Trotz der tragischen Ereignisse von Nizza hat sich die Tour de France zum Weitermachen entschieden. Froome baut seine Führung aus.

La Caverne du Pont d’Arc. Die Träger der Leader-Trikots bei der 103. Tour de France standen versammelt auf dem Podium und gedachten mit einem Blumenstrauß in der Hand der Opfer des Anschlags von Nizza. Trotz der tragischen Ereignisse hatten sich die Tour-Organisatoren am Freitag zum Weitermachen entschieden und boten Spitzenreiter Chris Froome und Co. weiter eine sportliche Bühne.

Der Brite nutzte das 37,5 Kilometer lange Zeitfahren der 13. Etappe, um sich im Gesamtklassement 1:47 Minuten von dem Niederländer Bauke Mollema und 2:45 Minuten von seinem Landsmann Adam Yates abzusetzen. Die Tour scheint entschieden. In La Caverne du Pont d’Arc hatte Froome allerdings keine Chance gegen den an diesem Tag unbezwingbaren Tom Dumoulin.

Der Teamkollege von John Degenkolb gewann den Kampf gegen die Uhr in 50:15 Minuten und fuhr auf dem schwierigen Kurs in der Ardèche 1:03 Minuten schneller als der zweitplatzierte Froome. Tony Martin (52:20) wurde nur Neunter.

„Das ist ein sehr trauriger Moment“

„Gut, dass wir auf diese Weise den Opfern Respekt gezollt haben. Das war heute ein ganz spezieller Moment“, sagte Dumoulin nach der Schweigeminute auf dem Podium in La Caverne. „Das ist ein sehr trauriger Moment. Wir müssen jetzt alle zusammenstehen. Ich kann jetzt nicht über das Rennen reden“, sagte Froome. Über seinen großen Vorsprung neun Tage vor dem Ende der Tour konnte er sich nicht so recht freuen.

Für Martin sollte am Freitag nur der Sieg zählen - am Ende war er bitter enttäuscht. Beim ersten Tour-Zeitfahren konnte der deutsche Meister, der bei der Frankreich-Rundfahrt bisher drei große Zeitfahren gewonnen hatte, die eigenen hohen Erwartungen nicht erfüllen.

Froome verpasste zwar seinen zweiten Etappensieg. Trotzdem war der Mann im Gelben Trikot, der am Vortag nach seinem Sturz erst nach einem Jury-Spruch an der Spitze blieb, neben Dumoulin der große Gewinner. Der Niederländer Dumoulin, der die Königsetappe in den Pyrenäen in einem denkwürdigen Solo bei Hagel und Regen gewonnen hatte, feierte seinen zweiten Etappensieg.

Martin fehlten die Kräfte

Größter Verlierer des Tages war der vor der Tour als härtester Froome-Widersacher gehandelte Kolumbianer Nairo Quintana. Der Movistar-Kapitän, der sich im finalen Chaos der Ventoux-Etappe angeblich von einem Motoarrad den Berg hoch ziehen ließ, wie spanische Medien berichteten, verlor mehr als zwei Minuten auf Froome. Er liegt jetzt 2:59 zurück auf Rang vier.

Martin nahm seine Niederlage relativ gefasst. „Natürlich ist die Enttäuschung groß. Ich wollte um den Sieg mitfahren. Aber ich war nach der anstrengenden Ventoux-Etappe ganz schön leer. Wir müssen jetzt nach den Gründen suchen, warum es nicht so lief - auch im Hinblick auf Rio“, sagte Martin im Ziel. Wegen des heftigen Windes hatte er ein extra kleines Vorderrad montiert.

Wie allen anderen im Tourtross hatte auch ihm die Nizza-Tragödie zugesetzt: „Ich habe die Breaking News beim Frühstück erfahren und war unglaublich traurig. Die Anspannung für den Wettkampf war erstmal weg und ich habe an die Lieben zu Hause gedacht.“

Martin und sein Begleiter-Tross hatten im Vorfeld alles auf den 15. Juli und den angestrebten insgesamt sechsten Tour-Etappensieg ausgerichtet. Der 31 Jahre alte Wahlschweizer hatte extra etwa drei Kilogramm Körpergewicht reduziert und seine Sitzposition im Windkanal geändert. Aber an diesem Tag in der stürmischen Ardèche war nichts zu machen.