Rio de Janeiro. Der Hamburger Moritz Fürste verabschiedet sich mit einer Bronzemedaille aus der Hockeynationalmannschaft.

Als Nico Jacobi den fünften Penaltyschuss der Niederlande von Sander de Wijn gehalten hatte, gab es für die deutschen Hockeyherren im Glutofen Deodoro kein Halten mehr. Der Frust des verpassten Olympiasiegs war vergessen. Der 5:4-Sieg nach Penaltyschießen gegen den Erzrivalen – nach Toren von Jorrit Cron (35.) und Martin Häner (41.) hatte es nach 60 Minuten 1:1 gestanden – hatte der Auswahl des Hamburger Bundestrainers Valentin Altenburg Bronze und einen würdigen Abschluss der Sommerspiele von Rio beschert.

Auch wenn Jacobi, der in der Bundesliga für den Uhlenhorster HC zwischen den Pfosten steht, mit zwei gehaltenen Penaltys zum Held werden konnte, weil Tobias Hauke vom Harvestehuder THC, der Kölner Mats Grambusch, Timm Herzbruch aus Mülheim und Krefelds Linus Butt allesamt trafen, stand ein anderer UHC-Akteur im Mittelpunkt. Moritz Fürste hatte mit seinem 291. Länderspiel seinen Abschied von der internationalen Bühne gegeben. „Ich bin sehr glücklich dar­über, dass wir zum Abschluss Bronze holen konnten. Es wird dauern, bis sich alles setzt, im Moment spüre ich große Leere“, sagte der Kapitän bewegt. Vor dem Spiel hatte er auf seiner Facebookseite einen emotionalen Abschiedspost hinterlassen.

Seinen Kampfgeist hatte Fürste schon nach der 2:5-Halbfinalniederlage gegen Argentinien schnell wiederbelebt. „Wir können weiterhin eine Medaille gewinnen, und auch Bronze wäre ein riesiger Erfolg“, hatte er gesagt, nachdem das Überraschungsteam aus Südamerika am Dienstag seinen Traum zerstört hatte, mit dem dritten Olympiagold in Serie abzutreten. Stattdessen endete die internationale Karriere des 31 Jahre alten Hamburgers immerhin standesgemäß mit einem Duell mit den Niederlanden.

Diesen Abschied tragisch zu nennen, das wäre allerdings vermessen angesichts der immer größer werdenden Leistungsdichte im internationalen Herrenhockey. Fürste, der als Standardspezialist mit sieben Toren der beste Schütze der Auswahl von Bundestrainer Altenburg war, wusste die Bedeutung seines letzten Länderspiels deshalb auch einzuordnen.

Fürstes Stern ging 2006 auf, als er bei der Heim-WM den Titel gewann. Seitdem hat er das deutsche Spiel geprägt, hat ihm zunächst im Mittelfeld Glanz verliehen und jetzt in der Abwehr an der Seite des Berliners Martin Häner. Mit seiner Ruhe am Ball, seiner Übersicht im Spielaufbau und der Fähigkeit, das Tempo zu variieren und öffnende Pässe zu spielen, ist der Welthockeyspieler von 2012 einer der ganz großen Stars des internationalen Feldhockeys geworden. Wie sehr einer wie er mit seiner Präsenz, die einschüchternd auf viele Gegner wirkt, fehlen wird, merkte man bei der WM 2014 in den Niederlanden, als ihn ein Kreuzbandriss die Teilnahme kostete. Es war seit 2006 das einzige große Weltturnier, in dem Deutschland nicht das Halbfinale erreichen konnte.

Moritz Fürste war aber viel mehr als nur ein überragender Spielgestalter. Sein Wort hatte Gewicht weit über sein eigenes Team hinaus, nicht umsonst stand er als einer von fünf Athleten als Fahnenträger für Rio zur Wahl. Er sagt seine Meinung zu kontrovers diskutierten Themen wie der Sportförderung oder den olympischen Werten. Als Nordirlands Weltklassegolfer Rory McIlroy für die Rio-Spiele mit einer lapidaren Begründung absagte, beschimpfte Fürste ihn als „Idiot“. Das imponierte vielen Sportlern.

Dass er sich leidenschaftlich für Hamburgs Olympiabewerbung engagierte, brachte ihm Respekt an sportpolitisch wichtigen Stellen ein. Bei der Bewerbung für die Athletenkommission des Internationalen Olympischen Komitees scheiterte er zwar an Fechterin Britta Heidemann, dennoch rechnen viele damit, dass er seine Karriere auf Funktionärsebene fortsetzen wird.

Menschlich gereift ist der Marketingfachmann, der für die Hamburger Agentur Thjnk als Direktor Sportmarketing arbeitet, durch die Geburt seiner Tochter Emma im Juli vergangenen Jahres, aber auch durch seine Auslandsengagements in Spanien und Indien. Aus dem anfangs bisweilen als arrogant wahrgenommenen Jungstar ist ein nachdenklicher, ernsthafter, meinungsstarker und selbstbewusster Weltstar seines Sports geworden, der trotz aller Belastungen, die ein Leben als Hockeynationalspieler mit sich bringt, seinen Sport innig liebt.

Bei seinem Heimatverein UHC wird er diesem treu bleiben, ganz aufhören wird Moritz Fürste noch nicht, vielleicht auch nie. Auch wenn es Gold hätte sein sollen, um seinem letzten Spiel für Deutschland den passenden Schein zu verleihen, wird er sich auch mit Bronze anfreunden. Weil er den Wert dieser Medaille nach zehn Jahren internationalem Hockey auf Weltklasseniveau einzuordnen weiß.

Im Herrenfinale besiegte Deutschland-Bezwinger Argentinien Belgien mit 4:2 (3:1) und holte zum ersten Mal olympisches Gold.