Indian Wells. In Indian Wells ist der Hamburger Tommy Haas Turnierdirektor. Sein Karriereende als Tennis-Profi hat er noch nicht verkündet.

Was macht man als Turnierdirektor in Indian Wells, wenn in einem der führenden Restaurants des Tennis Gardens das Wiener Schnitzel als Weiner Schnitzel angeboten wird? Normalerweise schickt man jemanden, der sich darum kümmert, aber als erklärter Liebhaber des Schnitzels, Freund des Küchenchefs und halber Österreicher (Vater Peter stammt aus Graz) übernahm Tommy Haas die Aufgabe selbst. Das müsse sofort korrigiert werden, ordnete er an, und so geschah es. In seinem zweiten Jahr als sportlicher Leiter des fünftgrößten Tennisturniers der Welt fallen ihm noch mehr Dinge auf als bei der Premiere, und das wird in Zukunft wohl so weitergehen; Haas hat nicht vor, den Job so schnell wieder herzugeben.

Wenn es nach dem großen Chef gegangen wäre, Milliardär Larry Ellison, dem der Tennis Garden und das Turnier gehören, dann hätte man ihn in diesem Jahr noch mal in einer aktiven Rolle auf dem Platz als Spieler in Indian Wells gesehen. „Er wollte unbedingt, dass ich dieses Jahr hier noch spiele. Er hat gesagt: Ich mache Turnierdirektor, und du spielst. Aber ich hab’ gesagt: Das müssen wir jetzt nicht unbedingt machen.“ Denn im Prinzip ist die Sache so, dass er seine Karriere als beendet betrachtet.

Eigentlich ist es vorbei

Spielen könne er noch, sagt Haas bei einem Gespräch in seinem Büro mit ein paar schönen Fotos seiner Frau und der beiden Töchter rechts vom Schreibtisch. Aber das ganze Drumherum – Training, Leben wie ein Athlet, fit sein –, das wolle er nicht mehr. „Eigentlich ist es vorbei, aber ich habe noch nicht offiziell gesagt, dass ich fertig bin. Ich hatte nicht das Gefühl, nicht mehr mithalten zu können, aber du brauchst ein gewisses Ranking. Dieses Ranking hatte ich nicht mehr, und auf Wildcards hatte ich auch keine Lust mehr – auch wenn mir Leute das anbieten.“

Ein klares Wort zum Thema Ende der Karriere hat er bisher nicht gesprochen, weil er über ein offizielles Abschiedsspiel irgendwo in Deutschland nachdenkt, in welcher Form auch immer. Und weil er sich ein Hintertürchen offen lassen will, vielleicht bei einem deutschen Turnier noch mal im Doppel anzutreten. Dazu müsse man nicht unbedingt topfit sein oder drei Monate trainiert haben, das gehe mit Gefühl und Erfahrung. Fest steht, dass er bei sechs Spielen der ATP Champions Tour antreten wird, einer Turnierserie für ehemalige Profis, und darauf freut er sich. „Das wird eine schöne Zeit, ich komme an Orte, wo ich noch nicht war. Und ich kann meine Töchter mitnehmen, damit sie den alten Papa noch mal ein bisschen spielen sehen.“

Spieler können sehr fordernd sein

Bis Ende dieser Woche wird der alte Papa anderweitig beschäftigt sein. Er staunt immer noch manchmal darüber, wie viele große Kleinigkeiten im Laufe eines Turniers und auch schon in den Monaten davor zu beachten und zu regeln sind, und er findet, jeder Spieler sollte mal ein paar Tage hinter den Kulissen erleben, um größeres Verständnis für die Rahmenbedingungen seines beruflichen Umfeldes zu entwickeln. Indian Wells ist stolz darauf, ziemlich regelmäßig als eines der besten und beliebtesten Turniere ausgezeichnet zu werden, aber es gibt dennoch immer Spieler, die von allem mehr fordern. Wie man darauf reagiert? „Man muss versuchen zu sehen, wer ist wer, was haben sie erreicht? Einige Spieler haben einiges verdient; denen wollen wir das geben, wonach sie fragen. Aber klar muss man ab und zu sagen: Sorry, jetzt reicht’s. Spielern, denen es finanziell gut geht, kann man sagen: Wenn Du das haben willst, dann mach es selber.“

Eine knifflige Phase in der Kommunikation liegt außerhalb der beiden Turnierwochen. Wenn es um die Vergabe der so genannten Wildcards geht, dann sitzt Haas in der Zwickmühle, weil er für die meisten Spieler bis vor Kurzem ein Kollege war. Und von einem Kollegen erhofft man sich nun mal ein gewisses Verständnis. Haas sagt, manchmal könne er nur staunen, wer sich da melde. „Da fragt man sich: Wo kommst du jetzt auf einmal her? Irgendeiner der meint, mit 43 hätte er das Tennis neu gelernt und dann permanent anruft und anfragt.“

Aber diese Probleme sind erledigt, wenn das Turnier läuft und wenn alle Schnitzel korrekt ausgezeichnet sind. Natürlich hat der Herr Direktor in den beiden Wochen zu wenig Bewegung und isst zuviel, aber grundsätzlich geht es Tommy Haas besser als an den meisten Tagen seiner von zahlreichen Verletzungen und Operationen begleiteten Karriere.

Wenn er aufwacht, tut ihm nichts weh, und das ist ein Zustand, den nur wenige aktive Spieler kennen.