Hamburg. Der Amateurbox-Verband will Hamburg auf der Weltkarte des Boxens Bedeutung verleihen. Rund 20 Sportler sollen ins Rennen gehen.

Er wolle mithelfen, Hamburg auf der Weltkarte des Boxens wieder die Bedeutung zu verschaffen, die der Stadt angemessen sei, hatte Christian Morales bei seiner Amtsübernahme Ende März gesagt. Auf dem Weg dorthin will der Sportdirektor des Hamburger Amateurbox-Verbands (HABV) in den kommenden Wochen nun einen wichtigen Schritt gehen. Bis zum offiziellen Meldeschluss am 12. September wird sich der 36-Jährige beim Deutschen Boxsport-Verband (DBV) um eine Lizenz für ein Team in der Bundesliga oder der Zweiten Liga bewerben. Da derzeit noch unklar ist, wie viele Meldungen es bis zum Saisonstart im November für die in den vergangenen Jahren in die Nische abgerutschten Ligen geben wird, ist auch die Ligenzugehörigkeit noch offen.

Fakt ist aber, dass Morales das Wagnis Bundesliga eingehen wird, das es in Hamburg seit Anfang der 90er-Jahre nicht gegeben hat. Damals hatte der TuS Glinde eine Staffel am Start, die SV Polizei kooperierte zudem mit Sparta Flensburg. Mit seiner Promo­tionfirma M-Fights, die der Sportdirektor gemeinsam mit seinem Cousin Raiko Morales (33) leitet, der dem HABV als Pressesprecher zur Seite steht, wird er den auf rund 80.000 Euro taxierten Etat für die erste Saison absichern. „Wir gehen ins Risiko, weil wir fest daran glauben, dass ein Bundesligateam in Hamburg Erfolg haben wird“, sagt Christian Morales. Sollten sich bis zum Herbst Sponsoren finden, entsprechende Gespräche in diese Richtung laufen seit Wochen, „wäre das schön, aber keine Voraussetzung dafür, dass wir das Team melden können“.

Hamburg ist ein „schlafender Riese“ beim Boxsport

Weil im Zusammenhang mit Hamburg nicht nur im Fußball, sondern auch im Boxen deutschlandweit gern vom „schlafenden Riesen“ gesprochen wird, steht der Name der Mannschaft bereits fest. Als Hamburg Giants soll das Team, das rund 20 Sportler in acht Gewichtsklassen – 53, 57, 61, 65, 70, 76, 82 und mehr als 91 Kilogramm – umfassen wird, ins Rennen gehen. „Wir wollen den Riesen unbedingt wecken“, sagt Christian Morales, der die Hamburger Meisterschaften am 7. Oktober nutzen will, um das Projekt öffentlich vorzustellen.

M-Fights hat dem HABV die Rechte an den Titelkämpfen abgekauft und wird diese erstmals in der Sporthalle Wandsbek (Rüterstraße) austragen. Dort sollen auch die Heimkämpfe der Giants stattfinden. „Wir denken, dass die Halle mit rund 2200 Plätzen genau die richtige Größe hat, außerdem ist sie ein Traditionsstandort für Kampfsport“, sagt Raiko Morales, „wir wollen unsere Heimkämpfe zu ganz besonderen Events machen und zu jedem unserer Teammitglieder eine eigene Geschichte erzählen.“

Kommentar: Plädoyer für Vielfalt

Um die Verwurzelung der Equipe in Hamburg zu betonen, wollen die Cousins auf Sportler aus der Metropolregion setzen. „Punktuell können wir auch mal einen Star von auswärts verpflichten, aber der Fokus liegt auf unseren Hamburger Jungs“, sagt Christian Morales, der als Trainer und Sportdirektor des Teams arbeiten, aber gern auch Coaches anderer Clubs einbinden möchte.

Star der Mannschaft soll Peter Kadiru werden. Der 19-Jährige, der 2014 im chinesischen Nanjing bei den Olympischen Jugendspielen die Goldmedaille gewann, trainiert zwar am Bundesstützpunkt Schwerin und startete bislang für den dortigen BC Traktor. „Aber wenn es in meiner Heimatstadt eine Mannschaft in der Bundesliga gibt, dann ist es für mich Ehre und Verpflichtung, für diese anzutreten“, sagt der in Altona aufgewachsene Hüne, der zum 1. September in die Sportförderkompanie der Bundeswehr einrückt und sich so noch besser auf das Boxen konzentrieren kann.

Der für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro (5. bis 21. August) qualifizierte Halbweltergewichtler Artem Harutyunyan, der zwar auch in Schwerin trainiert, aber noch für den TH Eilbeck startet, darf nicht für die Giants in den Ring steigen, da er schon Kämpfe in der Profiserie APB des olympischen Weltverbands Aiba bestritten hat. Gleiches gilt für seinen Bruder Robert (Leichtgewicht), der in der semiprofessionellen WSB angetreten ist. Auch Schwergewichtler Albon Pervizaj, der Hamburg 2015 bei den Europaspielen in Baku vertrat, steht wohl nicht zur Verfügung, da er einen Wechsel ins Profilager erwägt.

Der Innensenator gilt als Box-Fan

Dagegen wollen Nenad Stancic (Klasse bis 61 Kilogramm), Edison Zani (bis 65 kg), Meriton Rexhepi (bis 76 kg) und Ammar Abbas (bis 82 kg), die bislang als Gastboxer für Wismar oder Hanau verpflichtet wurden, ihren Beitrag leisten, um die Giants sportlich zu Riesen zu machen. Unterstützung aus Lübeck ist ebenfalls bereits zugesagt. Fehlt noch eine Einigung mit der Stadt, um deren Hilfe Christian Morales in den nächsten Wochen ersuchen will.

Da Hamburg im August 2017 die Amateur-WM ausrichtet – das Organisationskomitee dafür soll Ende dieser Woche gegründet werden –, könnte ein Bundesligateam als flankierende Werbemaßnahme gute Dienste leisten. Sportsenator Andy Grote gilt als Anhänger des Faustkampfes. „Auf Arbeitsebene ist darüber schon gesprochen worden. Wir kennen zwar noch keine detaillierten Pläne, aber stehen dem Projekt und den Gesprächen grundsätzlich interessiert und aufgeschlossen gegenüber“, sagt Sportstaatsrat Christoph Holstein.

Die Chancen scheinen also gut zu stehen, dass Hamburg im Jahr 2017 auf der Deutschland- und der Weltkarte des Boxens Spuren hinterlässt.

Ein Box-Bundesligateam für Hamburg? Sinnvoll oder überflüssig? Das sagt unser Autor.