Berlin. Der Bundestrainer schaut vor dem Länderspiel in England nicht auf das Ergebnis – Halstenberg in der Startelf.

Bisher hatten die Haarpflegemittel von Timo Werner in nationalen Debatten eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Seit Donnerstag hat sich das zumindest ein wenig geändert, als es in Berlin, wo sich die deutsche Fußballnationalmannschaft in den vergangenen Tagen auf das Spiel gegen England in London (Freitag, 21 Uhr / ZDF live) vorbereitete, um die Frage ging, wie verbissen der Kampf um die Tickets für die WM 2018 ein halbes Jahr vor dem Turnier schon geführt werde.

Sandro Wagner, Abteilung Sturm, konnte all jene, die fürchteten, die Arbeitsatmosphäre sei möglicherweise von gegenseitiger Missgunst geprägt, auf sehr hübsche Weise beruhigen. „Ich klaue dem Timo Werner auf dem Zimmer jetzt nicht das Shampoo, damit er sich ärgert“, sagte der 29-Jährige, der eine wunderbare Gelassenheit mit sich herumträgt. „Ich freue mich für jeden, wenn er seine Tore macht, ob hier oder im Verein.“

Nicht in Verlegenheit kommen

Dieses Maß an Harmonie muss nun nicht zwingend infrage gestellt werden. Aber als sicher gilt, dass es für das Personal nun schon in diesen Tagen recht ernst wird. Auf das Spiel in England folgt vier Tage später die Partie gegen Frankreich in Köln. Und im März warten mit Brasilien und Spanien zwei weitere Fußballschwergewichte. Es sind genau jene vier Spiele, die Trainer und Spieler noch nutzen können, ehe im Mai die Nominierung des WM-Kaders ansteht.

„Die beste Ausgewogenheit, die man einer Mannschaft für ein Turnier geben kann, ist, wenn alle Positionen doppelt besetzt sind“, sagt Bundestrainer Joachim Löw. Es gelte zu verhindern, in der Verlegenheit zu sein, beim Ausfall eines Spielers umfangreiche Rochaden in der Startelf vornehmen zu müssen. „Ziel muss sein, qualitativ eins zu eins ersetzen zu können“, sagt Löw.

Es gibt Schlimmeres: Marcel Halstenberg
gibt in Wembley sein Debüt
Es gibt Schlimmeres: Marcel Halstenberg gibt in Wembley sein Debüt © Imago/Matthias Koch

Im defensiven und offensiven Mittelfeld sowie mittlerweile sogar im Sturm hat er mannigfaltige Möglichkeiten. „Da werden sicher einige harte Entscheidungen fallen“, sagt Löw: „Wir haben auf einigen Positionen eine Mehrzahl an guten Spielern und auf anderen in der Breite zu wenige.“

Daran wird Löw in den kommenden Spielen arbeiten. Deshalb hat er zum Beispiel den Leipziger Marcel Halstenberg nominiert, was offenkundig weniger leicht war als angenommen, weil der Bundestrainer vor etwa einer Woche mit unterdrückter Telefonnummer anrief, um dem Spieler die Nominierung mitzuteilen – und der Profi einfach mal nicht heranging. Kenn ich nicht, sprech ich nicht. Doch die Verweigerungshaltung gab der 26-Jährige nach Kontrolle der Mailbox natürlich schnell auf.

Deutschland ist Favorit

Gegen England wird der Linksverteidiger, der zwei Jahre beim FC St. Pauli spielte, sogar in der Startformation stehen. Auf den Außenverteidigerpositionen hat Löw die wohl größten Sorgen. Rechts stellt einzig Joshua Kimmich internationale Klasse dar, links hat sich Jonas Hector zwar bewährt, doch der Kölner fehlt noch länger verletzt. Dahinter? Bekam zuletzt Marvin Plattenhardt (Berlin) eine Chance. Nun erhält er Konkurrenz von Halstenberg. Experimente für den Ernstfall im Sommer, in dem die Anforderungen noch einmal steigen werden.

Deshalb auch die hochkarätigen Testspiele gegen Mannschaften, die „ganz, ganz hohes Niveau erreichen. Ich mache mir wenig Gedanken über Ergebnisse oder mögliche Dämpfer. Wir gehören immer zum Favoritenkreis, damit leben wir schon lange. Aber als Weltmeister und Confed-Cup-Sieger sagt wahrscheinlich der Rest der Welt, dass wir der große Favorit auf den Titel sind. Intern müssen wir uns darüber unterhalten, dass uns jeder da oben herunterholen möchte.“

Der Druck werde in Russland größer sein als je zuvor. „Dem müssen wir uns stellen.“ Zusammen. Nicht einzeln. Deshalb bleibt das Shampoo von Timo Werner, wo es ist.

DFB: ter Stegen - Kimmich, Rüdiger, Süle, Halstenberg – Khedira, Rudy – Brandt, Özil, Draxler – Werner

Löws Team für WM qualifiziert:

Löws Nationalmannschaft für WM qualifiziert

Sebastian Rudy trifft zum 1:0
Sebastian Rudy trifft zum 1:0 © Bongarts/Getty Images | Alexander Hassenstein
Sandro Wagner bittet auf ein Tänzchen
Sandro Wagner bittet auf ein Tänzchen © Sportsfile via Getty Images | Oliver McVeigh
Ja, war super: 2:0 durch Sandro Wagner
Ja, war super: 2:0 durch Sandro Wagner © Bongarts/Getty Images | Alexander Hassenstein
Auch er kann's: Joachim Löw
Auch er kann's: Joachim Löw © WITTERS | TimGroothuis
Üben, vielleicht geht doch noch was in der Relegation: Steven Davis etwas frustriert nach dem 2:0
Üben, vielleicht geht doch noch was in der Relegation: Steven Davis etwas frustriert nach dem 2:0 © Action Images via Reuters | JASON CAIRNDUFF
Jonny Evans gegen Thomas Müller
Jonny Evans gegen Thomas Müller © REUTERS | CLODAGH KILCOYNE
Rudy und Kimmich bejubeln die Führung
Rudy und Kimmich bejubeln die Führung © Witters
Rückkehrer Jerome Boateng
Rückkehrer Jerome Boateng © REUTERS | CLODAGH KILCOYNE
Thomas Müller und Conor McLaughlin
Thomas Müller und Conor McLaughlin © Bongarts/Getty Images | Alexander Hassenstein
Bayern unter sich: Sebastian Rudy und Joshua Kimmich
Bayern unter sich: Sebastian Rudy und Joshua Kimmich © WITTERS | TimGroothuis
Joachim Löw hatte mit Sandro Wagner im Sturm überrascht
Joachim Löw hatte mit Sandro Wagner im Sturm überrascht © dpa | Christian Charisius
I have a dream: Bundestrainer Joachim Löw träumt von der Titelverteidigung in Russland bei der WM 2018
I have a dream: Bundestrainer Joachim Löw träumt von der Titelverteidigung in Russland bei der WM 2018 © WITTERS | TimGroothuis
Fans in Belfast
Fans in Belfast © dpa | Christian Charisius
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