Das Bild der olympischen Familie bemüht das Internationale Olympische Komitee (IOC) gern, wenn es den Zusammenhalt des Weltsports bekräftigen möchte. Und weil eine Familie zusammenhalten sollte, bekommen auch die schwarzen Schafe zu Recht neue Chancen, in ihren Schoß zurückzukehren. Dass das IOC am Mittwoch die als Konsequenz aus dem Staatsdoping bei den Winterspielen 2014 verhängten Sanktionen gegen Russland wieder aufhob, hat deshalb niemanden überrascht.

Befremden aber muss die Nachgiebigkeit schon, denn Familienleben darf niemals nur auf Kosten der unbescholtenen Mitglieder gehen. Wer, wie die Russen, der Integrität des Sports so nachhaltig geschadet hat, der sollte vor der Begnadigung durch das Oberhaupt nicht nur ehrliche Reue zeigen, sondern auch durch seine Taten beweisen, dass er geläutert ist. Russland hat bis heute die Ergebnisse der Ermittler zum Betrug in Sotschi 2014 nicht anerkannt. Und selbst als in den vergangenen zwei Wochen in Pyeongchang die noch nicht positiv getesteten russischen Athleten unter neu­traler Flagge starten durften, schafften sie es nicht ohne Dopingfall durch die Bewährungszeit. Zwei der vier ertappten Sünder waren Russen. Und die Nachtests stehen noch aus.

15 Millionen Dollar Strafe haben die Russen ans IOC gezahlt. Der Eindruck, mit Geld ließen sich auf Kosten der Moral alle Probleme lösen, wird das verloren gegangene Vertrauen weiter schwächen. Wenn eine Familie ihre schwarzen Schafe auf dem Tisch tanzen lässt, anstatt sie zu zähmen, muss sie sich nicht wundern, wenn immer weniger Mitmenschen mit ihr zu tun haben möchten.