Hamburg. Der Tennisprofi hat das Leben aus dem Koffer noch nicht satt. Am Donnerstag steht er am Rothenbaum im Achtelfinale.

Fragen dazu bekommt er immer öfter gestellt, und es wundert ihn nicht. Schließlich ist er mittlerweile 33 Jahre alt, und wer sieht, wie Tommy Haas auf dessen Abschiedstournee die Sympathien der Fans zufliegen, der will auch wissen, wie sich Philipp Kohlschreiber sein Karriereende vorstellt. Eine Antwort kann der Augsburger, der beim Herrentennisturnier am Hamburger Rothenbaum an diesem Donnerstag (15 Uhr) mit dem Franzosen Gilles Simon (32) um den Viertelfinaleinzug kämpft, jedoch nicht geben auf diese Frage, was schlicht daran liegt, dass er gedenkt, sich den Strapazen der Tour noch einige Jahre auszusetzen.

Oft ist eine Zwangspause der Zeitpunkt, an dem in die Jahre kommende Leistungssportler spüren, ob in ihnen noch das Feuer brennt, das Siege ermöglicht. Kohlschreiber fiel in der vergangenen Saison wegen eines Ermüdungsbruchs im rechten Fuß mehrere Monate aus. Doch während manche Kollegen in solchen Phasen zu schätzen lernen, die Zeit für andere Dinge zu nutzen, „fehlte mir das Tennis schon sehr schnell. Mir hat es sehr wehgetan, nicht mit den anderen auf Tour sein zu können. Das hat mir gezeigt, dass ich noch hungrig bin“, sagt er.

Manchmal zu bequem

Als Kohlschreiber, der in diesem Jahr seinen 13. Auftritt am Rothenbaum hat, im Jahr 2001 seine Karriere begann, da tat er dies mit dem Elan des Newcomers, der sich auf exotische Reiseziele und die wichtigsten Schauplätze des Filzballzirkus freut. „Wenn man aber einige Male in Wimbledon war oder in Australien, dann wird das Reisen zur Routine, und Routine hat immer etwas Negatives“, sagt er. Dennoch habe er das Leben aus dem Koffer, bei dem ihn seine Freundin Lena anfangs sehr regelmäßig begleitete, nie satt gehabt.

Rückblickend werfe er sich allerdings vor, manchmal zu bequem gewesen zu sein und vorrangig Turniere gespielt zu haben, bei denen er sich besonders wohlfühlte. „Ich war früher überzeugt davon, dass ich nicht zu lang am Stück von zu Hause weg sein könnte, und habe deshalb dort gespielt, wo ich mich wie zu Hause gefühlt habe“, sagt er. Weil dort allerdings die Konkurrenz größer gewesen sei, habe er Punkte für die Rangliste verschenkt, die an weniger beliebten Destinationen leichter zu verdienen gewesen wären.

16 Jahre auf der Tour

Mittlerweile, sagt Kohlschreiber, habe er gelernt, auch auf Reisen abzuschalten. „Früher gab es, wenn ich nicht daheim war, immer nur einen Tagesablauf: essen, trainieren oder spielen, essen, schlafen. Das ist für den Kopf sehr anstrengend.“ Heute nehme er sich bewusst freie Tage, an denen er die Stadt erkundet, einkaufen geht oder sich anderweitig sportlich betätigt, vor allem beim Golfspielen.

Nach 16 Jahren auf der Tour kennt er die Orte, an denen ihm das Abschalten fast so gut gelingt wie daheim in der Bergwelt um Kitzbühel. Und er ist finanziell in der glücklichen Lage, frühzeitig zu Turnieren anreisen zu können, bevor der Veranstalter Kost und Logis übernimmt, und Langstreckenflüge in der Businessklasse buchen zu können. „Das alles zusammengenommen macht den Reisealltag sehr erträglich“, sagt er.

Abenteuerlust wird bleiben

Menschen, die beruflich sehr viel unterwegs waren, neigen nach der Karriere zu ausgeprägter Häuslichkeit. Philipp Kohlschreiber glaubt, dass ihn die Abenteuerlust nie loslassen werde. Er ist gespannt, in welcher Form er sie ausleben kann. Aber erst einmal soll sie weitergehen, seine Tennisreise, nicht nur in dieser Woche am Rothenbaum.