Hamburg. Mehr!-Theaterchef Klaus Oetzel und Kickboxveranstalter Till Görres sprechen über ihr gemeinsames Event am Sonnabend.

Mit seiner Veranstaltungsreihe „Get in the Ring“ hat sich Till Görres (51), Inhaber der Kampfsportschule Thaiholics und im Hauptberuf im Marketing bei NDR Media tätig, im Hamburger Eventkalender für den November etabliert. Nach sieben Jahren im Audimax der Uni Hamburg gastiert die Kickboxgala am Sonnabend (Start 18 Uhr) erstmals im Mehr! Theater auf dem Großmarktgelände. Die im März 2015 eröffnete Spielstätte, die bestuhlt 2400 und für „Get in the Ring“ 1600 Besucher fasst, ist zum ersten Mal Schauplatz einer Sportveranstaltung. Was sich Theaterchef Klaus Oetzel (49) und Görres von ihrer Partnerschaft versprechen, verraten sie im Interview.

Herr Oetzel, wenn man ein Genre zum ersten Mal auf die Bühne bringt, erhofft man sich einen Effekt. Warum ist Kickboxen für Sie der richtige Einstieg in den Bereich Sport?

Klaus Oetzel: Weil ich finde, dass es beste Unterhaltung ist, aber auf eine andere Art als die, die man in einem Theater erwarten würde. Wir bieten eine große Bandbreite von Themen an, vom klassischen Konzert bis zu Heavy Metal, von Comedy bis zu Musical, auch Ballett und Sprechtheater. Jetzt wollen wir zeigen, dass wir auch Sport können, und ich freue mich schon riesig auf die magische Atmosphäre.

Herr Görres, Sie sind bekannt dafür, an ungewöhnlichen Orten zu veranstalten. Sie waren vor dem Audimax im Curio-Haus oder in der TriBühne in Norderstedt. Warum mögen Sie keine Sporthallen?

Till Görres: Mir war es immer wichtig, besondere Locations zu finden, um mich als Veranstalter abzuheben. Ich habe in aller Welt Kickboxevents gesehen, in Japan vor 70.000 Fans, in Amsterdam vor 20.000 und in Zürich vor 12.000, und mich immer gefragt, warum wir das in Hamburg nicht hinkriegen, eine breitere Masse zu begeistern. In einer Stadt, in der es eine Vielzahl an Kampfsportlern gibt. Mein Ansatz war, Orte zu finden, die besonders sind, und das Mehr! Theater hat diesen Reiz.

Herr Oetzel, Kick- und Thaiboxen hat nicht den besten Ruf. Mussten Sie lang überlegen, ob Sie die Kooperation mit Till Görres wagen sollten?

Oetzel: Ich habe die Branche quergecheckt und mich informiert, welchen Ruf Herr Görres genießt. Mit den Informationen, die ich bekommen habe, war ich schnell überzeugt davon, dass wir gut zueinander passen würden.

Görres: Das Problem, das unser Sport hat, ist, dass viele eine Verbindung zum korrupten Profiboxen oder zum brutalen Mixed Martial Arts ziehen. Durch die Aufmerksamkeit, die wir an einer neuen Spielstätte bekommen, werden hoffentlich mehr Menschen lernen, uns von anderen Kampfsport-Anbietern zu unterscheiden.

Oetzel: Für mein Team und mich war entscheidend, dass Herr Görres für stilvolle Unterhaltung steht. Das sieht man an den schlicht gestalteten Gürteln, die die Gewinner bekommen. Eins sage ich aber auch: Ohne Nummerngirls hätte er das Theater nicht bekommen! (lacht)

Nummerngirls gehören zur Unterhaltung dazu. Der Sport allerdings wird keiner festgelegten Choreografie folgen so wie das Programm, das Sie sonst hier bieten. Sehen Sie, Herr Oetzel, dennoch Parallelen zwischen Leistungssportlern und Künstlern?

Oetzel: Ich habe 15 Jahre Judo gemacht, was meiner körperlichen Konstitution noch heute hilft. Deshalb denke ich, dass ich mich gut in die Sportler hineinversetzen kann, die hier auftreten werden. Die Parallele zu unserem sonstigen Programm ist der Wille, das Publikum zu unterhalten. Das wollen Sportler wie Künstler oder Schauspieler. Dazu kommt im Sport, dass niemand weiß, wie die Kämpfe enden. Das fasziniert mich. Bei Künstlern weiß man zwar auch nie, wie sie in Form sind, aber die Rahmenhandlung stehen fest. Im Sport ist das anders, daher passt Kickboxen zu unserem Anspruch, als visionäre, multifunktionelle Spielstätte beste Unterhaltung zu bieten und eine große Bandbreite an Publikum anzusprechen.

Sie hoffen, neue Kundenkreise anzusprechen. Nicht jeder aber möchte Kampfsportfans als Gäste haben. Warum Sie?

Oetzel: Weil wir unseren vielseitigen Charakter betonen und beweisen wollen, was wir alles können. Und weil wir sicher sind, dass eine großartige Stimmung herrschen wird.

Görres: Mein Anspruch bleibt, dass zu meinen Veranstaltungen nicht nur Leute aus der Szene kommen, sondern alle, die sich für guten Sport und gute Unterhaltung interessieren, und die dann Frau und Kinder mitbringen wollen. Ich habe nichts gegen die Szene oder den Kiez. Aber es verschreckt normale Menschen, wenn da 500 tätowierte Kampfmaschinen im Publikum sitzen und sonst niemand. Daher habe ich mich für andere Kundenkreise geöffnet. Wem das nicht gefällt, der hat genug Möglichkeiten, woanders hinzugehen.

Für einige Jahre war das Musical „Rocky“ in Hamburg zu Gast. Hat Sie das inspiriert, in einem Theater echten Kampfsport zu zeigen?

Oetzel: In „Rocky“ steckte ein enormer sportlicher Touch, der die Leute fasziniert hat. Aber ein echter Kampf ist etwas ganz anderes. Der gemeinsame Nenner ist die Unterhaltung. Deshalb planen wir auch, im kommenden Jahr den Ring von der Bühne, wo er diesmal stehen wird, in die Saalmitte zu stellen und außen herum weitere Tribünen aufzubauen. Das ist auch für unsere Techniker eine schöne Herausforderung, auf die sich alle freuen.

Wenn es schon für 2017 Pläne gibt, dann heißt das, dass die Kooperation langfristig angelegt ist?

Görres: Das ist mein Wunsch. Schon als ich das erste Mal vor einigen Jahren, als hier noch gar nichts stand, in diese Halle kam und hörte, dass ein Theater in Planung sei, war ich gepackt von dieser Mischung aus Alt und Neu. Vorm ersten Gespräch hatte ich Berührungsängste, aber nach ein paar Minuten wusste ich, dass es das Richtige ist. Als ich im Audimax anfing, sagte man mir, dass man halbnackte Männer nicht reinlassen würde. Und dann waren wir sieben Jahre da. Schauen wir, was jetzt kommt.