Bremen. Der Stadtstaat Bremen darf die DFL für Hochrisikospiele wie das Nordderby zur Kasse bitten. Grindel und Watzke schütteln den Kopf.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen hat die Gebührenforderungen des Bundeslandes Bremen an die Deutsche Fußball Liga grundsätzlich für rechtens erklärt. Damit darf die Hansestadt den Verband an Mehrkosten für Polizeieinsätze bei sogenannten Rot- oder Hochrisikospielen der Bundesliga beteiligen. Die DFL hatte sich im Mai 2017 vor dem Verwaltungsgericht Bremen mit einer Klage gegen einen Gebührenbescheid durchgesetzt. Dieses Urteil wurde nun im Berufungsverfahren kassiert.

Die Fußballspiele seien auch aufgrund der Sicherheitsleistungen der Polizei wirtschaftlich erfolgreich, begründete das Gericht seine Entscheidung. Eine Kostenbeteiligung sei nicht allein deshalb auszuschließen, weil die Sicherheit Kernaufgabe des Staates sei. Voraussichtlich geht der Streit nun vor dem Bundesverwaltungsgericht weiter. Eine Revision wurde zugelassen.

Grindel und Watzke reagieren mit Unverständnis

Der Deutsche Fußball-Bund reagierte mit Unverständnis auf das Urteil. "Es bleibt Aufgabe des Staates, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Der Fußball ist nicht Störer. Störer sind Gewalttäter, die die Plattform des Fußballs ausnutzen. Der Kampf gegen Gewalt darf nicht privatisiert und kommerzialisiert werden, sondern ist Aufgabe der Polizei“, sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel.

"Die Spiele in Bremen mit Kostenerstattungsanspruch der Stadt waren alle im Vorfeld ausverkauft. Das Argument des Oberverwaltungsgerichts, die Polizei trage zum wirtschaftlichen Erfolg bei, ist deshalb abwegig“, sagte Grindel dazu. Die DFL hat bereits einen Einspruch gegen dieses Urteil beim Bundesverwaltungsgericht Leipzig angekündigt.

Auch Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke kann das Urteil des Bremer Oberverwaltungsgerichts nicht ganz nachvollziehen. "Ich habe, ehrlich gesagt, relativ wenig Verständnis dafür“, sagte Watzke vor dem Abflug der BVB-Mannschaft zum Europa-League-Rückspiel bei Atalanta Bergamo. Er hoffe, dass "das nicht nur auf den Fußball bezogen wird, sondern dass auch alle anderen, Volksfeste und andere Aktivitäten, anteilig mit Kosten belastet werden".

Innenminister erfreut über Urteil

Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) bezeichnete die Entscheidung dagegen als "wesentlichen Etappensieg" und Erfolg "auf voller Breite. Alle Argumente der DFL sind hinfällig. Es kann nicht angehen, dass die einen Millionen verdienen im Profifußball und dass die Steuerzahler mit immensen Polizeikosten überzogen werden".

Der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz, ergänzte: "Die zunehmende Wirtschaftskraft der Profivereine und der Deutschen Fußball Liga gibt es durchaus her, dass Clubs und DFL an den Kosten für Hochrisikospiele beteiligt werden."

Hamburg und HSV reagieren gelassen

Der Hamburger Senat hält indes an seiner Haltung fest. "Wir werten das Urteil aus Bremen jetzt zunächst aus, es ist im Übrigen auch nicht letztinstanzlich. Die bisherige Haltung Hamburgs ist ja bekannt, wonach eine Beteiligung der Sportvereine oder der DFL an den Sicherheitskosten bei Polizeieinsätzen derzeit nicht geplant ist“, teilte die Behörde für Inneres und Sport am Mittwoch mit.

Auch der HSV sieht vorerst keine Veränderungen auf sich zukommen. "Wir werden die Begründung des Urteils und das weitere Verfahren abwarten. Derzeit sehen wir keine Handlungserfordernisse", sagte Frank Wettstein, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des HSV.

Polizei schickt regelmäßig Bescheide an die DFL

Der Streit zwischen Bremen und der Fußball Liga dreht sich um die Frage, ob der Profifußball an den Kosten für polizeiliche Mehrkosten bei sogenannten Rot- oder Hochrisikospiele beteiligt werden darf. Bei solchen Spielen – wie etwa dem am Sonnabend in Bremen ausgetragenen Nordderby zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV – entstehen angesichts potenzieller Fankrawalle erhebliche Mehrkosten für verstärkte Polizeieinsätze.

Die Bremer Polizei schickt seit 2015 regelmäßig Gebührenbescheide an die DFL, die das operative Geschäft des Ligaverbandes führt, dem die 36 Vereine und Kapitalgesellschaften der ersten und 2. Bundesliga angehören. Inzwischen sind für mehrere Spiele rund zwei Millionen Euro aufgelaufen.

Konkret ging es um Nordderby gegen HSV

Vor Gericht ging es exemplarisch um die Partie Werder gegen den HSV vom 19. April 2015. Damals war es zu einer Massenschlägerei zwischen 50 bis 60 Hamburger und 120 Bremer Chaoten gekommen, es gab mehrere Verletzte und erhebliche Sachschäden.

Laut Polizei waren 969 Beamte im Einsatz, die 9537 Arbeitsstunden geleistet haben. Bei einem normalen Bundesligaspiel sind etwa 200 bis 250 Polizisten vor Ort am Weserstadion. Die Stadt schickte nach dem HSV-Spiel einen Gebührenbescheid über 425.718,11 Euro an die DFL.

Dagegen klagte die DFL und bekam im Mai vorigen Jahres vom Verwaltungsgericht Bremen Recht, das den Bescheid für rechtswidrig erklärte. Das änderte nun die nächste Instanz. Gestritten wurde zudem über fünf weitere Partien. Die eingeforderten Kosten belaufen sich mittlerweile auf knapp zwei Millionen Euro.