La Caverne du Pont-d'Arc. 13. Etappe startet nach Attentat mit Schweigeminute. Rund 600 Polizisten sichern die Strecke. Deutsche Fahrer reagieren trotzig.

Nach dem verheerenden Terroranschlag von Nizza ist die 13. Etappe der 103. Tour de France am Freitag unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen gestartet worden. Nach einer Schweigeminute ging um 10.05 Uhr der Ire Sam Bennett vom deutschen Team Bora-Argon 18 als erster Fahrer in das 37,5 km lange Einzelzeitfahren von Bourg-Saint-Andéol zur Caverne du Pont-d'Arc. Allein entlang der Strecke sollen rund 600 Beamte für Sicherheit sorgen.

"Wir haben darüber diskutiert, ob wir ein Rennen fahren können oder nicht. Doch wir glauben, dass wir uns nicht dem Druck derer beugen dürfen, die unsere Art zu leben verändern wollen. Die Tour de France wird in Würde fortgesetzt", sagte Tour-Direktor Christian Prudhomme. Am Morgen hatten Vertreter des Départements Ardèche, der Polizei und der Spezialeinheit GIGN über eine mögliche Absage diskutiert.

Kittel und Degenkolb zeigen Verständnis

Die deutschen Fahrer zeigten Verständnis für die Entscheidung. "Ich bleibe mir treu, ich lasse mir von irgendwelchen Geisteskranken und Terroristen nichts vorschreiben und lebe mein Leben weiter", sagte Sprinter Marcel Kittel. John Degenkolb ergänzte: "Man ist ein bisschen wie paralysiert. Es ist kein schönes Gefühl, aber wir akzeptieren die Entscheidung. Unsere Gedanken sind bei den Geschädigten und den Familien."

Aus Respekt vor den mindestens 84 Todesopfern verzichtete die Werbekarawane, die jede Etappe begleitet, auf Musik und das sonst übliche lautstarke Einstimmen der Fans an der Strecke. Bei der Siegerehrung ist zudem eine weitere Schweigeminute geplant.

Schon vor dem Start hatten Fahrer ihr Beileid ausgedrückt. "Meine Gedanken sind bei den Betroffenen des schrecklichen Terrorangriffs in Nizza", schrieb etwa der Gesamtführende Christopher Froome (Großbritannien/Sky) bei Twitter.

Am Donnerstagabend war ein 31-jähriger Franko-Tunesier kurz nach dem Feuerwerk anlässlich des französischen Nationalfeiertags auf der Strandpromenade von Nizza mit einem LKW in eine Menschenmenge gerast. Er tötete mindestens 84 Menschen und verletzte fast 20 weitere schwer, bevor er von Polizisten erschossen wurde.

Die Vorzeichen für das Einzelzeitfahren

Das Einzelzeitfahren gilt stets als einer der Höhepunkte der "Großen Schleife". In diesem Jahr führt der Kampf gegen die Uhr von Bourg-Saint-Andéol nach La Caverne du Pont-d'Arc. Spitzenreiter Froome dürfte nach dem Sturz-Chaos und den Pfiffen für ihn auf dem Mont Ventoux zum Leidwesen von Tony Martin doppelt motiviert sein.

Die Strecke: 37,5 Kilometer lang. Vom Start in Bourg-Saint-Andéol geht es aufwärts, von 70 Metern über dem Meeresspiegel auf 409 binnen sieben Kilometern. Hinzu kommen ein paar enge Kurven. Danach geht es auf einem Hochplateau erstmal ziemlich geradeaus weiter. Nach 20 Kilometern folgen wieder mehr Richtungswechsel, nach rund 26 Kilometern sind die Fahrer wieder auf einer Höhe von 90 Metern über dem Meeresspiegel. Die finalen Kilometer fordern noch einmal die letzten Reserven: Es geht mit einer leichten Steigung und über eine spitze Kurve ins Ziel.

Die Herausforderung: Es ist eben nicht nur flach. Die Steigung von durchschnittlich 4,9 Prozent auf den ersten sieben Kilometer und die letzten Kilometer machen es für die Kletterer zu einer Etappe, bei der sie zumindest nicht gravierend einbüßen müssen. „Es ist lange genug, um deutliche Abstände herauszufahren, lässt aber auch den Bergspezialisten noch Spielraum, um ihre Position im Gesamtklassement auf den Straßen entlang der Schluchten der Ardèche zu verteidigen“, sagt Tour-Chef Michel Prudhomme.

Die Favoriten: Tony Martin, dreimaliger Zeitfahrweltmeister aus Cottbus, 31 Jahre alt. Chris Froome, zweimaliger Tourgewinner aus Großbritannien, ebenfalls 31 Jahre alt. Tom Dumoulin, zweimaliger niederländischer Meister im Einzelzeitfahren, 25 Jahre alt.

Das Besondere: Spitzenreiter Froome könnte die Gelegenheit zu einer besonderen Demonstration seiner Stärke nützen. Nachdem er wegen eines Juryentscheids am Donnerstag bei der denkwürdigen Etappe auf den Mont Ventoux nach einem unverschuldeten Sturz gut einen Kilometer vor dem Ziel sein Gelbes Trikot behalten durfte, gab es auch Pfiffe gegen den Briten.