Unterschleißheim. Der Leichtathletik-Weltverband stürzt durch einen zweiten Report der unabhängigen Anti-Doping-Agentur WADA noch tiefer in die Krise.

Der Imageschaden für den Leichtathletik-Weltverband nimmt neue erschreckende Ausmaße an. Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA hat der IAAF ein komplettes Versagen im Kampf gegen Doping und Korruption vorgeworfen. Hauptverantwortlicher für die „Organisation und Ermöglichung der Verschwörung“ sei der frühere IAAF-Präsident Lamine Diack. Dies geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten neuen Bericht der unabhängigen WADA-Kommission hervor, der am Nachmittag auf einer Pressekonferenz in Unterschleißheim vorgestellt wurde. Anwesend war auch der im August 2015 als Nachfolger von Diack gewählte IAAF-Präsident Sebastian Coe.

Die neuen Erkenntnisse hätten den „kompletten Zusammenbruch der Führungsstrukturen und das Fehlen von Verantwortlichkeit innerhalb der IAAF“ ergeben. Es habe einen „gravierenden Mangel“ an politischem Willen gegeben, Russland mit „dem vollen Ausmaß seiner bekannten und befürchteten Dopingaktivitäten zu konfrontieren“. Auch auf Korruption habe die Führung des Weltverbandes „unzulänglich“ reagiert, wird in dem Bericht der WADA-Kommission festgestellt.

Doping-Fälle gegen Bezahlung vertuscht

Es gebe Gründe zu der Annahme, dass hochrangige IAAF-Offizielle von Entscheidungen profitiert haben, Weltmeisterschaften an bestimmte Städte oder Länder zu vergeben. Die Korruption habe auch Olympische Spiele betroffen: Aus Mitschriften gehe hervor, dass die Türkei die Unterstützung von Lamine Diack im Bewerbungsprozess um die Olympischen Spiele 2020 verloren habe. Die Türkei sei nicht bereit gewesen, einen entsprechenden Sponsorenbetrag „von 4 bis 5 Millionen Dollar“ für die Diamond League oder die IAAF zu überweisen. Japan habe diese Summe laut Gesprächsprotokoll dann gezahlt - Tokio erhielt den Zuschlag für die Sommerspiele 2020.

Der Weltverband IAAF war in Misskredit geraten, weil der frühere Präsident Diack von der französischen Justiz wegen der Vertuschung von Doping-Fällen gegen Bezahlung angeklagt wurde. Damit soll ermöglicht worden sein, dass russische Athleten trotz positiver Doping-Tests bei den Olympischen Spielen 2012 in London und bei den Weltmeisterschaften 2013 in Moskau an den Start gehen konnten.

Die unabhängige WADA-Kommission mit Richard Pound (Vorsitz), Richard McLaren und dem deutschen Kriminalbeamten Günter Younger hatte bereits am 9. November 2015 schon einen Bericht ihrer Untersuchungen vorgelegt. Darin war nachgewiesen worden, dass es in der russischen Leichtathletik systematisches Doping und Sportbetrug gegeben hat. Die IAAF suspendierte daraufhin Russlands Verband.