Hamburg. Die 39-Jährige spielt mit den deutschen Damen heute bei der Rollstuhlbasketball-WM um den Einzug ins Halbfinale.

So hatte Marina Mohnen sich das vorgestellt für ihr Comeback. Heim-WM, super Stimmung – und sportlicher Erfolg. Passt alles bisher. Für die 39 Jahre alte Centerspielerin ebenso wie für die deutschen Rollstuhlbasketballerinnen. Durch den überzeugend herausgespielten 58:42 (30:18)-Erfolg zogen die Damen von Bundestrainer Martin Otto ungeschlagen als Gruppensiegerinnen in das Viertelfinale an diesem Donnerstag (20.15 Uhr) gegen Spanien ein.

„Die Mannschaft hat genau das umgesetzt, was wir wollten. So, wie wir in der Verteidigung wieder lange Zeit gespielt haben, das hat mich sehr überzeugt. Das war heute auch die Grundlage für den Erfolg“, sagte Otto, „jetzt liegt der Fokus ab sofort direkt auf dem Viertelfinalspiel.“

Herausragende Leistung von Mareike Miller

Dass der Gegner Spanienist, damit hatten die Damen auf keinen Fall gerechnet. Doch Australien verspielte seinen Viertelfinalplatz durch eine 43:48-Niederlage im direkten Duell mit den Südeuropäerinnen. „Wir haben bei dieser WM schon so viele Überraschungen erlebt“, stellte Otto fest: „Wir müssen deshalb erneut unseren besten Basketball aufs Parkett bringen.

Ein Schlüssel zum Erfolg gegen die Chinesinnen war, dass Mareike Miller mit 24 Punkten erneut eine herausragende Leistung zeigte. „Wir waren hellwach und voll konzentriert“, sagte die Kapitänin aus Hamburg, „damit haben wir den perfekten Start mit fünf Siegen aus fünf Spielen geschafft.“ Marina Mohnen hatte diesmal einen „unglücklichen Tag“ und kam nur zu acht Punkten. „Klar, ich bin damit nicht zufrieden“, meinte sie, „aber solche Tage gibt es. Da darf man nicht drüber grübeln.“

Das Blatt kann sich schnell wenden

Mohnen ist erfahren genug, um zu wissen, wie schnell sich das Blatt auch wieder wendet. Schon gegen Spanien werden ihre Schusskünste wieder gebraucht werden, so wie am Sonntag gegen die USA, als sie unglaubliche 27 Punkte versenkte. Ohne Zweifel ist sie eine absolute Leistungsträgerin im deutschen Team, das in Hamburg bislang begeistert. Die 1500 Zuschauer am Mittwochmorgen, darunter neben Sozialsenatorin Melanie Leonhard zahlreiche laute und ausgelassene Schulkinder, feierten die Damen frenetisch. Auch Marina Mohnen, die schon so viel erlebt hat, genoss das Bad in der Menge und gab gerne Autogramme.

„Mich hat die Heim-WM gereizt, und die Stimmung ist jetzt so, wie ich es mir vorgestellt habe“, sagte die Wiesbadenerin. 40 Jahre alt wird sie im Oktober. Nach den Paralympischen Spielen 2016 hatte sie sich eigentlich aus der Nationalmannschaft verabschiedet. Eigentlich.

Mehrere „Fußgängerinnen“ im Team

„Ich brauchte nach Rio eine Pause“, erzählt sie. Seit 2005 spielt sie für die Nationalmannschaft und hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Außer dem WM-Titel. Also ... „Nein, ich bin nicht mit der Erwartung zurückgekommen, den Titel zu gewinnen. Die Niederlande sind der ganz klare Favorit“, sagt sie, „schon das Spiel gegen Spanien wird ein sehr schweres Spiel. Die sind offenbar gut drauf.“

Marina Mohnen ist eine der „Fußgängerinnen“ im Team. Sie hat eine ähnliche Geschichte wie Mareike Miller: begeisterte Basketballerin in der Jugend. Dann eine sehr schwere Kreuzbandverletzung mit 20 Jahren. Das Aus – als Fußgängerin. „Ich wollte nur weiter Basketball spielen, und glücklicherweise wurde in meiner Heimatstadt Bitburg gerade ein Team gegründet.“

„Ich knalle in die rein, die machen das auch“

Dass sie im normalen Leben nicht behindert ist, spielt bei ihrem Leistungssport keine Rolle. „Zunächst einmal musste ich lernen, Rollstuhl zu fahren“, erinnert sie sich, „zunächst sind alle nur an mir vorbeigeflitzt.“ Irgendwelche Hemmungen, harte Zweikämpfe mit schwerer eingeschränkten Kontrahentinnen auf dem Parkett zu führen, gibt es nicht. „Ich knalle in die rein, die machen das mit mir auch“, sagt Marina Mohnen, „das hier ist Leistungssport, da ist es egal, welche Klassifizierung einer hat.“

Der direkte Kontakt mit Sportlern mit unterschiedlich starken Einschränkungen habe ihr Leben bereichert, sagt sie. „Hemmungen werden abgebaut. Wenn ich Rollstuhlfahrer treffe, gucke ich erst mal, ob ich sie kenne. Oder ob sie nicht Basketball spielen möchten.“

Sie kennt beide Seiten

Ihr Sport hat der studierten Wirtschaftspädagogin auch den Weg ins Berufsleben geebnet. 40 Stunden pro Woche arbeitet sie im Hessischen Innen- und Sportministerium in der Abteilung für Behindertensport und Inklusion – ein Job, den sie wegen ihrer sportlichen Laufbahn als Para-Athletin bekommen hat. „Wir versuchen, auch behinderten Sportlern duale Karrieren zu ermöglichen“, sagt sie, „die Erfahrung, die ich habe, hilft enorm. Ich kenne beide Seiten, bin auch noch Sportler.“

In der Nationalmannschaft aber nur noch diese Woche. Dann soll wirklich Schluss sein. Am liebsten erst im Finale am Sonnabend: „Ich spekuliere schon auf eine Medaille.“ Ein erneutes Comeback zu den Paralympics 2020 in Japan kann sie sich nicht vorstellen. „Es wird von Jahr zu Jahr schwieriger, das Niveau zu halten, und in meinem Alter ist es auch schwierig mit der Fitness und Verletzungen“, sagt Marina Mohnen: „Irgendwann ist mal gut. Dann sind die Jungen dran.“

Die deutschen Herren spielen an diesem Donnerstag ab 19.45 Uhr in der Nebenhalle 2 gegen Südkorea um Platz 15.