Nachrichten von Tyson Fury rauschen in diesen Tagen mit einer Geschwindigkeit durch die asozialen Netzwerke wie das Kokain, das sich der Schwergewichts-Boxweltmeister in den vergangenen Monaten in rauen Mengen ins Hirn gezogen haben soll. Einem nach wenigen Stunden dementierten Rücktrittsangebot auf Twitter folgten Lebensbeichten in den für ihre Skrupel­losigkeit bekannten britischen Bou­levardmedien, garniert mit geschmack- losen Beschimpfungen aus der untersten Schublade der Verbaldiarrhoe.

Nun könnte man sich ereifern über die Ausfälle des 28-Jährigen, der die Welt im vergangenen November mit seinem Sieg über Wladimir Klitschko geschockt hatte – und sie seitdem zum Narren zu halten scheint. Vielmehr aber ist da ein anderes Gefühl: das des Mitleids für einen schwer kranken Menschen. Fury ist manisch-depressiv, er wird gequält von Selbstmordgedanken und sieht anscheinend kein anderes Entkommen vor seinen Dämonen, als sich mit Alkohol und Kokain zu benebeln.

Nun sind die gefragt, die auch da waren, als der sensible Hüne Weltmeister wurde. Sie müssen den Gefallenen stoppen bei seinem Amoklauf in Richtung Selbstzerstörung. Fury gehört in klinische Behandlung und nicht mehr in einen Boxring. Aus sportlicher Sicht ist das schade, denn seine Auftritte waren erfrischend. Aber der Mensch Fury in seinem aktuellen Zustand, der gegen Homosexuelle und Frauen hetzt und auch sonst jedes Maß zu verlieren droht, ist kein Verlust für das Boxen. Er muss nun nicht um Titel kämpfen – sondern dafür, sein Lebensglück zu finden.