Paris. Bei den French Open sprach Steffi Graf auch über ihre wichtigsten Titel und ihren Respekt vor Serena Williams.

Neben dem noch aktiven US-Star Serena Williams (36) ist Stefanie („Steffi“) Graf (48) aus Brühl die erfolgreichste Tennisspielerin der modernen Ära. Die deutsche Ausnahmespielerin gewann 22 Grand-Slam-Titel, den letzten davon 1999 bei den French Open. Am vergangenen Wochenende kehrte Graf als Botschafterin des internationalen Jugendturniers „Longines Future Tennis Aces“ nach Paris zurück – gemeinsam mit Ehemann Andre Agassi (48). Mit dem wie sie einst erfolgreichen Ex-Tennisprofi sowie den beiden Kindern lebt sie den USA.

Frau Graf, zurück in Paris, zur Turnierzeit der French Open. Wie erinnern Sie sich zurück an Ihren letzten dramatischen Roland-Garros-Sieg, 1999 gegen Martina Hingis?

Stefanie Graf: Es war ein unglaublicher Moment, ein verrückter Sieg. Weil ich nicht damit gerechnet habe und weil ich in diesem Finale auch schon weit zurücklag. Dieser Titel ist einer der schönsten in meiner Karriere gewesen, er bleibt unvergesslich.

In Paris gewannen Sie auch Ihren ersten Grand-Slam-Pokal, mit 17 Jahren gegen die große Martina Navratilova.

Graf: Ja, Paris war in gewisser Weise der Anfang und das Ende meiner Grand-Slam-Erfolge. Gegen Martina diesen Titel zu holen, das war schon sehr speziell und aufregend. Mit 17 kann man selbst noch gar nicht genau einschätzen, was das wirklich bedeutet – eins dieser Major-Turniere zu gewinnen. Es wurde mir erst viel später klar, was ich da eigentlich erreicht hatte.

Die French Open gelten als schwerstes aller Grand-Slam-Turniere. Sie haben sechsmal in Paris gewonnen, am Ende auch mit der Unterstützung des nicht immer einfachen Publikums.

Graf: Bei diesem letzten Sieg haben mich die Pariser eigentlich zum Sieg getragen, die Atmosphäre war unbeschreiblich. Das Turnier ist eine große Strapaze, man muss mental und physisch einen wirklich harten Weg gehen.

Die Spielerinnen verfügen heute allerdings über ganz andere Möglichkeiten, um ihre beste Leistung zu bringen. Viele sind mit ganzem Trainerstab unterwegs.

Graf: Tennis hat sich in den vergangenen zehn Jahren noch einmal ganz stark professionalisiert. Die Spielerinnen sind noch besser ausgebildet, sie sind top austrainiert, haben oft gleich mehrere Coaches. Hinzu kommt das moderne Schlägermaterial. Es unterstützt dieses deutlich athletischer gewordene Spiel immens.

Steffi Grafs Rückhand war bei den
Gegnerinnen gefürchtet
Steffi Grafs Rückhand war bei den Gegnerinnen gefürchtet © picture alliance

Ist es heute schwerer geworden, eine Karriere im Tennis zu entwickeln, einen Platz in der Weltspitze anzupeilen?

Graf: Das Niveau ist schon sehr, sehr hoch geworden. Und es gibt einfach mehr wirklich gute Kids, die diesen Weg gehen wollen. Wenn man sieht, wie schon Zwölfjährige heute körperlich ausgebildet sind, mit welcher Athletik sie spielen, dann kann man ermessen, wie hart es ist, einmal in die Spitze zu kommen.

Serena Williams, im vergangenen Jahr erstmals Mutter geworden, versucht sich an einem Comeback. Was trauen Sie ihr ganz allgemein zu?

Graf: Serena hat bislang in ihrer Karriere Großartiges gezeigt. Sie hat den Ehrgeiz und den Willen, um auch jetzt Außergewöhnliches zu erreichen. Natürlich hängt vieles davon ab, ob sie verletzungsfrei bleibt und nicht weitere Rückschläge hinnehmen muss. Aber ich traue ihr noch einiges zu.

Angelique Kerber, die an diesem Mittwoch um 14 Uhr im Viertelfinale gegen die Weltranglistenerste Simona Halep aus Rumänien spielt, scheint ihre Krise des Vorjahres weggesteckt zu haben.

Graf: Das sieht wirklich so aus. Sie hat wieder den Glauben an sich selbst gefunden, spielt mit Selbstbewusstsein und Sicherheit. Mir imponiert ihre Willenskraft und Leidenschaft.

In den vergangenen Jahren war ja, nicht nur wegen Kerber, von einem zweiten deutschen Fräuleinwunder die Rede.

Graf: Das habe ich natürlich mit ganz großer Freude gesehen. Über Jahre gab es diese tollen Erfolge der Mädels, die Grand-Slam-Titel von Angie, Turniersiege der anderen Spielerinnen. Da muss man speziell Bundestrainerin Barbara Rittner danken für ihre Aufbauarbeit, die sie geleistet hat.

Wie viel bekommen Sie vom großen Tennis eigentlich noch mit?

Graf: Ich bin schon informiert, aber ich bin nicht jeden Tag vorm Fernseher, um Matches zu schauen.

Und wie viel Tennis spielen Sie noch? Gehört es zu Ihrem Fitnessprogramm?

Graf: Das ist sehr selten geworden. Ich glaube, ich habe genug Tennis gespielt in meinem Leben. Wenn ich mal spiele, dann meist gemeinsam mit Andre für seine Stiftung.