München. Er ist und bleibt ein Menschenfänger: Direkt nach seiner Wahl zum Präsidenten schaltet Uli Hoeneß in den berüchtigten Kampfmodus.

Es dauert ein paar Minuten, ehe deutlich wird, dass sich manches nicht verändert hat. Uli Hoeneß kommt zum Ende der Rede, mit der er sich der Form halber um das Amt des Präsidenten des FC Bayern München e.V. bewirbt, er hat über jene zweieinhalb Jahre gesprochen, in denen er weg war, er hat umrissen, wie die Zukunft aussehen soll - dann sagt er mit verschmitztem Lächeln: "Die Fähigkeit, in einer klaren Sprache und Aussprache Probleme anzusprechen, ist nicht verloren gegangen, sie schläft nicht, sie ruht und sie kann bei Bedarf jederzeit zurückkommen."

Hoeneß' Bewerbungsrede im Wortlaut

Das Wahlvolk in der Halle hat Hoeneß spätestens mit diesem Satz fest im Griff. "Leute", macht er deutlich, "die 'Abteilung Attacke', die gibt es nach wie vor, und wenn es sein muss, öffne ich die Türe und komme raus, verlasst euch drauf!" Die Halle tobt, in diesem Moment wird deutlich: Hoeneß, bis dahin fahrig, angespannt und fehlerhaft beim Ablesen vom Blatt, war, ist und bleibt ein Menschenfänger, der genau weiß, was er sagen muss, was die Leute hören wollen. Auf ihn haben sie gewartet, sehnsüchtig. Und von ihm, von Hoeneß, wollen sie klare Ansagen, wollen sie: "Mia san mia".

Hoeneß bezeichnet Leipzig als "neuen Feind"

Kurze Zeit später, Hoeneß ist bereits mit 98,5 Prozent der Stimmen erneut zum starken Mann des FC Bayern gewählt worden, kommt er erst recht auf Betriebstemperatur. "Leipzig hat 4:1 gewonnen", berichtet er den Menschen in der rappelvollen Halle zwischendurch, dann, wieder mit diesem verschmitzten Lächeln, sagt er: "Wir haben neben Dortmund einen zweiten Feind, den wir jetzt endlich wieder attackieren können." Feind! "Es ist höchste Zeit", ergänzt Hoeneß, "dass mal wieder ein paar kommen, damit wir sie wieder richtig bekämpfen können." Jubel!

Uli Hoeneß während seiner Bewerbungsrede im Münchner Audi Dome
Uli Hoeneß während seiner Bewerbungsrede im Münchner Audi Dome © Witters

Um 20 Minuten nach Mitternacht, seine Krönungsmesse ist seit einer Viertelstunde vorbei, sagt Hoeneß, er habe davon geträumt, "so einen Tag wie heute zu erleben". Fünfeinhalbtausend Briefe habe er während seiner Haftzeit bekommen, teils von wildfremden Menschen und Fans anderer Klubs, er habe sie gelesen, wenn es ihm nicht gut ging, auf dem Bett sitzend oder liegend und heulend "wie ein Schlosshund". Nicht zuletzt diese Anteilnahme, macht er deutlich, habe ihm die Kraft gegeben, die "schwierige Zeit so gut zu überstehen", zurückzukommen und "es wieder zu packen".

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Auch Hopfner wird mehrfach umjubelt

Diese "Vision", wie Hoeneß es nennt, habe sich aber bereits an dem Tag entwickelt, an dem er für Karl Hopfner Platz machte, machen musste. An jenem 2. Mai 2014, als er rief: "Das war's noch nicht!" Wenn er noch weitere Visionen hat für den FC Bayern, so mag er sie erst mal nicht konkret benennen. Hoeneß redet vom 70 Millionen Euro teuren Nachwuchsleistungszentrum, das bald vollendet sein wird, von der "ungeheuren" sozialen Verantwortung, der der FC Bayern gerecht werden müsse, von sich und seiner Rolle als "Bindeglied" und "Kümmerer".

Einmarsch des verlorenen Sohnes - i wo, des Messias: Uli Hoeneß wurde auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern München von den Mitgliedern begeistert empfangen
Einmarsch des verlorenen Sohnes - i wo, des Messias: Uli Hoeneß wurde auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern München von den Mitgliedern begeistert empfangen © Getty Images

Er wird sich einmischen, keine Frage, und das wird zu Konfrontationen führen. Nicht mehr mit Hopfner, der, und das ist bemerkenswert, gleich mehrfach umjubelt wird am Freitagabend im Audi Dome. Nach immerhin 33 Jahren macht der laut Klubchef Karl-Heinz Rummenigge "Schöpfer des Wirtschaftswunders" des FC Bayern Schluss: "Das war's." Rummenigge sagt hernach zu Hoeneß: "Ich bin neugierig auf die neuerliche Zusammenarbeit mit dir." Hoeneß sagt zu Rummenigge, es sei immer "unsere Stärke gewesen, kontroverse Meinungen zu haben".

