Hamburg. Halbfinale und Finale in der Barclaycard-Arena müssen ohne die deutschen „Ladys“ auskommen. Was für eine vertane Chance!

Am Dienstagvormittag richtete der Deutsche Handballbund (DHB) den Blick schon wieder weit nach vorn: Am Donnerstag, 10 Uhr beginne die sogenannte Presale-Phase für die WM der Männer 2019, teilte der Verband mit. Für sämtliche deutschen und dänischen Spielorte gehen dann auf www.handball19.com die ersten Ticketkontingente in den Online-Verkauf.

„Wir gehen davon aus, dass wir in den Großstädten Berlin, München, Köln und Hamburg bestens gefüllte Arenen erleben werden“, ließ sich Mark Schober, der DHB-Vorstandsvorsitzende, zitieren. Das ist keine vermessene Aussage. Die Bilder euphorisierter Fanmassen bei der Heim-WM vor gut zehn Jahren sind noch in bester Erinnerung.

Emmys Tagebuch: Die totale Enttäuschung

Nur eine Stunde zuvor hatte der DHB eine weitere Pressemitteilung versendet. Inhalt: Für das Viertelfinale der Frauen-WM an diesem Dienstag- und Mittwochabend in Leipzig und Magdeburg sind noch Karten in allen Kategorien erhältlich. Je zwei Weltklassespiele gibt es bereits zum Preis von 17,50 Euro. Schober: „Wir wünschen uns eine stimmungsvolle Atmosphäre auf den Tribünen.“

Darum hätte er sich sicherlich nicht sorgen müssen, wäre die deutsche Mannschaft am Sonntag nicht im Achtelfinale mit 17:21 an Dänemark gescheitert. Der Traum von der Endrunde in der Barclaycard-Arena ist damit hinfällig. Aber ist nach dem deutschen WM-Aus auch in Hamburg die Luft raus?

Nur noch VIP-Tickets

Zumindest um Kartenkäufer zu werben braucht der DHB in diesem Fall nicht. Für das Halbfinale am Freitag und das Finale am Sonntag sind auf offiziellem Wege nur noch VIP-Tickets zu haben. Preis: ab 190 Euro. „Es wird gerappelt voll werden“, verspricht DHB-Sprecher Tim Oliver Kalle, „je nachdem, wer im Endspiel steht, wird die Kulisse ein buntes und stimmungsvolles Bild abgeben.“

Die Zahl derjenigen, die sich aus Enttäuschung über das Ausscheiden der „Ladys“ nun abwenden, scheint in der Tat nicht allzu groß. Bei Ebay-Kleinanzeigen waren am Dienstagnachmittag 17 Kartenangebote zu finden, die seit Sonntag online gestellt wurden, auf dem eigentlichen Auktionsportal Ebay noch weniger.

Keine Liveübertragung bei ARD/ZDF

Was der WM-Endrunde in Hamburg allerdings ohne die Mannschaft des scheidenden Bundestrainers Michael Biegler fehlt, ist das ganz große Publikum. Die ARD hätte im Falle einer deutschen Teilnahme das Halbfinale live übertragen, das ZDF das Finale. Kalle: „Da hätten wir schon mit einer Sendung so viele Zuschauer erreicht wie in all unseren bisherigen WM-Spielen auf Sport1 zusammen.“ Seiner Rechnung nach kam man dabei auf 3,5 Millionen Kontakte. Jetzt übernimmt Sport1 auch die Endrunde.

Was für eine vertane Chance für einen Sport, der in der Bundesliga meist nicht mehr als 1000 Zuschauer findet! „Das Ergebnis macht es noch schwerer, den Frauenhandball in Deutschland zu etablieren. Es braucht jetzt noch mehr Überzeugungsarbeit“, sagte Sportdirektor Wolfgang Sommerfeld.

„Weg vom Macho-Kram“

Aber ganz umsonst soll die Heim-WM nicht gewesen sein. DHB-Präsident Andreas Michelmann versprach, dass der Frauenhandball im Verband künftig einen höheren Stellenwert einnehmen werde als bisher. Wie es gehe, machten Nationen wie Dänemark, Norwegen und Schweden vor: Dort ist der Frauenhandball nicht nur erfolgreicher, sondern auch populärer.

„Wir müssen aus diesem Macho-Kram endlich rauskommen“, sagte Michelmann, „das ist das Grundübel der letzten 15 Jahre gewesen. Wir reden immer von Gleichberechtigung, aber im Grunde war der Frauenhandball etwas Exotisches für uns.“ Das wird er wohl vorerst auch bleiben.