Bischofshofen. Während Deutschlands bester Skispringer mit Hüftprellungen abreist, kriegt sich Bundestrainer Schuster noch immer kaum ein.

Als der Tournee-Tross aus Innsbruck zum großen Finale nach Bischofshofen aufbrach, fuhr Richard Freitag nach Hause. Nach der Bruchlandung am Bergisel ließ sich Deutschlands bester Skispringer in seine Wahlheimat Oberstdorf chauffieren, um die Wunden zu lecken und die Medaillenchancen für die Olympischen Spiele in Pyeongchang (9. bis 25. Februar) zu wahren. "Das ist zwar bitter, aber da es in der Saison noch einiges zu holen gibt, wäre es unklug, nicht auf den eigenen Körper zu hören", sagte Freitag.

Die Entscheidung, die Vierschanzentournee zu verlassen, fiel nach dem Frühstück am Freitag. "Aktuell macht Skispringen keinen Sinn für mich", teilte der 26-Jährige nach Rücksprache mit dem Mannschaftsarzt Dr. Mark Dorfmüller mit. "Ich kann weder in die Anfahrtshocke gehen noch dynamisch einen Sprung auslösen."

Freitag will beim Weltcup wieder dabei sein

Lange soll Freitags Pause jedoch nicht dauern, selbst ein Start beim nächsten Weltcup in Kulm am 12. Januar erscheint trotz der schmerzhaften Hüftprellungen möglich. Die Skiflug-WM in Oberstdorf (19. bis 21. Januar) ist nicht in Gefahr. Noch auf dem Heimweg schickte Freitag über die Sozial-Netzwerke eine Videobotschaft an seine Fans: "Sobald es wieder geht, will ich zurück auf die Schanze. Das sollte hoffentlich ganz zügig gehen."

Bis dahin wird auch Werner Schuster seine Fassung wiedergefunden haben, nach Freitags fatalem Sturz in Innsbruck fiel dies dem Bundestrainer noch sichtlich schwer. Selbst der Sprung von Andreas Wellinger auf Platz zwei der Gesamtwertung tröstete den DSV-Coach kaum. "Bis jetzt lief die Vierschanzentournee ziemlich gut nach Plan. Jetzt hat sie wieder eine Geschichte geschrieben - leider keine positive", sagte Schuster.

Bundestrainer legt mit Kritik nach

Schon während des Springens hatte Schuster auf die Jury geschimpft, Stunden später legte er nach. Im Fokus: Geir Steinar Löng, als Technischer Direktor verantwortlich für den Wettkampf. Der Norweger war schon im Dezember im Einsatz, als Svenja Würth beim Frauen-Weltcup in Hinterzarten schwer gestürzt war. "Es ist der gleiche Mann", sagte Schuster.

Jener Löng habe "eine andere Philosophie, wie man Skispringen präsentiert", so Schuster. Diese habe "das Ganze verschärft". Freitag, bis dahin Zweiter der Gesamtwertung, war nach Ansicht des Bundestrainers mit zu viel Anlauf losgeschickt worden. Das Risiko, durch seine Worte als schlechter Verlierer dazustehen, bezeichnete Schuster selbstbewusst als "gleich null", seine Kritik sei sachlich. "Die würde ich auch noch 17-mal wiederholen. Da stehe ich dahinter", sagte er.

Schuster verteidigt seine Entscheidung

Schuster gab aber gleichzeitig zu, dass Freitag einen Fehler gemacht habe – anders als Kamil Stoch. Der Pole stand kurz nach dem DSV-Adler mit einer Mischung aus Glück und Können einen Sprung auf fast dieselbe Stelle. "Richards Sprung war nicht viel schlechter. Wenn einer derzeit Kamil schlagen kann, dann er. Daher war das ein bitterer Tag", sagte der Bundestrainer.

Gleichzeitig verteidigte Schuster seine Entscheidung, nicht selbst den Anlauf verkürzt zu haben. "Die FIS übt hier sehr starken Druck auf uns Trainer aus. Der Springer muss dann ja 95 Prozent der Hillsize (in Innsbruck 123,5 m, Anm.d.Red.) erreichen", sagte er. Gelingt dies nicht, gibt es keine Bonuspunkte für die Verkürzung. Genau das habe er bei Freitag angesichts der ständig wechselnden Windverhältnisse befürchtet. "Aber ich werde darüber hinwegkommen", sagte Schuster.