München. Der scheidende Bayern-Kapitän sprach in der letzten Spieltags-PK seiner Karriere noch einmal über die Zeit nach dem Fußball.

Weltmeister Philipp Lahm will nach dem Karriereende und vor einer möglichen Rückkehr zum FC Bayern zunächst ausreichend Zeit als Privatier genießen. „Man weiß nie, was kommt. Erstmal möchte ich Abstand gewinnen nach 22 Jahren FC Bayern mit einer kurzen Auszeit in Stuttgart“, sagte der 33-Jährige am Donnerstag.

Am Sonnabend bestreitet Lahm gegen den SC Freiburg (15.30 Uhr/Sky) sein letztes Spiel als Profi. „Ich hoffe, dass mich die Fans als einen guten Fußballspieler in Erinnerung behalten“, sagte Lahm, der ein Angebot als Sportdirektor beim FC Bayern abgelehnt hatte. „Ich möchte andere Sachen, andere Leute und andere Bereich kennen lernen. Man wird sehen, was in Zukunft passiert.“

Debatte um ausgebliebene Ehre für Lahm

Bayerns Triple-Coach Jupp Heynckes kann indes nicht verstehen, dass Lahm in seiner einzigartigen Karriere noch nie zu Deutschlands Fußballer des Jahres gewählt worden ist. "Philipp ist einer der außergewöhnlichsten Spieler des deutschen Fußballs. Ich würde mir wünschen – und er hätte es wahrlich verdient – dass er zum Ende seiner großartigen Karriere jetzt auch noch Deutschlands Fußballer des Jahres werden würde", sagte Heynckes dem SID.

Für Hermann Gerland, Assistent beim FC Bayern von Trainer Carlo Ancelotti und Förderer von Lahm, ist die fehlende Auszeichnung gar "unbegreiflich", Lahm sei der "perfekte" Spieler. "Ich habe seit den 1970er-Jahren, seitdem ich die Bundesliga hautnah erlebe, noch nie so einen Spieler gesehen. Was mir deshalb überhaupt nicht in den Kopf will: Dass Philipp von den Journalisten noch nie zum Fußballer des Jahres gewählt worden ist. Er spielt zwar nicht spektakulär und er schießt auch keine Tore, aber er spielt seit 2001 immer auf einem unglaublichen Niveau", sagte Gerland im SID-Interview.

Neuer wünscht Lahm den persönlichen Titel

Selbst Lahms Kollege Manuel Neuer plädiert ausdrücklich dafür. "Philipp hatte eine sensationelle Karriere. Ich finde es schade, dass er nie zum Fußballer des Jahres gewählt wurde. Für das, was er für den deutschen Fußball geleistet hat, hätte er es zumindest einmal verdient gehabt. Das wurde verpasst",sagte Neuer.

Lahm ist bei der Wahl zum Fußballer des Jahres 2004 Zweiter geworden und 2006 Dritter. 2013, als er die Bayern als Kapitän zum Triple geführt hatte, wurde der 33-Jährige auf Platz fünf gewählt, ebenso 2014 als Kapitän des Weltmeisters.

Stimmen zum Karriereende von Philipp Lahm

Joachim Löw (Bundestrainer)

"Philipp gehört zu den besten Fußballern überhaupt. Nicht nur, weil er als Weltmeister-Kapitän auf einer Stufe steht mit Fritz Walter, Franz Beckenbauer und Lothar Matthäus. Er hat über Jahre hinweg auf Weltklasseniveau gespielt, im Verein genauso wie in der Nationalmannschaft. Philipp hat auch abseits des Platzes viele Interessen, denen er sich nun widmen kann. Vor allem hat er jetzt mehr Zeit für seine Familie. Ich hoffe sehr, dass er dem Fußball in Deutschland erhalten bleiben wird, in welcher Rolle auch immer."

Reinhard Grindel (DFB-Präsident)

"Loyal, kritisch, meinungsstark, sozial engagiert, fair - dafür steht Philipp Lahm, und so habe ich ihn in vielen Situationen erlebt. Das Urteil über den Fußballer Philipp Lahm überlasse ich gern den sportlich Verantwortlichen, wobei außer Frage steht, dass mit Philipp Lahm ein absoluter Ausnahmefußballer seinen Abschied nimmt. Er war und ist ein herausragender Repräsentant für Deutschland, die Nationalmannschaft und den DFB."

Oliver Bierhoff (Nationalmannschaftsmanager)

"Die Zeit mit Philipp wird unvergessen bleiben. Er ist einer der Spieler, die von Anfang an den Weg mit uns gegangen sind. Gemeinsam haben wir immer an uns und unsere Ziele geglaubt, und in Rio haben wir dann den letzten Schritt gemacht. Auf Philipp war immer Verlass. Vor ihm liegen nun viele neue Herausforderungen. Ich weiß, wie sehr er sich darauf freut, seine Projekte außerhalb der vier Eckfahnen noch intensiver zu verfolgen."

Reinhard Rauball (DFL-Präsident und Präsident von Borussia Dortmund)

"Mit Philipp Lahm verlässt zweifellos einer der herausragenden Spieler der deutschen Fußball-Geschichte die Bundesliga. Er ist eine große Persönlichkeit des Sports, und seine Erfolge sprechen für sich. Darüber hinaus war Philipp Lahm als fairer Sportsmann immer auch ein Vorbild."

