Hamburg. Der Österreicher Peter-Michael Reichel will die Tennistradition am Rothenbaum fortsetzen und setzt dabei auf Unterstützung der Stadt.

Peter-Michael Reichel (64) soll das Herrentennisturnier am Rothenbaum zu neuem Glanz führen. Dafür erhält er vom Deutschen Tennis-Bund (DTB) die Lizenz vom Jahr 2019 an. Der Oberösterreicher lebt seit zwei Jahren in Andermatt (Schweiz) und organisiert mit seiner Agentur Match-maker seit 27 Jahren das Damenturnier in Linz (Österreich), seit zwei Jahren das in Nürnberg. Von 2000 bis 2013 war er Präsident und Anteilseigner des österreichischen Traditionsfußballclubs LASK Linz. Reichel, dessen Tochter Sandra (46) in Linz und Nürnberg Turnierdirektorin ist, verfügt über ein großes Netzwerk.

Herr Reichel, Sie haben im Juli den Rothenbaum inkognito besucht. Was waren Ihre Eindrücke?

Peter-Michael Reichel: In das Turnier muss dringend investiert werden, einerseits in ein attraktiveres Teilnehmerfeld, Alexander Zverev zum Beispiel wäre ein Wunschspieler, andererseits in die Gestaltung der Anlage. Es ist hier einiges zu tun. Ich kannte die Veranstaltung noch aus früheren Master-Zeiten (bis 2008 gehörte der Rothenbaum nach den Grand Slams zur weltweit zweithöchsten Tennis-Kategorie, die Red.), da habe ich schon einen kleinen Schreck bekommen, was ich diesmal gesehen habe.

Dennoch haben Sie sich um die Turnierlizenz beworben. Warum?

Reichel: Wir sind überzeugt, dass sich der Rothenbaum wieder zu einem bedeutenden Sportevent ausbauen lässt, das auch internationale Beachtung findet. Das Turnier war mal mit seiner Riesentradition eines der berühmtesten der Welt. Darauf können wir aufbauen. Wir wollen, dass die Hamburger Lizenz wieder erleuchtet im Tennis-Weltkalender.

Sie sprechen von größeren Investments in das Turnier. Glauben Sie, dass sich diese irgendwann rechnen werden?

Reichel: Absolut.

Der Termin Ende Juli und der Belag Sand sind nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre eher hinderlich, dass sich das Turnier in die von Ihnen gewünschte Richtung entwickelt. Was wollen Sie ändern?

Reichel: Wir haben auf das geboten, was vorhanden ist. Es ist ein Turnier der Kategorie 500 im Juli auf Sand. Wir werden mit der Herrentennisorganisation ATP klären, was künftig möglich ist, was den Termin und was den Belag betrifft. Und dann würden wir gern ein Damenturnier dazunehmen, um die ganze Veranstaltung auf zwei Wochen auszubauen.

Wird das Damenturnier definitiv kommen?

Reichel: Definitiv planen wir mit dem DTB ein weiteres Damenturnier in Deutschland.

Sie müssten dann eine neue Lizenz kaufen.

Reichel: Theoretisch kann das unsere Nürnberger Lizenz sein, theoretisch könnte das auch eine neue, sehr theoretisch auch meine Linzer Lizenz sein. Wir sind ja erst seit Sonnabend zuständig und müssen nun einige Dinge klären.

Auch den Belag? Soll künftig in Hamburg auf Hartplätzen gespielt werden?

Reichel: Natürlich löst Hartplatz im Sommer Fantasien aus, weil nach Wimbledon die Spieler die Hartplatztour in Nordamerika schon in ihren Köpfen haben. Wenn die ATP mitspielen würde, wäre das eine Überlegung wert. Momentan planen wir, das Turnier weiter auf Sand auszurichten und auch dort, wo es jetzt ist. Inwieweit man daran etwas ändern kann oder muss, werden die Gespräche mit dem DTB, der ATP und noch anderen zeigen. Wir wollen prinzipiell in Hamburg bleiben, aber nicht um jeden Preis.

Wovon hängt Ihre Entscheidung über den Standort ab?

Reichel: Wir haben in unserem Angebot klar festgelegt, dass wir uns nicht fix auf Hamburg verpflichten, allerdings auf den Standort Deutschland, da der DTB unser Partner ist. Wir müssen jetzt sehen, wie die anstehenden Gespräche mit der Stadt Hamburg laufen werden. Da gibt es verschiedene Dinge zu klären. Sowohl der Club an der Alster als Hauptmieter und Verwalter der Anlage – der DTB ist ja nur Untermieter – als auch die Stadt sind zu befragen, was sie sich in der Zukunft wünschen, in welche Richtung sich die Sportstadt Hamburg entwickeln will.

DTB-Präsident Ulrich Klaus drohte, wenn sich die Stadt nicht substanziell an der Sanierung der Anlage beteilige, werde der DTB Hamburg verlassen. Das klingt nach Erpressung? Ist das auch Ihre Strategie?

