Hamburg. Zum 30. Juni endet der Vertrag des Cheftrainers mit dem Profiboxstall Sauerland. Die Führungsetage will um ihn kämpfen.

Diplomat hätte er nie werden können. „Ich muss ehrlich sein“, ist ein Satz, mit dem Ulli Wegner (76) seine ausschweifenden Kommentare gern einleitet. „Unter diesen Bedingungen kann ich nicht weitermachen. Für Mittelmaß stehe ich nicht zur Verfügung“, sagt er dann auf die Frage, was werden soll, wenn sein Vertrag mit dem in Hamburg und Berlin ansässigen Profiboxstall Sauerland an diesem Sonnabend ausläuft.

Profiboxen bei Sauerland ohne den Mann, der mit seiner Reibeisenstimme seit 22 Jahren Anweisungen durch die Ringe bellt, die ihn zum Liebling der Fans und zum gefürchteten „Diktator“ seiner Sportler haben werden lassen? Kaum vorstellbar. Sauerland-Führungsetage will deshalb um Wegner kämpfen. „Mein Stand ist, dass Ulli mit Wilfried Sauerland verhandelt, wie es weitergeht“, sagt Geschäftsführer Frederick Ness (48).

Fakt ist: Mit Stallgründer Wilfried Sauerland (78), der seinen Lebensabend in Südafrika genießt, hat Wegner einst einen Vertrag auf Lebenszeit geschlossen. Der Patriarch, der seinen Söhnen Kalle (41) und Nisse (39) die Geschäfte übergeben hat, ist weiter Wegners wichtigster Ansprechpartner. Als im vergangenen Jahr die Entlassung von Wegners Assistent Georg Bramowski drohte, schlug der Chefcoach, der auf seinen wichtigsten Helfer nicht verzichten wollte, den eigenen Abgang Ende Juni dieses Jahres vor.

Ness kann Wegners Vorwürfe nicht nachvollziehen

Man einigte sich darauf, Gespräche zu führen, wenn die Zeit gekommen wäre. Nun, da es so weit ist, hat Wegner entschieden, Schluss zu machen, zumindest als angestellter Chefcoach. „Zwei, drei Jahre könnte ich noch arbeiten. Aber so, wie es seit einigen Monaten läuft, gefällt es mir nicht mehr. Es gibt kein System, keine Struktur, niemand kann mir einen Plan für die kommenden Jahre aufzeigen“, sagt er.

Ness, der zum 1. Juli die Geschäftsführung verlässt, seine Aufgaben aber als Freiberufler weiterführen will, kann Wegners Vorwürfe nicht nachvollziehen. Das Trainingsgym in Berlin bleibe erhalten, so wie es Wegner gefordert hatte, zudem habe man dem Chefcoach zuletzt neue Talenten zugeführt. „Wir vertrauen Ulli und wollen mit ihm weitermachen“, sagt Ness.

Tatsächlich betreut Wegner mit Schwergewichtler Albon Pervizaj (22/Hamburg) und Weltergewichtler Abass Baraou (23/Aalen) zwei Hoffnungsträger. Wegner hat aber bisher nur dem bulgarischen Schwergewichtler Kubrat Pulev (37) versprochen, ihn weiter zu betreuen. Eins ist ihm wichtig: „Trainer zu sein ist mein Leben. Aber so, wie es jetzt läuft, geht es nicht mehr.“