Christian Seifert (DFL-Geschäftsführer)

"Philipp Lahm hat Fußball-Geschichte geschrieben. Vor seiner einzigartigen Karriere kann ich nur den Hut ziehen und ihm dazu gratulieren, was er in eineinhalb Jahrzehnten Profikarriere erreicht hat. Philipp Lahm hat große Qualität als Führungsspieler bewiesen, weit über seine Rolle auf dem Platz und als Kapitän hinaus. Für die Bundesliga war er ein herausragender Botschafter."

Carlo Ancelotti (Trainer FC Bayern)

"Er ist einer der professionellsten Spieler, die ich erlebt habe. Ein Topprofi, ein Vorbild. Er repräsentiert etwas Großartiges. Er ist immer fit, immer fokussiert und vorbereitet. Man kann sich glücklich schätzen als Trainer, so einen Spieler zu haben. Hätte ich 20 von ihm, wäre ich sehr glücklich. Ich hoffe, dass ich einen neuen Philipp Lahm finden kann."

Jürgen Klinsmann (ehemaliger Bundestrainer)

"Philipp hat eine fantastische Karriere gespielt, die international mit der WM 2006 so richtig los ging. Er wurde zu einem absoluten Führungsspieler beim FC Bayern und der Nationalmannschaft und hat sich mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft in Brasilien die Krone aufgesetzt. Technisch brillant, taktisch immer vorausdenkend und menschlich auf dem Boden geblieben ist er zu einer großen Spielerpersönlichkeit geworden! Riesen-Glückwunsch dazu, verbunden mit der Hoffnung, dass er dem Fußball - als Trainer, Manager oder in einer anderen Funktion – noch lange erhalten bleibt."

Rudi Völler (Sportchef Bayer Leverkusen und ehemaliger Bundestrainer)

"Als ich Philipp Lahm zum ersten Mal auf dem Platz gesehen habe, war mir sofort klar, dass das ein außergewöhnlicher Fußballer ist. Für mich ist er der Prototyp des modernen Außenverteidigers. Durch seine Art sie ausfüllen, hat er diese Position auf ein neues Niveau gehoben."

Jupp Heynckes (ehemaliger Trainer des FC Bayern)

"Ich hatte als Trainer selten einen Profi wie Philipp Lahm. Einen, der tagtäglich so intensiv, so akribisch und so gezielt gearbeitet hat wie er. Philipp wusste immer, was er wollte, er hatte seine Ziele klar vor Augen und er ist als Kapitän immer vorneweg gegangen. Philipp Lahm ist einer der außergewöhnlichsten Spieler des deutschen Fußballs. Ich würde mir wünschen – und er hätte es wahrlich verdient –, dass er zum Ende seiner großartigen Karriere jetzt auch noch Deutschlands Fußballer des Jahres werden würde."

Matthias Sammer (ehemaliger Sportvorstand FC Bayern)

"Es ist ein großer Einschnitt in sein Leben. Er hat bisher alles diesem Beruf untergeordnet und gelebt, hatte alles bisher mehr oder weniger vorgeschrieben bekommen. Es ist eine neue Herausforderung, da er seine Entscheidung aber immer selbst getroffen hat, wird er das meistern. Manchmal sind die Zeiten danach ja nicht so einfach, aber er ist intelligent, er hat die richtigen Leute um sich. Deswegen wird es kein Problem sein, den Übergang hinzubekommen."

Ottmar Hitzfeld (ehemaliger Bayern-Trainer)

"Er war einer der besten Verteidiger der Welt. Wie eine Präzisionsmaschine. Von besonderer Spielintelligenz, enormer Passqualität, mit der außergewöhnlichen Gabe, gegnerische Aktionen zu antizipieren und auch in Drucksituationen spielerische Lösungen zu finden – grätschen musste Philipp Lahm vergleichsweise selten. Er war als Führungsspieler keiner, der laut werden musste, sondern einer, der mit guten Argumenten überzeugte, mit leisen Tönen und starker Ausstrahlung. Philipp hat ein Stück Bayern-Geschichte geschrieben."

Bastian Schweinsteiger (langjähriger Mitspieler beim FC Bayern)

"Er ist ein großartiger Spieler und eine tolle Persönlichkeit, ein toller Mensch. Wir kennen uns seit 16 oder 17 Jahren. Ich habe mit ihm die meisten Spiele bestritten. Ich wünsche ihm für die Zukunft nur das Beste. Ich hoffe, dass er mich bald mal in Chicago besucht."

Manuel Neuer (Torwart des FC Bayern und DFB-Kapitän)

"Ich werde ihn am meisten am Kartentisch vermissen. Philipp hatte eine sensationelle Karriere. Ich finde es schade, dass er nie zum Fußballer des Jahres gewählt wurde. Für das, was er für den deutschen Fußball geleistet hat, hätte er es zumindest einmal verdient gehabt. Das wurde verpasst."

Til Schweiger (Schauspieler und Bayern-Fan)

"Ich habe ja bis zum Schluss gehofft, dass man ihn noch umstimmen kann. Was ich so überragend an Philipp finde, ist seine Konstanz. Über eine so lange Zeit eine derartige Weltklasseleistung abzurufen... Er ist einer der wertvollsten Spieler, die jemals für den FC Bayern aufgelaufen sind."

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Nagelsmann lobt Lahm

Lob erhielt Lahm am Donnerstag auch von Julian Nagelsmann. "Wenn er immer noch 60 Mal im Spiel den Arjen Robben hinterläuft, nur zweimal den Ball kriegt und nicht einmal den Mund aufmacht - dann sieht man, welch großartiger Charakter auch dahinter steckt und dass er immer alles zum Wohle des Teams gemacht hat in seiner Karriere", sagte Hoffenheims Trainer über den scheidenden Bayern-Kapitän.

Lahms Karriere in der DFB-Elf: