London. Unmittelbar nach dem gelungenen Debüt beim ATP-Finale begann für den Hamburger die Vorbereitung auf das Duell mit seinem Idol.

Für das besonders reizvolle Duell mit dem Tennis-“Maestro“ schob Alexander Zverev sogar eine nächtliche Extraschicht. Sein Traumdebüt beim ATP-Finale in London war noch nicht einmal eine halbe Stunde vorbei, da betrat der Weltranglistendritte erneut die riesige, aber mittlerweile fast menschenleere Arena.

Zusammen mit seinem spanischen Coach Juan Carlos Ferrero feilte Zverev 20 Minuten an seiner Vorhand. Um kurz vor Mitternacht saß er dann frischgeduscht in der Pressekonferenz und meinte schmunzelnd: „Mein nächster Gegner ist nicht schlecht.“ Könnte man so sagen.

Am Dienstag trifft der 20-Jährige in seinem zweiten Gruppenspiel auf Altmeister Roger Federer (21 Uhr MEZ/Sky). Ein weiterer Erfolg nach dem 6:4, 3:6, 6:4-Auftaktsieg beim Saisonabschlussturnier gegen den Kroaten Marin Cilic – und Turnierdebütant Zverev kann quasi für das Halbfinale planen.

Zwei von drei Duellen 2017 gingen an Zverev

„Jeder, der Federer schlägt, hat gute Chancen, den Sprung dorthin zu schaffen. Aber er ist definitiv der Favorit – in all seinen Matches“, sagte der baumlange Hamburger mit Respekt, aber ohne Angst.

Kein Wunder, zwei von drei Vergleichen mit Grand-Slam-Rekordsieger Federer hat Zverev in dieser Saison gewonnen. „Roger hat sicher eine gehörige Portion Respekt vor Sascha“, sagte Daviscup-Kapitän Michael Kohlmann: „Federer weiß, dass er gegen ihn nicht mit 80 Prozent spielen kann. Er weiß aber auch, dass er in den richtig großen Matches, in denen es um alles geht, noch einen Vorsprung hat.“

Durch den Coup im Finale von Montreal gegen den Schweizer holte sich Zverev Mitte August seinen zweiten Masters-Titel 2017. Es war ein weiterer Meilenstein in seiner noch jungen Karriere, die bereits in dieser Saison ungeahnte Höhen erreichte. „Wenn es bei Sascha gut läuft, dann läuft es gleich superperfekt bei ihm“, meinte Federer voller Anerkennung.

Schlägerwurf wirkt befreiend

Die beiden vor allen Dingen charakterlich so unterschiedlichen Typen sind einander sympathisch. Das merkte man auch jüngst beim Laver Cup in Prag, als sie dem Team Europa gemeinsam den Pokal sicherten. Die Handynummern sind längst getauscht.

„Roger ist einer der nettesten und besten Typen auf der Tour“, sagte Zverev im „Focus“ und plauderte aus dem Nähkästchen: „Federer ist wie ein kleines Kind. Total verspielt, total lustig, immer für einen Jux gut.“

Zum Spaßen war Zverev während seiner Partie gegen den früheren US-Champion Cilic einige Zeit nicht zumute. Im entscheidenden Satz lag er bereits mit 1:3 und 15:40 zurück, ehe ein Schlägerwurf befreiende Wirkung hatte. Zverev machte die nächsten acht Punkte in Folge.

41 vermeidbare Fehler

Die Wende wollte er allerdings nicht an seinem Mini-Ausraster festmachen. „Ich habe den Schläger ja nur einmal geworfen – und es war nicht mal hart“, erklärte Zverev fast entschuldigend. Und nein, „ich glaube nicht, dass der Wurf Bedeutung hatte.“

Egal wie, der Rom-Sieger kämpfte sich ungeachtet von 41 unerzwungenen Fehlern (31 Winner) durch. Dabei war die Nervosität unmittelbar vor dem Match groß gewesen. „Die Show, alles drumherum, das ist hier etwas Spezielles. Als ich rausgegangen bin, hatte ich ein Gefühl wie nie zuvor, ein großartiges Gefühl“, berichtete Zverev über die Atmosphäre beim elitären Kräftemessen der besten acht Profis 2017.

Doch er ist sich sicher, dass das erste Spiel in Sachen Nervenbelastung immer das schwierigste ist. „Der schwerste Moment“ der Woche sei deshalb nun vorbei. Jetzt wartet Federer, der Maestro.