Schlussläufer Peiffer verballert eine komfortable Führung. Der Biathlet nimmt die Schuld für die verpasste Medaille auf sich.

Pyeongchang. Als die Entscheidung die Runde macht, jubeln und hüpfen die Italiener Arm in Arm im Kreis. Arnd Peiffer, der nur wenige Meter entfernt vor der Umkleidekabine im Alpensia-Stadion steht, senkt enttäuscht den Kopf. „Ich habe es versaut. Es tut mir unendlich leid für meine drei Mitstreiter. Sie haben einen Super-Job gemacht“, sagt der konstanteste deutsche Biathlet der letzten Jahre.

Am Dienstag hatte er in der olympischen Mixedstaffel allerdings einen rabenschwarzen Tag erwischt. Statt der greifbaren Goldmedaille blieb dem deutschen Quartett nur der undankbare vierte Platz hinter Frankreich, Norwegen und Italien. Dass auch noch ein Protest vom Weltverband IBU abgeschmettert wurde, verstärkte die Enttäuschung über den bitteren sportlichen Ausgang.

Einspruch abgelehnt: Kuriose Begründung

Beim Spurt um Bronze hatte der Italiener Dominik Windisch den Zielkorridor gewechselt und damit den deutschen Schlussläufer zum Ausweichen gezwungen. Bundestrainer Mark Kirchner hob sofort die Hand und signalisierte am Schießstand, dass dies eine verbotene Aktion gewesen sei.

Es folgte ein Protest sowie eine halbstündige Beratung der Wettkampf-Jury. Diese lehnte jedoch den Einspruch ab mit der kuriosen Begründung, dass Peiffer durch Windischs Spurwechsel kein Tempo verloren gegangen wäre. Eine Argumentation, die bei den deutschen Skijägern für Unverständnis sorgte. Von den Zuschauerrängen gab es sogar Buhrufe.

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„Für mich ist das ein ganz klarer Regelverstoß gewesen, der eine Disqualifikation hätte nach sich ziehen müssen“, sagt Erik Lesser. Der Thüringer hatte einen ebenso starken Auftritt wie Vanessa Hinz und Laura Dahlmeier hingelegt und als Führender an Peiffer übergeben. „Offenbar geht die IBU aber ziemlich lax mit ihren eigenen Regeln um. Da hätte ich mir ein bisschen mehr ‘Cojones’ gewünscht.“

Aus seiner Sicht wird durch diese Entscheidung künftigen unsauberen Aktionen Tür und Tor geöffnet. „Wenn das Rennen ohne Scharmützel so ausgegangen wäre, wären wir gewiss traurig gewesen. So aber bin ich vor allem enttäuscht, dass die IBU faire Sportler alleine lässt.“

Deutsche fühlen sich um Bronze betrogen

Unterstützung erhielt Lesser von Dahlmeier, die bekräftigt: „Es gibt Regeln, die eingehalten werden müssen – so hart es auch ist. Man darf keine zwei Korridore benutzen. Dadurch bleibt ein fader Beigeschmack.“ Startläuferin Hinz erklärt: „Auf diese Art und Weise meine erste Olympia-Medaille zu verlieren, ist doppelt hart. Dominik wäre auf den letzten 50 Metern vermutlich sowieso der Schnellere gewesen. Wie er es aber gemacht hat, war unfair.“

Und Peiffer meint in Richtung Wettkampf-Jury: „Dass ich kein Tempo verloren habe, stimmt nicht. Ich musste natürlich Schub rausnehmen, um auf die andere Seite zu kommen.“

Doch er stellt klar, dass diese Diskussion seine schwache Leistung keinesfalls überlagern soll: „Ich hatte alle Trümpfe in der Hand und habe es völlig vergeigt – sowohl auf der Strecke als auch am Schießstand. Das ärgert mich am meisten“, sagt der Mann, der neun Tage zuvor noch Sprint-Olympiasieger geworden war – und das ohne einzigen Fehlschuss. Gestern benötigte er schon im Liegendanschlag zwei Extrapatronen und musste nach der Stehendprüfung sogar eine Strafrunde drehen. Drei Nachlader hatten nicht ausgereicht.

Peiffer sucht nicht nach Ausreden

Dass Peiffer zunächst gar nicht für die Mixedstaffel vorgesehen war, macht die Sache umso tragischer. Nur weil Simon Schempp am Dienstagmorgen über Halsschmerzen geklagt hatte, musste der Niedersachse einspringen. Von seinem Einsatz erfuhr er rund sieben Stunden vor Rennbeginn.

Vanessa Hinz tröstet nach dem Zieleinlauf Manschaftskamerad Arnd Peiffer
Vanessa Hinz tröstet nach dem Zieleinlauf Manschaftskamerad Arnd Peiffer © dpa | Hendrik Schmidt

Aber auch das will er nicht als Ausrede gelten lassen und entschuldigt sich für seinen Fauxpas: „Ich kann mir nicht erklären, was los war. Ich hatte eine unheimliche Bewegung auf der Waffe. Auch läuferisch war es ziemlich hölzern“, gesteht der 30-Jährige und verlässt mit hängenden Schultern das Stadion.

Selbst Zimmerkollege Lesser dürfte es schwer fallen, ihn aufzurichten.