Köln. Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger und Günter Netzer werden ihren Streit über ein Treffen in Zürich 2012 doch nicht vor Gericht austragen.

Der Prozess in der WM-Affäre ist geplatzt, die Streithähne Günter Netzer und Theo Zwanziger bitten Hand in Hand um Aufhebung ihres Gerichtstermins am Mittwoch. Drei Tage vor dem Verhandlungstermin wegen Netzers Unterlassungsklage am Kölner Landgericht sind beide WM-Macher von 2006 gemeinsam zu dem Schluss gekommen, dass sie sich nicht auf großer Bühne gegenseitig demontieren wollen. Der Öffentlichkeit entgeht die Chance, noch mehr über die Machenschaften im Zuge der Vergabe der Fußball-WM 2006 zu erfahren.

"Unter vier Augen haben wir, Günter Netzer und Theo Zwanziger, uns in diesen Tagen über die Inhalte des Gespräches vom Herbst 2012 in Zürich ausgetauscht. Nicht in allen Punkten haben wir ein übereinstimmendes Erinnerungsvermögen", heißt es in der kurzen Erklärung, in der jedes Wort sorgfältig abgewogen wurde, kryptisch.

Es bleiben Deutungsmöglichkeiten. Netzer legt "Wert auf die Feststellung, dass es in dem besagten Gespräch keine Aussage von ihm gegeben habe, die so interpretiert werden könnte, dass die vier asiatischen Stimmen bei der WM-Vergabe 2006 gekauft wurden". Eine gegenteilige Behauptung Zwanzigers war Gegenstand des Rechtstreits.

Zwanziger wiederum erklärt sich nun zu Netzers Sichtweise ausdrücklich nicht, er räumt auch keinen Irrtum ein - er nimmt sie lediglich "zur Kenntnis". Allerdings gebe es für ihn nach Vorlage des Untersuchungsberichtes der Kanzlei Freshfields zur WM-Affäre im Auftrag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) "keinen Grund mehr, die streitgegenständliche Aussage zu wiederholen". Nach SID-Informationen hat sich Theo Zwanziger gegenüber Günter Netzer nach wie vor nicht zur Unterlassung verpflichtet.

Die gemeinsame Bitte, den Rechtsstreit für erledigt zu erklären, ist dem Landgericht am Sonntagnachmittag zugestellt worden. "Ein entsprechendes Schreiben, in dem wir in Übereinstimmung mit der Beklagtenseite die Erledigung des Rechtsstreits erklären und um Aufhebung des Verhandlungstermins am 27. April 2016 bitten, wurde dem Landgericht Köln heute um 16 Uhr vorab per Fax übersandt", teilte die Kanzlei Höcker mit, die Netzers Interessen vertritt.

Zwanziger (70) hatte behauptet, Netzer (71) habe ihm bei dem Treffen am Flughafen berichtet, die asiatischen Stimmen für die Vergabe im Juli 2000 seien gekauft worden. Netzer bestritt dies vehement und verwies auf die Anwesenheit seiner Ehefrau Elvira in Zürich. Sie könne bezeugen, dass Zwanziger lüge. Der frühere DFB-Chef sagte daraufhin süffisant, Elvira Netzer solle "ruhig den Meineid schwören". Nun sind sich Netzer und Zwanziger, die seit Jahrzehnten eine enge Freundschaft verbindet, wieder halbwegs einig.

Der Bericht der Wirtschaftskanzlei Freshfiels hatte ergeben, dass eine 6,7-Millionen-Euro-Zahlung von 2002 über ein Konto des damaligen WM-OK-Chefs Franz Beckenbauer letztlich bei einer Gesellschaft in Katar gelandet ist, die dem zwielichtigen FIFA-Funktionär Mohamed Bin Hammam zuzurechnen ist.

Zu welchem Zwecke gezahlt wurde, ist offen - und bleibt es auch vorerst. Mehr Informationen könnten Ermittlungen des FBI oder der Staatsanwaltschaft Frankfurt wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall - unter anderem gegen Zwanziger - bringen.