Chronologie seit der Hoeneß-Verurteilung

13. März 2014

Uli Hoeneß wird "wegen sieben tatmehrheitlicher Fälle der Steuerhinterziehung" zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

14. März 2014

Hoeneß verzichtet auf Revision. Zudem legt er seine Ämter als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender von Bayern München mit sofortiger Wirkung nieder.

1. Mai 2014

Die Stiftung Deutsche Sporthilfe bestätigt, dass Hoeneß nicht mehr Mitglied der "Hall of Fame des deutschen Sports" ist.

2. Mai 2014

Hoeneß ist noch nicht im Gefängnis, da kündigt er bei einer emotionalen Rede auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung des FC Bayern an: "Das war's noch nicht!"

2. Juni 2014

81 Tage nach der Urteilsverkündung tritt Hoeneß in der JVA Landsberg/Lech seine Haftstrafe an. Seine Steuerschuld in Höhe von fast 50 Millionen Euro (inkl. Strafe und Zinsen) hat er da bereits beglichen.

8. September 2014

Hoeneß' Ehefrau Susi gibt den Bayerischen Verdienstorden ihres Mannes zurück.

20. September 2014

Nach 111 Tagen in Haft erhält Hoeneß zum ersten Mal für einige Stunden Ausgang.

19. November 2014

Karl Hopfner, Hoeneß' Nachfolger im Präsidentenamt beim FC Bayern, bekräftigt, dass Hoeneß "einen Anstellungsvertrag" erhalten werde, sobald er Freigänger sei.

Weihnachten 2014

Hoeneß erhält erstmals Hafturlaub, um die Feiertage, Silvester und Neujahr zu Hause zu verbringen.

2. Januar 2015

Hoeneß wird Freigänger und in die Außenstelle Rothenfeld verlegt. Hopfner spricht von einer "unglaublichen Erlösung". Auf eigenen Wunsch wird Hoeneß "Assistent der Abteilungsleitung Junior Team".

1. März 2015

Hoeneß besucht erstmals seit seiner Inhaftierung wieder ein Bayern-Spiel - das 2:0 der U19 beim 1. FSV Mainz 05.

18. Januar 2016

Die 1. auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg mit Sitz in Landsberg/Lech gibt dem Antrag auf "Halbstrafe" und damit vorzeitige Haftentlassung statt.

29. Februar 2016

Nach 637 Tagen Gefängnis ist Hoeneß ein freier Mann.

2. März 2016

Hoeneß besucht erstmals nach seiner Haftentlassung wieder ein Spiel der Profis in der Allianz Arena und sieht ein 1:2 gegen Mainz.

8. August 2016

Hoeneß kündigt seine Rückkehr zum FC Bayern als Präsident an.

21. November 2016

Hoeneß will nach seiner erwarteten Rückkehr ins Präsidentenamt wieder die "Abteilung Attacke" bilden. "Das deutliche Wort wird weiter mein Markenzeichen sein", sagt er dem kicker.

22. November 2016

Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge: "Er wird herzlich willkommen sein beim ganzen FC Bayern. Dann müssen wir eben gemeinsam anschieben, dass es am Ende des Tages weiterhin erfolgreich läuft."

25. November 2016

Uli Hoeneß wird 987 Tage nach seinem Rücktritt bei der Jahreshauptversammlung der Bayern mit überwältigender Mehrheit ins Amt des Präsidenten gewählt.

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Auftrag an Rummenigge und Ancelotti

Selbstverständlich wird Hoeneß Vorstellungen haben, wie es mit seinem FC Bayern weitergeht. Aber: An erster Stelle steht zunächst die "sportliche Delle", die auch er schon erkannt hat, "wir müssen darüber reden, wie wir wieder Spiele gewinnen." In der kommenden Woche, ergänzt er, "werden wir mal darüber nachdenken, wie es weitergeht." Und ja, klar, "gewisse Stellschrauben müssen sicher verändert werden", betont er, aber, um daran zu drehen, dafür seien ja Rummenigge oder Trainer Carlo Ancelotti da, "da muss nicht der schlaue Hoeneß kommen."

Das aber glaubt er wohl selbst nicht. Denn, wie sagt er noch: "Wenn ich etwas mache, mache ich es richtig."