Hamburg. Beim wichtigen Heimspiel am Sonntag gegen Düsseldorf soll ein Neustart her. Alle sollen dem Ziel Klassenerhalt alles unterordnen.

Wenn Ewald Lienen zu spät zu einer Pressekonferenz kommt, muss schon etwas Außergewöhnliches passiert sein. Der 62 Jahre alte Trainer des FC St. Pauli ist ein Disziplinfanatiker der alten Schule. Doch besondere Umstände erfordern eben manchmal besondere Maßnahmen. „Unser Training hat später begonnen, weil wir vor der Einheit eine Präsentation abgehalten haben, was wir einstudieren wollen. Tut mir leid“, sagte Lienen, dessen Team noch auf dem Rasen weilte, während der Coach den Reportern Rede und Antwort stand. Die optimale Vorbereitung auf das eminent wichtige Heimspiel am Sonntag (13.30 Uhr/Sky, Liveticker auf abendblatt.de) gegen Fortuna Düsseldorf steht über allem.

Präsident Oke Göttlich hatte am vergangenen Sonntag auf der Mitgliederversammlung des Zweitligaletzten einen Neustart der Saison ausgerufen. Alle sollen dem Ziel Klassenerhalt alles unterordnen. Und in der Tat: In dieser Woche wichen einige Dinge an der Kollaustraße von der Norm ab. So verlegte Trainer Lienen am Donnerstag und Freitag kurzerhand die Trainingseinheit vom Morgen auf 13 Uhr. „Spielnahes Trainie­ren“ heißt das im modernen Fußballjargon. Das soll dabei helfen, den Biorhythmus der Profis so umzustellen, dass zum Anpfiff die optimale Leistungsfähigkeit sichergestellt ist. „Wenn ich weiß, dass um halb zwei ein Meisterschaftsspiel ist, kann ich nicht um neun Uhr aus dem Bett fallen, bisschen was essen und dann überrascht sein, dass das Spiel beginnt“, sagte Lienen: „Wir haben mit den Spielern besprochen, wann sie aufstehen und essen sollen. Am Sonntag fängt gegen 13 Uhr unser Warmmachen an. Daher ergibt das schon Sinn, dass wir so trainieren.“

Fünf Spiele bis zur Winterpause

Der Kiezclub will nichts unversucht lassen, um einen Weg aus der Krise zu finden. Auch am Spieltag wird es marginale Veränderungen im Tagesablauf für die Spieler geben. „Die sind aber nicht kriegsentscheidend“, sagte der Coach, der nicht weiter ins Detail gehen wollte. An Ruhe mangelte es in der Länderspielpause nicht. Nicht zuletzt die harmonische Mitgliederversammlung offenbarte, dass es bei den Hamburgern ein wenig anders zugeht als bei anderen Vereinen. „Das hilft enorm, aber nur dann, wenn alle die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Wir können uns auf das Wesentliche konzentrieren. Es ist die Aufgabe des Trainerteams, dass wir eine Intensität und Konzentration in den Einheiten haben, die fast nicht mehr zu steigern ist“, sagte Lienen. Soll heißen: Die Profis sollen sich von der Kuschelatmosphäre im Verein nicht blenden lassen.

Fünf Spiele hat der FC St. Pauli noch bis zur Winterpause. Neben Heimspielen gegen Düsseldorf, Kaiserslautern und Bochum warten Reisen nach Heidenheim und Fürth. „Unser Projekt geht bis zum letzten Spieltag, aber das sind jetzt fünf Endspiele für uns, in die wir alles reinlegen müssen, um uns eine erheblich bessere Ausgangsposition für den Klassenerhalt zu verschaffen“, sagte Lienen.

Mit Rechenspielen hält sich der erfahrene Trainer bewusst zurück, allerdings bestätigte Lienen, dass es durchaus eine interne Wunschzahl gibt. „Jeder muss sich vor Augen führen: Es sind noch 15 Punkte bis Weihnachten zu vergeben. Unser Ziel muss es sein, die maximale Ausbeute anzustreben. Ob das gelingt, ist eine andere Frage“, sagte Lienen, dessen Hoffnungen sich zerschlagen haben, nach der Länderspielpause einen ausgeruhten, gesunden Kader zur Verfügung zu haben.

Gute Nachrichten von Aziz Bouhaddouz

So muss der Trainer erneut bei seiner Aufstellung improvisieren. Neben den Defensivspielern Philipp Ziereis (Muskelfaserriss im Oberschenkel) und Jan-Philipp Kalla (Innenbandanriss) fehlen auch Christopher Avevor, Jeremy Dudziak (beide Erkältung) sowie überraschend Fabrice-Jean „Fafa“ Picault (Rückenprobleme). „Er hat leider einen Rück- schlag erlitten und muss nun erst einmal seinen Rückstand aufholen“, sagte Lienen. Gute Nachrichten gab es indes von Stürmer Aziz Bouhaddouz, der nach seiner Kapselverletzung im Sprunggelenk das komplette Training ohne Probleme absolvieren konnte. „Bei ihm ist alles im grünen Bereich“, sagte Lienen. Wenn man das am Sonntag gegen 15.20 Uhr auch übers Teams sagen kann, wäre ein erster Schritt zum Neuanfang geglückt.

St. Pauli: Himmelmann – Hornschuh, Sobiech, Gonther, Buballa – Nehrig, Buchtmann – Hedenstad, Sobota, Miyaichi – Bouhaddouz.Düsseldorf: Rensing – Schauerte, Akpoguma, Madlung, Schmitz – Bodzek – Bebou, Ayhan, Sobottka, Bellinghausen – Hennings. Schiedsrichter: Siebert (Berlin). Das für Sonnabend geplante Heimspiel der U23 in der Regionalliga Nord gegen den VfV Borussia 06 Hildesheim fällt wegen Unbespielbarkeit des Platzes aus.