Berlin. Pep Guardiola zeigt sich am Ende seiner Bayern-Ära beim DFB-Pokaltriumph emotional wie nie und hinterlässt Großes.

Pep Guardiola weinte und lachte, lachte und weinte. Nach dem dramatischen, aber glücklichen Ende seiner Bayern-Ära mit dem Triumph im DFB-Pokal wusste der Trainer gar nicht mehr, wohin mit seinen Emotionen. Der Mann, für den Titel nur „Nummern“ sind, zeigte sich gerührt wie nie zuvor in drei Jahren München. Er heulte an der Schulter seiner Spieler wie ein kleines Kind. Er herzte jeden Einzelnen, vom halbnackten Elfmeter-Helden Douglas Costa bis hin zum Ersatz-Ersatz-Torwart Tom Starke.

Und am Ende seiner berührenden Gefühle-Show ließ sich der oft so verkniffen-kühle Katalane sogar dazu hinreißen, eine eherne deutsche Fußball-Tradition in die Mottenkiste zu packen. Um kurz nach 23 Uhr riss Guardiola - nicht Kapitän Philipp Lahm - den Pokal in den Berliner Nachthimmel. Und dann, ja, auch das noch, küsste der Coach den Pott - so, wie er zuvor seine Goldmedaille geknutscht hatte.

„Die letzten fünf Monate waren nicht einfach für mich“, erklärte Guardiola die Mischung aus Erlösung und unbändiger Freude, die unmittelbar nach Costas entscheidendem Elfmeter zum 4:3 gegen Borussia Dortmund aus ihm herausbrach. Da versuchte er noch, seine Tränen zu verbergen, doch als er auf der Tribüne seine Familie erblickte, war es um ihn geschehen. „Jetzt kann er endlich auch mal Mensch sein“, sagte Thomas Müller über den scheidenden Chef.

Stimmen zum Pokalfinale

Pep Guardiola (Trainer Bayern München)

"Für mich sind Titel nur Nummern. Aber die Fans sind jetzt zufrieden. Diese drei Jahre beim FC Bayern waren für mich überragend. Ich werde meine Spieler vermissen."

Thomas Müller (Bayern München)

"Es war sehr intensiv. Man hat gesehen, dass die Saison lang war und das Spiel Kraft gekostet hat. Elfmeterschießen ist grausam, aber heute ist der verdiente Sieger Bayern München."

Jérôme Boateng (Bayern München)

"Ich hätte einen Elfmeter geschossen, wenn es weiter gegangen wäre, aber es haben sich andere vor mir gemeldet. Ich habe zu Douglas Costa gesagt: 'Bitte schieß hart, nicht wie ein Brasilianer.'"

Thomas Tuchel (Trainer Borussia Dortmund)

"Ich konnte beim Elfmeterschießen nicht hinsehen. Ich ärgere mich, dass ich so lange gebraucht habe, um mich festzulegen. Es ist mein Fehler gewesen, ich hätte andere bestimmen sollen. Wir haben noch Luft nach oben, wir haben super verteidigt, aber im Spiel mit Ball sind wir weiter hinter unseren Ansprüchen geblieben. Wir können es besser."

Mats Hummels (Borussia Dortmund)

"Wir haben nicht unser bestes Spiel gemacht, großartig gekämpft. Elfmeterschießen ist Lotterie, aber auch Qualität. Wir hatten das Pech auf unserer Seite, aber vielleicht hätten wir den Sieg für unseren Kampf auch verdient gehabt. Ich bin unfassbar traurig, das ist ein Scheiß-Ende."

Roman Bürki (Borussia Dortmund)

"Das ist sehr enttäuschend. Wir hatten Chancen, hätten die aber vielleicht cleverer ausspielen müssen. Beim letzten Elfmeter war ich dran, das hilft aber auch nicht mehr, man muss auch einmal einen halten."

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Dem war sehr nahe gegangen, was er nach der Bekanntgabe seines Wechsels zu Manchester City am 1. Februar über sich lesen, sehen und hören musste. Das öffentliche Urteil sei plötzlich umgeschlagen, klagte er im Olympiastadion. Aus dem „Hosianna!“ für den Trainer-Messias war hier und da ein „Kreuzigt ihn!“ geworden. „Das habe ich nicht verstanden“, sagte Guardiola, aber so sei es nun mal: „Wenn du nicht gewinnst, bist du schuld.“ Wegen seiner drei Halbfinalpleiten in der Champions League sieht er sich selbst als Unvollendeten - trotz ruhmreichen Endes mit dem 18. Münchner Pokalsieg und elften Double.

Karl-Heinz Rummenigge machte bei seiner mitternächtlichen Bankettrede keinen Hehl daraus, wie sehr ihn die verpasste Krönung - gerade für Guardiola - wurmte. „Was mich ein bisschen ärgert, muss ich nach wie vor sagen, ist, dass wir nicht noch eine Woche zusammenleben“, sagte er zum Coach, dem er väterlich die linke Hand auf die Schulter gelegt hatte. In einer Woche, am 28. Mai, schauen die Bayern neidisch zum größten Finale nach Mailand.

Rummenigge zupfte und zuppelte an Guardiolas grauem Pullover herum, als könne er ihn doch noch irgendwie dabehalten. Doch dem machtlosen Boss blieb nicht mehr als eine letzte Würdigung dreier „großartiger Jahre“ mit dem Über-Trainer. „Wir haben von Pep viel gelernt“, sagte Rummenigge, und zwar nicht nur auf dem Platz - aber doch vor allem dort. „Ich bin ein bisschen wehmütig“, ergänzte er am Sonntagnachmittag bei der Double-Feier auf dem Marienplatz.

Die Fans, in deren Herzen er nie so recht gefunden habe, wie er zuletzt traurig berichtete, bedankten sich im Olympiastadion mit Sprechchören und Plakaten bei Guardiola (“Danke Pep“). Seine Spieler warfen ihn vor der Bayern-Kurve in die Luft und bedachten den Trainer ein letztes Mal mit warmen Worten. „Wir hatten eine super schöne Zeit“, sagte Lahm, „er hat uns gefördert und gefordert und das Niveau der Mannschaft nochmal angehoben.“ Torwart Manuel Neuer meinte: „Er liebt die Spieler, er liebt den Verein.“

Er werde „diese Jungen“ vermissen, die im Elfmeterschießen für ihn ihre „Eier in die Hand nahmen“ (Müller), sagte Guardiola in der Nacht, als die Double-Party längst im Gange war. In der Kabine flossen Schampus und Bier, Bad Boy Franck Ribéry gab mit dem goldenen Cup in der Hand den Vortänzer. Auf dem Bankett unterhielten „Radio“ Müller und David Alaba mit ihrer eigenwilligen Interpretation des österreichischen Hits „Ham kummst“.

Guardiola stand da schon wieder abseits, ein letztes Mal nach vorne kam er dann aber am Sonntag, als er sich vor den Tausenden auf dem Marienplatz immer noch erkennbar bewegt von diesem „Wahnsinnsverein“ verabschiedete - am Ende animierte er die Fans sogar zu „Mia-san-mia“-Schlachtrufen. Wenn er München in ein paar Tagen verlässt, hinterlässt er Großes. Der Klub sei „mit diesen Spielern in den richtigen Händen“, sagte er, „sie haben Enthusiasmus und Charakter“. Und bald Carlo Ancelotti - einen neuen Trainer.