns immer wieder zu pushen“, es sei „erstaunlich, wie selbstbewusst er trotzdem bleibt“, und genau das „brauchen wir jetzt, wir brauchen einen starken Trainer, dem das alles von außen nichts ausmacht“.

Wie stark Kovac noch ist, hängt allerdings maßgeblich von den internen Vorgängen ab. Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß und Hasan Salihamidzic haben dem Trainer einen Kader überlassen, der überaltert und ausgelaugt wirkt, in dem außerdem nach der Verletzung von David Alaba (Verdacht auf Muskelfaserriss) nur noch ein Außenverteidiger steht. Am Sonnabendabend haben sich Rummenigge, Hoeneß und Salihamidzic gedrückt: Keiner wollte Kovac öffentlich den Rücken stärken.