Dortmund/Leipzig/Berlin. Leipziger Fans und ehemaliger DFB-Vize kritisieren den BVB-Boss nach Krawallen rund um das RB-Spiel. Auch de Maizière spricht.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat nach den gewalttätigen Attacken Dortmunder Randalierer gegen Fußballfans von RB Leipzig harte Konsequenzen gefordert. „Ich hoffe auf eine schnelle und harte Reaktion der Justiz, damit alle wissen, was ihnen droht, wenn man sich so verhält“, sagte der CDU-Politiker der "Bild“-Zeitung (Montag). Vor dem Bundesliga-Topspiel (1:0) hatten BVB-Rowdies unter anderem auch Frauen und Kinder aus dem Leipziger Anhang mit Steinen und Dosen beworfen. Sechs Gäste-Fans und vier Polizisten wurden dabei verletzt.

Die Dortmunder Südtribüne war übersät mit Anti-Leipzig-Botschaften
Die Dortmunder Südtribüne war übersät mit Anti-Leipzig-Botschaften © Imago/Thomas Bielefeld

De Maizière sagte, die gewalttätigen Szenen "lassen einem den Atem stocken“. Nach Ansicht des Innenministers gehören die Krawallmacher "nicht ins Stadion, sondern hinter Schloss und Riegel“. RB Leipzig hatte die Dortmunder Vereinsführung zu einer lückenlosen Aufklärung der Geschehnisse aufgefordert. Die BVB-Clubspitze verurteilte die Angriffe scharf und kündigte gemeinsam mit der Polizei eine schnelle Aufarbeitung der Vorfälle und deutliche Sanktionen im Rahmen der eigenen Möglichkeiten an.

RB-Fanclubs veröffentlichen Stellungnahme

Derweil haben RB-Fanclubs nach den Ausschreitungen harte Kritik auch an den Dortmunder Sicherheitsvorkehrungen geübt. In einer Stellungnahme an den Deutschen Fußball-Bund, die Deutsche Fußball Liga und Borussia Dortmund schrieb der Fanverband des Aufsteigers und Tabellenzweiten: "Wir Fans von RB Leipzig sind seit Jahren Einiges gewohnt, aber was in Dortmund los war, war bisher unerreicht!“

Der Leipziger Block im Signal Iduna Park
Der Leipziger Block im Signal Iduna Park © Imago/Picture Point LE

Vor allem auf dem Weg ins Stadion war es zu den Ausschreitungen gekommen. RB forderte die Vereinsverantwortlichen der Dortmunder daraufhin bereits zu einer lückenlosen Aufklärung auf. Der BVB versicherte, alles daran setzen, das Fehlverhalten der eigenen Anhänger aufzuklären und im Rahmen der eigenen Möglichkeiten hart zu sanktionieren.

Der Fanverband der Leipziger monierte in seinem Schreiben, dass aus Sicht der Anhänger ein Sicherheitskonzept zu "keiner Zeit zu erkennen“ gewesen sei. Er berichtete auch davon, dass mit Bussen angereiste Fans überfallen, geschlagen und deren Eintrittskarten gestohlen worden seien. "Zusammenfassend muss man sagen, dass Verein und Stadt ein sehr schlechtes Bild abgegeben haben, welches in diesem Ausmaß völlig neu für uns war.“

Fanclub greift Watzke an

Gesprächsbedarf: BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke (l.) und RB-Coach Ralph Hasenhüttl nach dem Spiel
Gesprächsbedarf: BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke (l.) und RB-Coach Ralph Hasenhüttl nach dem Spiel © Imago/Team

Einer der Fanclubs machte zudem in einem Offenen Brief auch BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke mitverantwortlich für die Ausschreitungen. "Sie stehen persönlich zumindest moralisch für Gewalt- und Hassexzesse Ihrer Anhänger gegenüber den RB-Leipzig-Fans. Sie schüren öffentlich Hass in Bezug zu RB Leipzig, in Ihrem respektlosen Verhalten gegenüber der Führung und Anhänger von RB Leipzig", hieß es in einer Stellungnahme der "Bornaer Bullen" – und weiter: "Sie persönlich sind verantwortlich für den Hass, der uns entgegenschlug! Sie persönlich schüren unter den Fußballanhängern nicht nur Rivalität und Abneigung, sondern Gewaltpotenzial."

Auch Ex-DFB-Vize ermahnt Watzke

Auch Rainer Milkoreit, Präsident des Nordostdeutschen Fußball-Verbandes (NOFV), nahm Watzke in die Pflicht. "Es ist fatal, wenn sich verantwortliche Leute in einem Verein öffentlich abwertend gegen Leipzig äußern. Das kann Dinge auslösen, die sie vielleicht nicht wollen, die aber passieren", sagte Milkoreit dem SID.

Zu den Vorgängen an sich sagte er: "Das war abartig, das hat kein Verein verdient. Natürlich muss sich nicht jeder mit dem Modell RB anfreunden, aber mit Steinen und Flaschen auf Menschen zu werfen, das geht gar nicht."

Der frühere Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) lobte derweil die Reaktion von RB. "Es ist löblich, wie zurückhaltend die Leipziger auf die ständigen Attacken reagieren. Daran sollten sich andere ein Beispiel nehmen", sagte Milkoreit.

Watzke reagiert und kündigt Härte an

Watzke selbst reagierte am Montag auf die Anschuldigungen und kündigte dabei an, bei der Aufklärung mit Härte vorgehen zu wollen. „Wir werden alles in unserer Kraft stehende tun, um diesen Dingen ein für alle Mal einen Riegel vorzuschieben“, sagte er und verwies auf erste Fortschritte bei der Identifizierung von Übeltätern: „Wir arbeiten mit Hochdruck an der Aufarbeitung und haben das Gefühl, dass wir erste Täter haben ermitteln können. Aber ich bitte noch um etwas Geduld, weil Präzision vor Schnelligkeit geht.“

Dortmunder Polizei ermittelt

Darüber hinaus hat auch die Dortmunder Polizei die Suche nach den Gewalttätern intensiviert. Am Montag wurde eine Ermittlungskommission eingerichtet, die sich in den kommenden Wochen ausschließlich mit der Aufarbeitung des Geschehens beschäftigen soll. „Ziel der Polizei ist es, die Täter so schnell wie möglich zu identifizieren, den Gesichtern einen Namen zu geben und sie einer konsequenten Strafverfolgung zuzuführen“, hieß es in einer Erklärung der Polizei.

Zuvor hatte die Polizei bereits von einem „völlig enthemmten Mob“. berichtet. „Mit einem massiven Polizeieinsatz, auch unter Einsatz von Pfefferspray und Einsatzmehrzweckstöcken, haben wir noch Schlimmeres verhindert! Solche Bilder, in solche hasserfüllten Fratzen habe ich noch in keinem meiner Polizeieinsätze gesehen - ich bin schockiert!“, berichtete der Polizeieinsatzleiter in einer Mitteilung am Sonntag.

Die Polizei hatte bis Sonntag Kenntnis von zehn Verletzten, darunter sechs Gästefans und vier Polizisten. Außerdem ist ein Diensthund der Polizei verletzt worden, wie aus einer Mitteilung hervorging.

Die Polizei nahm am Sonnabendabend elf mutmaßliche Straftäter aus der Ultraszene des BVB und einen Leipziger vorläufig fest. Ob die Festgenommenen inzwischen wieder auf freiem Fuß sind, war am Montagmorgen zunächst nicht bei der Dortmunder Polizei zu erfahren.