Altona. Beim 1:2 zum Saisonstart in der Regionalliga gegen Havelse zahlte Altona 93 Lehrgeld. Stotter-Start auch abseits des Platzes.

Altona 93 wäre nicht Altona 93, hätte sich der Club zum Auftakt in die neue Regionalligasaison nicht etwas Originelles einfallen lassen. So stand er also auf dem Rasen der Adolf-Jäger-Kampfbahn, Rolf „Rollo“ Fuhrmann, jahrelanges Reporter-Knautschgesicht beim Pay-TV-Sender Sky, und begrüßte blendend gelaunt die zahlreichen Fans. Fuhrmann vertrat den urlaubenden Stadionsprecher Peter Helmcke – und verlängerte kurzerhand die mit dem Aufstieg abgelaufene Leidenszeit der AFC-Anhänger. „Nach zehn Jahren ist Altona 93 wieder in der Regionalliga Nord“, jubilierte Fuhrmann vor dem Verlesen der Aufstellungen. Es sind acht, aber auch das ist zweifellos eine sehr lange Zeit.

Zum Auftakt ins Abenteuer Regionalliga Nord gab Spitzenclub TSV Havelse, bereits seit sieben Jahren in der Regionalliga Nord dabei, seine fußballerische Visitenkarte an der AJK ab. Und nahm die Punkte mit. In einem Spiel, das alle Phrasen vom „Lehrgeld“, das ein Aufsteiger zu zahlen hat, rechtfertigte. Altona 93 legte taktisch sehr mutig in einem 3-4-3 los, überraschte den TSV durch Offensivdrang und gepflegte Ballpassagen. Der Lohn: die frühe Führung. Dennis Thiessen setzte per Traumpass Neuzugang Jan-Ove Edeling in Szene, der schweißte den Ball in den Winkel (3.).

Anfangseuphorie gewinnt keine Spiel

„Ich glaube, Havelse war überrascht, dass wir sie so früh gepresst haben“, sagte Routinier Jakob Sachs. Doch in der Regionalliga Nord werden Spiele nicht nur durch Anfangseuphorie gewonnen. Stück für Stück verschob sich die Statik des Spiels. Havelse wurde dominanter, antwortete effizient. Eine ungewöhnlich ausgeführte kurze Ecke mit drei Spielern überforderte die Gastgeber, in der Mitte bedankte sich Can Gökdemir mit dem 1:1 (29.). Ein Ballgewinn im Mittelfeld ermöglichte dem TSV durch schnelles Umschalten das 2:1 durch Daniel-Kofi Kyereh (31.).

Überhaupt Kyereh: Der 21-Jährige zeigte am Ball sein unglaublich hohes Potenzial, stand lange Zeit sinnbildlich für eine Klasse, die sich Altona noch erarbeiten muss. Hoffnungslos unterlegen geschlagen geben musste sich Berkan Algans Team dennoch keineswegs. Ab der 60. Minute machte Altona 93 richtig Druck. Thiessen verteilte stark die Bälle, Kapitän Nick Brisevac drehte auf der rechten Außenbahn gut auf. Freilich fehlten zwingende Torchancen.

Schiedsrichter lehnte zwei Trikotfarben ab

Die in grünen Leibchen spielenden Gäste – Schiedsrichter Patrick Schwengers hatte keine der beiden Trikotsätze des TSV akzeptiert – hatten dafür Mitte der zweiten Halbzeit zweimal Glück. Yannick Jeschke sah für eine harte Grätsche an der Mittellinie nur Gelb, Niklas Taskys Foul im Sechzehner an Jan Novotny blieb ungeahndet.

Für Jeschkes Foul entschuldigte sich Havelses Trainer Christian Benbennek sogar auf der Pressekonferenz bei den Verantwortlichen von Altona: „Yannik sind die Nerven durchgegangen. Wir hätten uns nicht beschweren dürfen, wenn wir mit zehn Mann hätten weiterspielen müssen.“ So zitterte sich Havelse in der letzten halben Stunde gegen leidenschaftliche Altonaer zum Sieg. Ob Trainer Berkan Algan seine Mannschaft in der AJK, die durch die notwendigen Umbaumaßnahmen so gut wie nichts von ihrem Charme eingebüßt hat, weiter so offensiv ausrichten will, wollte er nicht versprechen. „Da will ich flexibel reagieren“, so Algan, der seine Aufgabe als Coach so beschrieb: „Trainer zu sein ist schwierig. Es geht darum, viele testosterongesteuerte Jungs dazu zu bringen, das Richtige zu machen.“

Mut sprach Algan Trainerkollege Benbennek zu: „Altona 93 hat richtig gute Jungs, ein tolles Tempo auf dem Feld, und ein starkes Publikum pusht die Mannschaft. Damit ist viel möglich.“ Da wollte Rolf Fuhrmann nicht nachstehen. „Aus meiner Sicht“, so der Kult-Reporter, „wäre ein 2:2 und der erste Punkt für Altona 93 heute das gerechtere Ergebnis gewesen.“