Reichel: Nein. Und das sollte auch nicht seitens des DTB als Erpressung interpretiert werden! Sie wissen ja, wie Verbände strukturiert sind. Da gibt es viele Landesverbände, jeder sagt etwas, so ist das Thema schließlich in der Öffentlichkeit diskutiert worden. Solche Gespräche sollten hinter verschlossenen Türen geführt werden, dann kommt man auch zu vernünftigen Lösungen. Eins ist aber klar: Hamburg muss international konkurrenzfähig sein, die Stadt kann sich nicht hinstellen und sagen: Bei uns ist das halt so. An vielen anderen Standorten wird kräftig in die Infrastruktur investiert, zum Teil erhalten die Turniere Millionenzuschüsse von den jeweiligen Kommunen. Tennis ist eine Weltsportart, es gibt kaum eine andere Sportart, die international eine ähnlich große Bedeutung hat.

Die Stadt hat in den vergangenen Jahren viel in das Turnier investiert, 2003 die Veranstaltung mit einem Zuschuss von 700.000 Euro gerettet. Stiehlt sich der DTB da nicht erneut aus der Verantwortung, denn er hat sich ja vertraglich zur Instandhaltung der Anlage verpflichtet? Die Stadt kann ja nicht immer für das Missmanagement des DTB haften.

Reichel: Das sehe ich etwas anders. Die Probleme des Turniers haben viele Ursachen. Die von Ihnen erwähnte Pleite der Schweizer Agentur ISL 2002 ist eine, und es war die ATP, die den Rothenbaum 2008 gegen massiven Widerstand des DTB in die dritte Kategorie heruntergestuft hat. Abgesehen davon ist es so, dass viele Turnierstandorte, auch unsere, zum Teil öffentlich mitfinanziert sind. In Linz erhalten wir vom Bund, dem Bundesland Oberösterreich und der Stadt 800.000 Euro als jährlichen Veranstaltungszuschuss, dazu kostenlos die gesamte Infrastruktur. Und Linz ist mit seinen rund 200.000 Einwohnern keine Großstadt wie Hamburg.

Hamburg wird Zuschüsse dieser Größenordnung allenfalls als Anschubfinanzierung leisten, nicht als dauerhafte Alimentierung.

Reichel: Wir werden jetzt Gespräche führen, dann sehen wir weiter. Wir wollen keine Subventionen, sondern dass die Stadt in ihr Standortmarketing investiert. Will Hamburg das? Will die Stadt ein Turnier unterstützen, das auf der ganzen Welt präsent ist, das in 130 bis 150 Ländern im Fernsehen zu sehen und praktisch in der ganzen Welt in der medialen Berichterstattung vertreten sein wird?

Der Club an der Alster hat Pläne für eine neue Allianz-Arena vorgelegt. Würden die umgesetzt, wäre die Diskussion über die Reparatur des Stadions und des mobilen Dachs obsolet.

Reichel: Ich kenne diese Pläne nicht. Ich muss mich mit der Clubführung zusammensetzen und alles mal besprechen. Grundsätzlich stehe ich jeder Investition in eine moderne, zukunftsträchtige Anlage sehr positiv gegenüber.

Die Stadt unterstützt Alsters Umbaupläne am Rothenbaum ausdrücklich.

Reichel: Es spielen noch andere Dinge hinein. Es gibt Sponsoren, die spezifische Interessen haben, man muss auch schauen, ob hier Konflikte bestehen.

Zum Beispiel zwischen der Allianz als Sponsor des Clubs an der Alster und der Nürnberger Versicherung als Titelsponsor Ihres dortigen Damenturniers?

Reichel: Das wäre solch ein Konflikt, den man lösen müsste. Es gibt aber noch andere Themen: Sponsoren haben auch ihre Wünsche bezüglich des Standorts.

Wie sieht es dann überhaupt mit einem potenziellen Hauptsponsor aus?

Reichel: Wir haben Absichtserklärungen aus zwei, drei verschiedenen Branchen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir 2019 mit einem neuen Hauptsponsor auftreten werden.

Wie sieht Ihr Zeitplan aus?

Reichel: Das erste Gespräch werden wir mit Michael Stichs Agentur HSE führen, das zweite mit der Stadt, dann natürlich mit der ATP und so weiter. Bis Ende des Jahres sollte es Entscheidungen geben.

Schließen Sie aus, dass Sie schon 2018 einsteigen werden?

Reichel: Das ist eigentlich nicht denkbar. Der Plan ist, dass wir jetzt ausreichend Zeit haben für das Turnier im Sommer 2019.

Wird Michael Stich weiter eine Rolle am Rothenbaum spielen?

Reichel: Wir werden uns sobald wie möglich mit ihm zusammensetzen, sofern er es möchte, und dann alles klären.