Hamburg. Die 22-Jährige hat sich bei Aurubis Hamburg zur Stammkraft gemausert. Geholfen hat ihr dabei die Umschulung zur Mittelblockerin.

Es kann ja durchaus etwas Schönes haben, ein Notnagel zu sein. Das Gefühl, wirklich gebraucht zu werden, wenn man zum Einsatz kommt, ist vielleicht intensiver als das, zwar zum Einsatz zu kommen, aber nicht wirklich gebraucht zu werden. Wer so denkt, der kann verstehen, warum sich Nina Braack im Frühsommer, als beim Volleyballteam Aurubis Hamburg über die Verträge für die Bundesligasaison 2015/16 gesprochen wurde, mit der ihr zugedachten Rolle als Back-up-Spielerin für den Mittelblock und den Diagonalangriff arrangieren konnte. „Für mich war es okay, auf zwei Positionen eingeplant zu sein, wenn die Erstbesetzungen nicht funktionieren würden“, sagt die 22-Jährige.

Und dann kam es doch ganz anders. Zehn Saisonspiele hat die Auswahl von Cheftrainer Dirk Sauermann mittlerweile absolviert, und Nina Braack, die als einzige Spielerin der vorangegangenen Saison im Kader verblieben war, zählt seit dem Start der Spielzeit zum Stammpersonal. Sie ist in ihrem dritten Jahr im Bundesligateam des VT Aurubis nicht mehr nur die Konstante im Kader, sondern endlich auch konstant mittendrin statt nur am Rand dabei. „Ich bin selbst überrascht, wie gut das gelaufen ist. Aber natürlich freue ich mich riesig, dass ich den Sprung geschafft habe“, sagt sie.

Möglich wurde dieser Entwicklungsschritt durch eine Verkettung verschiedener Umstände. Schon in der vergangenen Saison half die gelernte Diagonalangreiferin im Training aus personellen Gründen des Öfteren im Mittelblock aus. Dabei stellte sie sich so geschickt an, dass Coach Sauermann ihr in der Vorbereitung erneut die Chance gab, als die als Stammblockerin eingeplante Australierin Sophie Godfrey den Medizincheck nicht bestand und deren Vertrag deshalb nicht in Kraft treten konnte.

Seitdem steht also die 186 Zentimeter lange Hamburgerin in der Mitte am Netz, und sie hat an der einst eher ungeliebten Position Gefallen gefunden. Besonders die schnelle Angriffsbereitschaft bei eigenem Ballbesitz und das Lesen des gegnerischen Zuspiels, um schnell in den Block zu kommen, seien anfangs hart zu lernen gewesen. „Erst habe ich mich etwas als Lückenfüller gefühlt, jetzt habe ich mich an die Anforderungen der neuen Rolle sehr gut gewöhnt“, sagt die Tochter von HSV-Volleyballlegende Hauke Braack, deren Mutter Gabriele es ebenfalls immerhin bis in die Regionalliga schaffte.

Braacks Familien gab den Ausschlag

Dass die Eltern ihren Höhenflug oft live in der CU-Arena, in der an diesem Sonntag (15 Uhr) der USC Münster zu Gast ist, miterleben können, ist Nina Braack sehr wichtig. Die Nähe zur Familie gab den Ausschlag, sich bei Aurubis durchbeißen zu wollen, anstatt in der Fremde eine neue Herausforderung zu suchen. „In Hamburg habe ich eher die Chance, vom Sport abzuschalten und auf andere Gedanken zu kommen“, sagt sie. Papa Hauke ist zwar zu jedem Rat bereit, aber nur, wenn die Tochter fragt. „Es wäre auch nicht gut, wenn zu Hause ein zweiter Trainer warten würde“, sagt sie.

Aus dem Elternhaus in Quickborn ist die studierte Sport- und Eventmanagerin, die derzeit bei der Vermarktungsagentur Sportfive in der Betreuung des Teams Hamburg arbeitet, allerdings längst ausgezogen. Mit ihren Teamkolleginnen Denise Imoudu und Taylor Milton lebt sie in einer WG in Neugraben, um die Wege zu den zwei täglichen Trainingseinheiten kurzzuhalten. „Einen solchen Teamgeist, wie wir ihn derzeit haben, habe ich noch nie erlebt“, sagt sie. Umso trauriger wäre es – und das nicht nur, weil sie selbst endlich angekommen ist in der Bundesliga –, wenn die finanziellen Probleme durch den Rückzug von Namens­geber Aurubis nicht kompensiert werden könnten und der Verein sich im nächsten Frühjahr vom Bundesliga­betrieb abmelden müsste. „Natürlich ist das ein Thema, das uns belastet. Aber mehr, als unsere Spiele zu gewinnen, können wir nicht tun, um zu helfen.“ Und das machen die VTA-Frauen, auch dank der Mithilfe von Nina Braack, derzeit sehr gut.